Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Arbeiter, gewerbliche 
  
schriften sind die an Sonn- und Festtagen zuge- 
lassenen A zu bezeichnen und die Zulassungsbe- 
dingungen unter Berücksichtigung der gesetzlichen 
Ablösungsbestimmung (§ 105 6 Abs 3) zu regeln. 
Solche Vorschriften können insbesondere für die- 
jenigen Betriebe erlassen werden: 1. in denen A 
vorkommen, die ihrer Natur nach einen Aufschub 
oder eine Unterbrechung nicht gestatten, wie die 
mit ununterbrochenem Feuer arbei- 
tenden Betriebe; 2. welche ihrer Natur nach auf 
gewisse Jahreszeiten beschränkt 
sind, die Campagne industrien, wie Rüben- 
zucker-, Zichorien-, Kraut-, Fruchtkonserven-Fabri- 
kten, Fischräuchereien; 3. welche in gewissen Zeiten 
des Jahres zu einer außergewöhnlich 
verstärkten Tätigkeit genötigt sind, 
die Saison-Industrien, wie die Anfertigung 
von Chokoladen-, Zucker-, Spielwaren, Stroh- 
hüten, die Schneiderei, Putzmacherei, chemische 
Wäscherei und Schönfärberei für Kleidungsstücke. 
— Diese Vorschriften sind durch die BR V v. 5. 2. 
95, betr. Ausnahmen vom Verbote der Sonntags- 
Aim Gen Betrieb (Rl 12), erlassen und durch 
die V v. 25. 10. 95 (ReBl 448), 20. 4., 26. 6., 
10. 14., 27. 11. 96 (RüOBl 104, 177, 191, 744), 
16. 10. 97 (Röhl 773), 3. 11. 98 (Rel 1185), 
26. 4. und 15. 7. 99 (Rl 271 u. 373), 23. 5. 06 
(Röal 475) ergänzt oder abgeändert worden. Zu 
diesen V sind von den LandesReg noch eingehende 
Erläuterungen erlassen worden, die sich fast alle 
der preuß. Ausführungsanweisung v. 11. 3. 95 
(MlV 46), nunmehr Ziff. 155—157 der Pr. 
Ausführungsanweisung v. 1. 5. 04 anschließen. 
Die BRV v. 5. 2. 95 und ihre Nachträge gehen 
im allgemeinen davon aus, daß der Umfang und 
die Art der A, welche in den ununterbrochen, ganz 
oder teilweise in Gang befindlichen Betrieben (1), 
und im Campagnebetriebe (2) an Sonn= und 
Festtagen vorgenommen werden dürfen, soweit 
es technisch und wirtschaftlich irgend durchführbar 
ist, auf das tunlichst geringste Maß zurückzuführen 
und namentlich den Ar in den Tag= und Nacht- 
betrieben durch entsprechende Regelung der Ab- 
lösung mindestens an jedem zweiten Sonntag 24 
Stunden oder an jedem dritten Sonntag 36 Stun- 
den Ruhezeit zu gewähren sei. Auch hier kann unter 
Umständen die Ruhezeit an einem Werktag statt 
am Sonntag gewährt werden. Hinsichtlich der 
Saisonbetriebe (3) ist in der BRV vorgesehen, 
daß A an einer kleinen Zahl von Sonn= oder Fest- 
tagen, meist sechs im Jahr, zulässig sind (außer 
an den hohen Festtagen) und daß die betreffenden 
Tage von der Ortspolizeibehörde festgesetzt wer- 
den können. 
5) Zum Erl. von V über die ausnahmsweise Ge- 
stattung der Sonn= und Festtags A ist weiterhin 
in § 105 c eine RGrundlage gegeben. Solche Aus- 
nahmen sind hiernach für zweierlei Gew- 
Arten vorgesehen. Die erste Art umfaßt die- 
jenigen Gew, deren vollständige oder teilweise 
Ausübung an Sonn= und Festtagen entweder zur 
Befriedigung täglicher Bedürfnisse 
der Bevölkerung nötig ist (wozu je nach 
den örtlichen Verhältnissen die Versorgung mit 
Nahrungs= und Genußmitteln, mit A zur Hei- 
zung, Beleuchtung, Reinigung und Körperpflege, 
mit Bildungemitteln, wie Zeitungen, gehört) oder 
zur Befriedigung der an diesen Tagen 
besonders hervortretenden Be- 
  
dürfnisse der Bevölkerung erforderlich ist 
(wobei je nach den örtlichen Lebensgewohnheiten 
von Stadt und Land eine verschiedene Beurteilung 
einzutreten hat). Im Unterschied von der Vor- 
schrift des § 105 d4 kommen bei dieser Anwendung 
des § 105e sowohl die nicht in § 105 b Abs 1 auf- 
geführten okkupatorischen und gewerblichen Be- 
triebe als die in § 105 b Abs 2 behandelten Han- 
delsgeschäfte in Betracht. Dagegen handelt es 
sich bei der zweiten Art von Betrieben, für 
die nach § 105e Ausnahmen vorgesehen sind, 
nämlich bei den Betrieben, die ausschließlich oder 
vorwiegend mit durch Wind oder unregel- 
mäßige Wasser kraft bewegten Trieb- 
werken arbeiten, im wesentlichen nur um Gew- 
Betriebe im Sinne des §& 105 b Abs 1. Die Sonn- 
und Festtags A in den mit Wind oder unregelmäßi- 
ger Wasserkraft arbeitenden Betrieben wird aus 
wirtschaftlichen Gründen zugelassen, um 
hierdurch einen Ausgleich dafür zu gewähren, daß 
diese Betriebe wegen Windstille oder geminderten 
Wasserzuflusses genötigt sind, an einem erheblichen 
Teil der Werktage die A einzustellen oder unter 
das Durchschnittsmaß herabzusetzen. 
Um eine Gewähr dafür zu geben, daß bei Zu- 
lassung von Ausnahmen für die unter 3 105e 
fallenden Betriebe im Reichsgebiet nach gleich- 
mäßigen Gesichtspunkten verfahren werde, ist 
durch den mit Nov. v. 30. 6. 00 später eingesetzten 
Abs 2 des § 105e vorgesehen worden, daß durch 
V des B nähere Best. über die Voraussetzungen 
und Bedingungen der Zulassung solcher Ausnah- 
men erlassen werden sollen. Diese V ist am 3. 4. 
01 (RöoB!l 117) bekannt gemacht worden; sie trifft 
in Ziff. 1—6 für sämtliche unter § 105e Abs 1 
fallende Betriebe allgemeine Best. und in Ziff. 7 
bis 14 besondere Vorschr. für die Betriebe mit 
Wind oder unregelmäßiger Wasserkraft. Während 
die Ausnahmevorschriften, die der BR nach §& 105 d 
erläßt, für die betressenden Gew Zweige im gan- 
zen Reichs gebiet gleichmäßig gefaßt sind und 
ohne Dazwischenliegen weiterer behördlicher Vs#g 
unmittelbare Geltung haben, sind bei der Zulas- 
sung von Ausnahmen für die in # 105e bezeich- 
neten „Bedürfnisgewerbe“ und „Wind- und 
Wasserbetriebe“ stets die örtlichen VBerhält- 
nisse und Gewohnheiten zu berücksichtigen; die V 
des B gibt hier keine auf die betreffenden Be- 
triebe unmittelbar anwendbaren Vorschrif- 
ten, sondern stellt nur einen Rahmen fest, inner- 
halb dessen sich die Landes Beh bei der näheren 
Regelung der Ausnahmen zu bewegen haben. 
Im übrigen sind auch die Landeszentral Beh be- 
fugt, solche Weisungen unter Berücksichtigung der 
besonderen Landesverhältnisse zu erlassen, und sie 
haben von dieser Befugnis hinsichtlich der Han- 
dels Gew regelmäßig in den 1892 erlassenen allge- 
meinen Anweisungen Gebrauch gemacht. Die Zu- 
lassung von Ausnahmen nach § 105e Abs 1 ist 
stets noch davon abhängig, daß von Amtswegen 
oder auf Antrag der Beteiligten eine sich im Rah- 
men des #& 105e Abs 3 GewO, der obigen BRV 
und der landesbehördlichen Anweisungen halten- 
de Vfg der höheren VerwBeh ergangen ist. Die 
Vfg kann, wie hinsichtlich der „Wind= und Wasser- 
betriebe“ in Ziff. 14 der BRV v. 3. 4. Ol, aus- 
drücklich hervorgehoben, aber in der Praxis und 
in den landesbehördlichen Anweisungen auch hin- 
sichtlich der „Bedürfnis Gew“ anerkannt ist, ent-
	        
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