54. Verwaltungsrecht. 65
versagen.*! Deshalb besitzt der geschädigte Bürger auch nıcht
die Möglichkeit, den Beamten vor dem Zivilrichter auf Schaden-
ersatz zu belangen. Denn die Schadenersatzklage setzt voraus,
daß der Beamte ‚‚die ihm einem Dritten gegenüber obliegende
Amtspflicht‘‘ verletzt hat (BGB. $ 839).*?
*1 Beispiele: a. Ein staatliches Verwaltungsgebäude wird errichtet.
Der mit der Bauaufsicht betraute (preuß.) Staatsbeamte beachtet dabei
die Normen der preuß. Dienstinstruktion für Baubeamte nicht und ver-
schuldet dadurch eine erhebliche Kreditüberschreitung. Er wird auf Klage
des Fiskus zum Schadenersatz verurteilt. Mit dem Rechtsmittel der
Revision macht er geltend, die unteren Gericltsinstanzen hätten die
Dienstinstruktion nicht richtig ausgelegt. Die Revision wird vom
Reichsgericht zurückgewiesen, weil die Dienstinstruktion keine Rechts-
normen entlialte, die Revision aber nach ZPO. $$ 549, 550 nur darauf
gestützt werden kann, es sei eine Rechtsnorm verletzt worden. (Reichs-
gericht in Zivilsachen, Bd. 13 S. 259.) — b. Der vom Strafgericht Ver-
urteilte behauptet, der Vorderrichter habe die preuß. Kabinettsordre
über das Einschreiten der Polizei gegen Militärpersonen unrichtig an-
gewandt. Das Reichsgericht hat die Revision zurückgewiesen: die
Kabinettsordre enthält keine Rechtsnormen (StPO. $ 376), sondern nur
Dienstanweisungen. (Reichsgericht in Strafsachen, Bd. 29, S. 180.) —
Ebensowenig kann wegen Verletzung instruktioneller Vorschriften
von Bauordnungen, von Eisenbahnbetriebsvorschriften, von Dienstanwei-
sungen betreffend Verhalten der Polizeiorgane gegenüber Streikposten usw.
Klage (Rechtsbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erhoben werden, u.a.m.
Soergel, Jahrbuch der Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht, I 8. 66,
Nr. 549, Ziff. 2; S. 676, Nr. 79. Jahrbücher d. Kgl. Sächs. OVG. XVII
316. Laband, Deutsches Reichsstaatsrecht, 6. Aufl., S. 253. Möglich
ist jedoch, daß in ein und derselben Verordnung Dienstinstruktionen und
Rechtsnormen erlassen werden. Reichsgericht i. Zivils. Bd. 79, S. 154.
42 Die Frage wurde besonders lebhaft erörtert im Anschluß an die
vom Bundesrat i. J. 1882 festgestellten Grundsätze über die Anstellung
von Militäranwärtern im Reichs- und Staatsdienst. Militäranwärter, welche
im Widerspruch zu diesen Grundsätzen bei der Anstellung waren über-
gangen worden, erhoben Schadenersatzklagen gegen die betr. Verwal-
tungsabteilungen des Reichs und der Gliedstaaten. Bei der Beurteilung
dieser Schadenersatzprozesse war vor allem die Frage zu entscheiden,
ob sich die Militäranwärter auf die erwähnten ‚Grundsätze‘ des Bundes-
rates berufen könnten oder ob die Grundsätze nur instruktioneller Natur
seien. Die Gerichte haben sich in verschiedenem Sinne ausgesprochen.
Vgl. die Judikatur bei Kamptz und Delius, Rechtsprechung des Reichs-
und des Kammergerichts auf dem Gebiete des öffentl. Rechte, I 8. 17£f.;
Erg. Band 1906—1910 8. 22—23. Reichsgericht in Zivilsachen, Bd. 48,
Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts. 3. Aufl. B