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so bestehen sie als öffentliche Rechtsverhältnisse, aber mit
unverändertem Inhalt weiter, falls dieser mit dem neuen Gesetze
vereinbar ist. Widerspricht aber eine alte Rechtsame dem neuen
öffentlichen Recht, so ist sie — eventuell gegen Entschädigung
— aufgehoben.!?
2. Wenn in dem soeben dargestellten judicium finium regun-
dorum ein Rechtsverhältnis dem Privatrecht zugeschieden worden
ist, so bereitet die Findung der maßgebenden Rechtsvor-
schriften in der Regel keine Schwierigkeiten. Denn das Zivil-
recht hat im Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich
und den ergänzenden Reichs- und Landesgesetzen die eingehendste
Ausgestaltung erfahren. Der Richter, der ein Rechtsverhältnis
als ein privatrechtliches charakterisiert, befindet sich somit in
der günstigen Lage, ein ihm vertrautes Recht anwenden zu
können.
Erscheint dagegen ein Rechtsverhältnis als eine Beziehung
öffentlichrechtlicher Natur, so wird die Auffindung der anzu-
wendenden Rechtssätze schwierig, wenn eine Spezialvorschrift
Melken, Art. „Abdeckerei“ im WB. d. VerwR. I?, 8. 2. Über die alten
Realrechte in der Schweiz (,Ehehafte‘‘): Eugen Huber, Schweiz. Privat-
recht, IV S. 686. — 2. Schiffsmühlen-, Fischerei-, Fuhr- und Flößerei-
gerechtigkeiten. Gierke, Deutsches Privatrecht, II S. 621. Vgl. z.B.
Bayerisches Wassergesetz vom 23. März 1907, Art.207. Preußisches Wasser-
gesetz v. 7. April 1913 $$ 379, 382.
19 Den ersten Weg hat das Württembergische Wassergesetz vom
l. Dez. 1900, Art. 1, Abs. 3 gewählt: „Wohlerworbene Rechte Einzelner
an diesen Gewässern, mögen sie auf dem öffentlichen oder auf dem Privat-
recht beruhen, bleiben ... als dem öffentlichen Rechte angehörende
Nutzungsrechte im Sinne dieses Gesetzes mit unverändertem Inhalt be-
stehen. Ihre Ausübung unterliegt den Vorschriften dieses Gesetzes.‘‘ Über-
einstimmend das Badische Wassergesetz (Fassung v. 12. April 1913) $ 113.
Der zweite Weg (Ablösung) ist in der Reichsgewerbeordnung $ 8 vor-
gesehen: die alten gewerberechtlichen Zwangs- und Bannrechte unterliegen
derAblösung gegen Schadenersatz,soweitdas Gesetzsienichtentschädigungs-
los aufgehoben hat. Landmann, Kommentar zur Gewerbeordnung, 18.114.
Über die (von einzelnen kantonalen Gesetzen verfügte) Ablösung der alten
dinglichen Wirtschaftsrechte in der Schweiz: Schollenberger, Art.
„Ehehaften‘, in Reichesbergs Handwörterbuch der Schweiz. Volks-
wirtschaft, I (1903) S 836; ferner die in der Zeitschrift für Schweiz. Recht,
neue Folge, II 8. 382, Nr. 5la—5ld verzeichneten Rechtsgutachten.
Curti, Entscheidungen des Schweiz. Bundesgerichts in abgekürzter
Fassung, I Nr. 1522, 1529, 1556; II Nr. 3222— 3224.