374 Ss 23. Polizeisewalt.
einer öffentlichen Wirtschaft zu verbieten ;®° den Eigentümer einer
Mietskaserne zur Beleuchtung des Treppenhauses bis zu einer
bestimmten Abendstunde anzuhalten; dem Eigentümer eines
verseuchten Privatbrunnens, der von Jedermann benutzt wird,
das Anbringen einer Warnungstafel aufzutragen® u.a. m.*!
2. Nur gegen Störungen und unmittelbare Gefährdungen
der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darf die Polizei ein-
schreiten.” Wenn bloß eine entfernte Möglichkeit vorliegt, daß
eine bestimmte individuelle Handlung schädliche Folgen für die
Allgemeinheit haben könnte, so ist die Behörde nicht befugt,
sie polizeilich einzuschränken.*”* Die Polizeiorgane dürfen sich
39 Enntsch. des Preuß. OVG. Bd. 23, S. 274. Urt. d. Kammergerichts
16. Oktober 1911 (DJZ. XVII 350): Das Tragen eines Hosenrockes darf
Kellnerinnen polizeilich verboten werden; es ist ein auffälliges Kleidungs-
stück. Nach der maßgebenden Polizeiverordnung (Frankfurt a. Main)
müssen die Kellnerinnen ‚unauffällig‘ gekleidet sein.
40 Beleuchtung des Treppenhauses: Entsch. des Preuß. OVG. Bd. 12,
S. 393. Kammergericht 16. Oktober 1911 (Spruchsammlung 1911 der
DJZ. S. 161). Vgl. auch Bd. 8, S. 327 (Ofenklappen). Gesundheitsschäd-
licher Brunnen: Entsch. des Preuß. OVG. Bd. 39, S. 390.
t1 Die Polizei ist befugt, auch für den Verkehr in den Kirchengebäuden
die durch das öffentliche Interesse gebotenen sicherheitspolizeilichen
Anordnungen zu treffen. Darin liegt kein Eingriff in ‚innere kirchliche
Angelegenheiten‘: wie das Sächs. OVG. v. 18. Juni 1902 meint (Reger
XXIV S. 473). — Polizeiliche Anordnungen zum Schutz von Kindern in
Bewahranstalten: Preuß. OVG. 22. Juni 1909 (Preuß. Verw.-Bl. XXXI161).
— Selbstverständlich gehören zu diesen polizeioffenen Orten auch die
öffentlichen Theater, mögen sie von Städten oder von Privaten betrieben
werden.
#2 Vgl. dazu oben 8. 370.
43 Die Möglichkeit, daß von Privathäusern aus nachts die Ruhe durch
Lärm gestört werden könnte, berechtigt die Polizei nicht, das Öffnen
der Fenster zur Nachtzeit zu verbieten. Kamptz und Delius, Recht-
sprechung des Reichsgerichts und Kammergerichts I S. 282, Nr. 10. Die
Möglichkeit, es könnten durch dänische Schauspielaufführungen in Nord-
schleswig deutschfeindliche Bestrebungen ausgelöst werden, berechtigt die
Polizei nicht zu einem Verbot dieser Aufführungen. Preuß. OVG. v.
3. Januar 1894 (Reger XIV S.204). Vgl. auch Reger, Bd. 31, S. 89.
Preuß. OVG. 2. Mai 1911: Der allgemeine Hinweis darauf, daß in einer
bestimmten Gegend erfahrungsgemäß übermäßig viel getrunken werde
und es dabei zu Ausschreitungen komme, genügt nicht, um für einen