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Bauwesen (VI. Hessen)
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lässigen Materials, der Sockel der Wohngebäude,
der Brandmauern, der Teilung von Gebäuden,
der Bedachung, Türen, Fenster und Läden. Es
bedarf keiner Ausführung, daß bei der in erfreu-
lichem Fortschritte begriffenen BTechnik und ins-
besondere bei der Entwicklung der Eisenbeton-
Baukonstruktionen heute die Tätigkeit des In-
genieurs bei der BP von größter Bedeutung ist
und es unmöglich erscheint, im Wege der örtlichen
Gesetzgebung das ausgedehnte Gebiet der Bau-
technik zu regeln. Es gehört zur Erreichung eines
hinreichenden Sicherheitsgrades von Bauten so-
wohl bei der BP wie bei den Ausführenden eine
gründliche technische Schulung. Es kommt auch
der Runderlaß des Preußischen Min v. 24. 5. 07,
betreffend die Bestimmung für die Ausführung
von Konstruktionen aus Eisenbeton bei Hochbau-
ten, in Betracht.
2. Auch die Rücksichten der Feuerfestig-
keit gebieten eine eingehende, durch die Erfah-
rungstatsachen gebotene Regelung. Die allge-
meine B0 enthält eingehende Grundsätze über
das Material der Brandmauern, die Notwendig-
keit derselben, andererseits auch bestimmte Er-
leichterungen für spezielle, so landwirtschaftliche
Bedürfnisse (a 44—58). Diese Vorschriften wur-
den durch das BG#B und die hessische Ausfüh-
rungsgesetzgebung geändert. Auch wurde am
5. 10. 86 die jetzige Fassung der a 45 bis 50 der all-
gemeinen B0 beschlossen. In den landständischen
Beratungen war die Frage der Grenze zwischen
städtischen und ländlichen Bedürfnissen von be-
sonderer Bedeutung. Das G v. 30. 4. 81 zog in
der Erkenntnis unüberwindlicher Schwierigkeiten
eine solche Grenze nicht. Doch wurde durch das
Gv. 5. 10. 86 besonderen Bedürfnissen Rechnung
getragen. Auch die Ausführungsverordnung hat
eingehende Vorschriften über diejenigen Gebäude-
teile getroffen, welche von Feuerungseinrichtungen
berührt werden. Dabei fand die Stellung der
Herd= und Kesselanlagen, der Oefen, der Pfosten
und Riegel, Kamine, der Anlage von Schorn-
steinen in Wohnhäusern und Fabrikgebäuden, der
sogenannten russischen Schornsteine, der Rauch-
kammern, Dampfheizungen, der Malzdarren in
Bierbrauereien, der Trockenräume und Kessel-
feuerungen zu gewerblichen Zwecken besondere
Regelung. Für die Benützung von Familien-
wohnungen sind Vorschriften erlassen; so kann es
aus feuerpolizeilichen Gründen in den örtlichen
Vorschriften untersagt werden, daß Dienstboten-
räume in das Dachgeschoß oberhalb des Kehl-
gebälkes gelegt werden.
3. Auch die Anforderungen der öffent-
lichen Gesundheittreten heute bei der bau-
lichen Anlage und der Benutzung von Bauten
in besonderem Maße hervor. Die BO hat in
à 32 ff Grundsätze über die Ableitung des Regen-
und Abfallwassers, der hinreichenden Gewähr für
die Trockenheit des Bauwerks und des genügenden
Licht= und Luftzutritts erlassen. Der örtlichen
BGesetzgebung ist die eingehende Regelung der
Kanalfragen, der vorschriftsmäßigen Ausführung
von Hausentwässerungsleitungen, des Verbots
der Erweiterung bestehender Dungstätten über-
lassen. Auch kann durch Ortsstatut bestimmt wer-
den, wie hoch das Sockelmauerwerk über der Erde
oder über dem bekannten höchsten Stand des
Grundwassers oder der Fluten von Flüssen und
Bächen aufgeführt werden muß. In eingehender
Weise hat die örtliche BGesetzgebung von dieser
Vollmacht Gebrauch gemacht. Als besonderer
Zweig im Bereiche der polizeilichen Tätigkeit für
die öffentliche Gesundheit kommt die hessische
Wohnungsaufsicht der Ortspolizeibe-
hörde in Betracht. [l Wohnungswesenlk.
4. Rücksichten des Verkehrs sind in mehr-
facher Richtung bei Herstellung von Bauten zu
beachten. Die Befugnis des Eigentümers zur
Errichtung eines Bauwerks ist in erster Linie
durch die Einhaltung der Baufluchtlinien be-
schränkt. Die für öffentliche Verkehrszwecke be-
reits dienenden oder doch in Zukunft dem Verkehr
vorbehaltenen Flächen bilden die Grenze der Be-
bauung. Aehnlich wie das Preußische G v. 2. 7.
75 diese Verhältnisse regelt, ist auch in Hessen der
Gemeindebehörde das Recht verliehen, Orts-
baupläne für ganze Orte oder Ortsteile bezw.
für ganze Straßen oder Straßenteile festzusetzen.
Diese Festsetzung ist bekannt zu machen und der
Plan offenzulegen. Nach endgültiger Entscheidung
tritt mit dem Tage der Bekanntmachung des Pla-
nes die Beschränkung des Grundeigentümers hin-
sichtlich der Einhaltung der Baufluchtlinien bei
Neubauten, Um- und Ausbauten endgültig ein.
Gleichzeitig erhält die Gemeinde das Recht, dem
Grundeigentümer die in die Fluchtlinien fallen-
den Grundflächen im Wege der Enteignung zu
entziehen. Die Gemeinde hat das Recht, ihren
Enteignungsantrag zunächst auf bestimmte Teile
dieses Grundeigentums zu beschränken (a 11).
Besteht der Eigentümer auf der Erteilung einer
Bauerlaubnis, so ist dieselbe nur widerruflich. Er
ist verpflichtet, die Bauten zu entfernen oder ihre
Entfernung auf seine Kosten zu dulden, wenn das
Gelände zur Straße gezogen wird. Jeder Anspruch
auf Entschädigung ist ausgeschlossen. Im Falle die
Straßenfluchtlinie ein vorhandenes Gebäude in
der Weise trifft, daß nur ein Teil des Gebäude-
areals zum Straßengelände zu ziehen ist, so kann
der Eigentümer doch Expropriation des ganzen
Gebäudes verlangen. Wird unbebautes, aber zur
Bebauung geeignetes, Gelände enteignet, so muß
dasselbe gleichfalls im ganzen Umfang im Wege
der Enteignung erworben werden, wenn der durch
den Straßenzug nicht in Anspruch genommene
Teil zur Benutzung als Bauplatz sich nicht mehr
eignet und auch nicht mit anderem bebauten oder
bebaubarem Grundbesitz desselben Eigentümers
unmittelbar zusammenhängt. Durch Ortsstatut
kann bestimmt werden, welche Fläche zur Be-
nutzung als Baugelände nicht mehr geeignet ist
(a 13). Die BO enthält sodann die Entschädigungs-
ansprüche, welche infolge veränderter Höhenlage
von Straßen entstehen können, das Verfahren und
die Expropriationspflicht der Gemeinde im Falle
der Schließung eines bestehenden Gemeinde-
weges, das Verbot des Bauens außerhalb des
genehmigten Bebauungsplanes (a 16—18). a 19
bis 22 stellen die Grundsätze auf über die Herstel-
lung und Unterhaltung der öffentlichen Orts-
straßen, die Voraussetzungen der Oeffnung und
Herstellung einer Straße, die Heranziehung der
Anlieger zu den Kosten des Geländeerwerbs und
der Herstellung neuer Straßen und die Anlage
von Privatstraßen. Die Eröffnung der Straße
und die Regelung des Verhältnisses der Gemeinde
zu den Anliegern bei Aufbringung der Kosten ist