Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

85. Quellen des Verwaltungsrechts. 9 
Wie unten $$ 6 und 7 wird dargelegt werden, sind dem Staate 
eine ganze Reihe von rechtlich organisierten Verbänden einge- 
gliedert, welche öffentliche Verwaltung führen: die Selbstverwal- 
tungsverbände (Gemeinden, Provinzen usf.). Sie üben über ihre 
Mitglieder eine selbständige Verbandsgewalt aus. In dieser ist auch 
die Fähigkeit zur Rechtsetzung enthalten. Sie wird als Selbst- 
gesetzgebungsrecht, als Autonomie, bezeichnet.°®® Beispiele bieten 
die allgemeinen Ortsstatuten (Ortsgesetze), die Ortsbaustatuten, 
die Statuten der Innungen usw.?* Der auf solche Weise erzeugte 
ErlaßB führt in der Wissenschaft den Namen Satzung oder 
autonome Satzung. In der Form der Satzung tritt, wie die 
angeführten Beispiele beweisen, das Lokalrecht in die Eı- 
scheinung,. 
Die Staatsgesetzgebung bestimmt Bereich und Schranken der 
Autonomie. Ob der Verband bloß ermächtigt oder auch ver- 
H—- Do_— nn. 
33° Darin unterscheidet sich der öffentlichrechtliche Verband vom 
privatrechtlichen Verein; dieser letztere besitzt die Fähigkeit zur Auf- 
stellung von Rechtsätzen nicht. Heinsheimer, Mitgliedschaft und 
Ausschließung in der Praxis des Reichsgerichts, 1913, S. 31. 
sı Württembergische Gemeindeordnung vom 28. Juli 1906, Art.s: 
„Die Gemeinden haben das Recht, innerhalb der durch die Gesetze fest- 
gesetzten Schranken alle ihnen gesetzlich überlassenen Angelegenheiten 
selbständig zu verwalten .... — Die Gemeinden sind befugt, zur 
näheren Regelung der den Gegenstand dieses Gesetzes bildenden Verhält- 
nisse ihrer Verfassung und Verwaltung im Rahmen der gesetzlichen Vor- 
schriften durch Gemeindesatzung (Ortsstatut) allgemeine Anordnungen 
mit Gesetzeskraft zu treffen.“ E. Ruck, Verwaltungsrechtl. Gesetze 
Württembergs, I, 1911, 8. 10ff. Preuß. Städteordnung für die sechs öst- 
lichen Provinzen v. 30. Mai 1853, $ 11: „Jede Stadt ist befugt, besondere 
statutarische Anordnungen zu treffen: 1. über solche Angelegenheiten 
der Stadtgemeinden, sowie über solche Rechte und Pflichten ihrer Mit- 
vlieder, hinsichtlich deren das gegenwärtige Gesetz Verschiedenheiten 
gestattet, oder keine ausdrücklichen Bestimmungen enthält; 2. über 
sonstige eigentümliche Verhältnisse und Einrichtungen ... .“ Über 
das preuß. Recht im allgemeinen: Schön, Das Recht der Kommunal- 
verbände in Preußen, 1897, S. 6öff. — Über die Innungsstatuten: Reichs- 
gewerbeordnung, $ 83 und die Bemerkungen dazu von Landmann, 
Reichsgewerbeordnung I1®, S. 25ff. — Nach der Gesetzgebung vieler 
deutscher Staaten sind die Gemeinden befugt, durch Statut die Pflicht 
zu den sog. Anliegerbeiträgen (bei der Errichtung neuer Straßen) ein- 
zuführen. Vgl. z. B. das preuß. Gesetz, betr. die Anlegung und Ver- 
änderung von Straßen und Plätzen (,‚Fluchtliniengesetz‘‘) v. 2. Juli 1875, 
s15. S8S. auch unten $ 26.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.