Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

30 $ 2. Trennung der Gewalten. 
Behörde ist verpflichtet, sich der materiellen Beurteilung zu ent- 
halten, wenn sie sich für inkompetent erachtet. 
Durch den Spruch über die Zuständigkeit ist an sich über 
das anzuwendende Recht noch nichts entschieden. Diese Regel 
trifft jedoch nicht zu in den Fällen, in denen die Gerichte den 
Rechtsweg für zulässig erklären, weil sie in einer Streitsache eine 
„bürgerliche Rechtsstreitigkeit‘“ erblicken.°® 
Bei der Prüfung der eigenen amtlichen Zuständigkeit ist die 
Verwaltungsbehörde so wenig wie das Gericht an die Anträge 
und die Auffassung einer Partei gebunden. Maßgebend bleibt 
allein, welche juristische Natur die angerufene Behörde selbst, 
vermöge eigener wissenschaftlicher Untersuchung dem Rechts- 
verhältnisse zuerkennt, das in dem Anspruche zur Geltung ge- 
bracht wird.°® 
Doch damit ist die Untersuchung bei dem großen Gegensatze 
dispositionen und Fundamentalgrundsätzen des Zivilprozesses, daß 
bei Nichtzulässigkeit des Rechtswegs selbst: noch in der Revisionsinstanz 
ein dem Kläger günstiges vorinstanzliches Urteil aufzuheben, und ohne 
Rücksicht auf die jenem aus der relativen Rechtskraft des Urteils er- 
wachsenen prozessualen Rechte die Klage abzuweisen ist.‘‘ Was das 
Reichsgericht hier ausführt, gilt auch für die Prüfung der Kompetenz 
bei Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten. 
65 Vgl. z. B. Reichsgericht in Zivilsachen v. 15. Februar 1904 (Ent 
scheidungen Bd. 57, S. 350. Gierke, Deutsches Privatrecht I S. 31 
und die dort zitierten Urteile. 
56 Vgl. über diese Frage: Stölzel, Rechtsweg und Kompetenz- 
konflikt S. 22ff. und die dort zitierte Judikatur. Gaupp-Stein, Zivil- 
prozeßordnung I!!, S.7. Bolze, Praxis des Reichsgerichts in Zivil- 
sachen IV Nr. 1042. XVIII Nr. 652, 657. Stein, Justiz und Verwaltung 
$. 34. Hellwig, System des Deutschen Zivilprozeßrechtse S. 43. RGer. 
in Zivils. 77, S. 411. Soergel IV S. 62 Nr. 8. — Beıspiel: Der Kläger be- 
streitet der Verwaltungsbehörde das Recht zu einem polizeilichen Eingriff in 
sein Eigentum (zwangsweise Reparatur eines baufälligen Erkers); er beruft 
sich zur Begründung des Klagbegehrens auf sein Eigentumsrecht. In 
diesem Fall ist aber die Frage nach dem Umfang der Polizeigewalt zur 
Diskussion gestellt, und daher gehört das ganze Rechtsverhältnis, trotz 
des privatrechtlichen Klagefundaments, dem öffentlichen Recht an. Das 
Gericht hat den Rechtsweg als unzulässig zu erklären und die Streitsache 
vor die Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte zu weisen. Vgl. 
den Unterschied zwischen der öffentlich-rechtlichen und der zivilrecht- 
lichen Seite bei Fleiner, Verwaltungsrechtsfälle, 1908, Nr. 63.
	        
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