Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

26. Die öffentlichen Abgaben. 393 
Ist die Steuerhoheit ein Ausfluß der Territorialgewalt, so sind 
ihr alle Personen unterworfen, welche sich in dem Gebiete be- 
finden, über das sie herrscht — die Ausländer ebenso, wie die 
Inländer. Allein eine blos flüchtige und vorübergehende Be- 
rührung mit einem Staatsgebiete reicht hierzu nicht aus. Erst 
infolge einer engern wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu einem be- 
stimmten Territorium gerät der Einzelne unter die dortige Steuer- 
hoheit, begründet er dort ein Steuerdomizil.!" Eine solche 
Zugehörigkeit entsteht nach deutscher Auffassung durch den 
Wohnsitz, wie er zum Ausdruck kommt in dem Innehaben einer 
Wohnung unter Umständen, welche auf die Absicht der dauern- 
den Beibehaltung einer solchen schließen lassen; ferner durch 
Grund- und Gebäudebesitz und den Betrieb eines stehenden Ge- 
werbes.!! Zu einer Konkurrenz von Besteuerungsansprüchen 
kann es jedoch kommen in Fällen, in denen der Bürger Er- 
werbsakte oder Rechtshandlungen außerhalb seines Wohnsitzes 
unter dem Schutze eines andern Staates oder einer andern Ge- 
Der Erwerber trägt dann faktisch die Steuer; er wird wirtschaftlich der 
Steuerträger. Die vom Staat erhobene Abgabe trifft in Wahrheit ihn, 
aber nur indirekt, d.h. durch die Person des dem Staate gegenüber Ver- 
pflichteten hindurch. Ist dagegen eine Überwälzung ausgeschlossen und 
bleibt der Steuerzahler (Steuerschuldner) auch der Steuerträger, so spricht 
man von direkter Steuer. Die Bezeichnung ‚‚direkte‘‘ und ‚„indirekte‘‘ 
Steuer knüpft somit an rein wirtschaftliche Erscheinungen an; ob die Über- 
wälzung bei der einzelnen Steuerart möglich ist, kann häufig nicht schon 
bei der Erhebung der Steuer kontrolliert werden. Trotzdem sind die 
Bezeichnungen auch vom Steuerrecht übernommen worden. Die Folge ist, 
daß für sie nach einem juristisch brauchbaren Unterscheidungsmerkmal 
gesucht werden muß; Strutz, Reichs- und Landessteuern 1913 8. 13 
und Andere finden dieses in der Unterscheidung von Steuern auf Zustände 
(-= direkte Steuern) und Steuern auf einzelne Vorgänge (= indirekte 
Steuern); damit wird aber lediglich auf ein steuertechnisches Moment 
abgestellt. Blüher (Sächs. Archiv f. Rechtspflege 1913 Nr. 10) wirft 
in sorgfältiger Begründung der oben im Texte vertretenen Auffassung 
vor, sie stelle allein auf ein steuerpolitisches Motiv ab. Das ist richtig, 
aber dieses Motiv weist uns, da ein anderer brauchbarer Rückhalt fchlt, 
den gangbarsten Weg zur Lösung der Streitfrage. 
10 Speiser in der Zeitschrift f. Schweiz. Recht n. F. XXI 561. 
ıı Von wesentlicher Bedeutung für die Ausbildung des Begiffs des 
Steuerdomizils ist die Umschreibung der Steuerdomizile in dem unten 
Anm. 14 angeführten Reichsgesetz wegen Beseitigung der Doppel- 
besteuerung vom 13. Mai 1870 Art. 1 und 3 geworden. 
 
	        
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