80 $ 5. Quellen des Verwaltungsrecht».
pflichtet ist, eine Satzung aufzustellen, ist für die Natur des
Satzungsrechts unerheblich. Grundsätzlich ist die Satzungs-
gewalt persönlich auf den Kreis der Mitglieder und sachlich auf
die eigenen Angelegenheiten des Verbandes, die Geschäfte der
Selbstverwaltung, beschränkt. Doch steht es der Staatsgesetz-
gebung frei, einerseits der Autonomie nur eine beschränkte Zahl
von Selbstverwaltungsmaterien zu überlassen,?® andrerseits aber
die Satzungsgewalt zu erstrecken auf Angelegenheiten und
Personen, die nicht zum eigenen Sachbereiche und nicht zum
Kreise der eigenen Mitglieder des Verbandes gehören.?® Solche
Fälle zeigen, wie nahe verwandt, der äußeren Erscheinung nach,
Autonomie und Verordnung sind. Der Unterschied zwischen
beiden liegt in einem inneren Moment. Die Satzung fließt aus
einer vom Staate anerkannten eigenen Rechtsetzungsgewalt
des Verbandes, die Verordnung dagegen empfängt ihre Kraft
von einem Auftrage des staatlichen Gesetzgebers.?”
35 Beispiel: Nach badischem Recht darf ortsstatutarische Regelung
nur da Platz greifen, wo das staatliche Gesetz dazu im Einzelfalle ermächtigt.
Im allgemeinen dürfen Ortsstatute nur die eigene Verfassung der Ge-
meinde regeln, nicht dagegen das Verhalten der Gemeindeangehörigen.
Walz, Bad. Staatsrecht, S. 188—189. Thoma, Polizeibefehl im Bad.
Recht, 1S. 452.
36 So hat die Reichsgewerbeordnung den Gemeinden die Kompetenz
zur ortsstatutarischen Regelung einer ganzen Reihe von gewerberecht-
lichen Materien übertragen. Sie hat damit den Anstoß zur Bildung eines
„autonomen Gewerberechts“‘ gegeben. Landmann, Reichsgewerbe-
ordnung, I11® 8. 723. Bemerk. zu $ 142. Rosin, Öffentliche Genossenschaft.
1886, S. 187, erblickt in solchen Fällen eine Delegation der gesetzgebenden
Gewalt. Allein dies trifft nicht zu. Die Sanktion der betreffenden
Rechtsätze beruht auf der eigenen Satzungsgewalt des Verbandes; der
Bereich der Autonomie ist erweitert worden. Gierke, Deutsches Privat-
recht, 1S.1563. Otto Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, I S. 129—130.
Thoma, Polizeibefehl im Bad. Recht, I 8. 453. — Ein andres Beispiel
aus dem Recht der Arbeiterversicherung: Die versicherten Arbeiter sind
nicht Mitglieder der Berufsgenossenschaften (d. h. der Träger der Unfall-
versicherung). Trotzdem verleiht die Reichsversicherungsordnung $ 848
den Berufsgenossenschaften die Befugnis, Vorschriften zu erlassen ‚über
das Verhalten, das die Versicherten zur Verhütung von Unfällen in den
Betrieben zu beobachten haben“. Zuwiderhandlungen der Versicherten
gegen solche Vorschriften können mit Geldstrafe bis zu sechs Mark be-
droht werden ($ 851).
3” In den Staaten, in denen die Ortspolizei nicht zum eigenen, sondern
zum 8og. übertragenen Wirkungskreis der Gemeinden gehört (unten $ 7,