Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

$ 26. Die öffentlichen Abgaben. 401 
in einzelnen Fällen (z. B. bei der Erhebung indirekter Steuern, 
wie Tabak- und Branntweinsteuer) zeitweilig eine besondere 
staatliche Überwachung über seine Person und sein Vermögen 
dulden; er gerät in ein besonderes Gewaltverhältnis zur Finanz- 
verwaltung (s. oben S. 155). Auch soweit von einer solchen be- 
sondern Kontrolle keine Rede ist, geht es bei der Erhebung der 
öffentlichen Abgaben in allen Stücken obrigkeitlich zu. Die Ver- 
fügung herrscht vor; zur Äbschließung eines Vertrages mit dem 
Steuerpflichtigen darf die Finanzbehörde nur mit ausdrücklicher 
Erlaubnis des Gesetzgebers Hand bieten.” — Ob mit der Ent- 
stehung der einzelnen Abgabenforderung die Pflicht zu sofortiger 
Bezahlung des geschuldeten Betrags eintritt oder ob die Fällig- 
keit hinausgeschoben ist, ist für jede Abgabenart an Hand des 
Gesetzes besonders zu untersuchen.?’® Eine allgemeine Ver- 
pflichtung, für eine rückständige öffentliche Abgabe Verzugs- 
zinsen zu entrichten, besteht nicht; die Zinspflicht ist eine 
Erweiterung der Abgabenpflicht; soll sie zulässig sein, so bedarf 
sie, wie die Hauptpflicht selbst, der gesetzlichen Grundlage.?’b 
3° Vgl. oben $ 12, S.202ff., und dazu ferner: Entscheidungen des Preuß. 
OVG. Bd. 51, S. 148. Soergel, I S. 669, Nr. 16. 
30& So können bei der Erhebung der Anliegerbeiträge Entstehung 
der Beitragspflicht und Fälligkeit des Beitrags auseinanderfallen u. a. m. 
Das neueste Beispiel 8. im Gesetz über einen einmaligen außerordent- 
lichen Wehrbeitrag v. 3. Juli 1913 $ 51. Beeitzsteuergesetz v. 3. Juli 1913 
88 70f. 
30b Das ist sehr bestritten. Gegen eine Zinspflicht haben sich das 
Preuß. Oberverwaltungsgericht, der Badische Verwaltungsgerichtshof und 
früher auch das Sächs. Oberwaltungsgericht ausgesprochen. Preuß. 
Verw.-Bl. XXXIII 421; Parey, Rechtsprechung des Preuß. OVG. Erg.- 
Bd. 1907/09, 8. 38 Nr. 4; Jahrbücher des Kgl. Sächs. OVG. VIII 3 
{Reger XXVI 474); Rechtsprechung d. Bad. Verw.-Ger. III S. 203 u. 
Soergel V 220. Auch bei der Steuerhinterziehung hat das Gesetz mit 
der Ermächtigung zur Einforderung eines Mehrfachen des hinterzogenen 
Betrags die vermögensrechtlichen Folgen des Falles abschließend geordnet; 
Verzugszinsen dürfen im Zweifel nicht noch dazu verlangt werden. Ab- 
weichend von dieser Auffassung dagegen erklärt heute eine Plenarentschei- 
dung des Kgl. Sächs. OVG. v. 19. Oktober 1909, die öffentliche Verwal- 
tung dürfe vom Pflichtigen für jede rückständige öffentlichrechtliche 
Geldzahlung Verzugszinsen fordern, auch ohne besondere gesetzliche Er- 
mächtigung. Jahrbücher d. Kgl. Sächs. OVG. XIV 97; XIX 107 (Reger 
XXX 365); im selben Sinn hat sich das Bundesamt für Heimatwesen aus- 
gesprochen. Reger XXVIII 114. 
Fieiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts. 3. Aufl. 26
	        
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