Bewässerungen und Entwässerungen
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Fällen; in Sachsen und Hessen bei Untersagung
einer Wasserbenutzung, die ohne Vorbehalt des
Widerrufs genehmigt ist, in Elsaß-Lothringen bei
Widerruf einer für nicht schiffbare Wasserläufe er-
teilten Genehmigung, sofern der Widerruf nicht
durch eine neue Verteilung des Wassers notwen-
dig geworden ist (württemb. G à 27, 45; bad. G
§# 44, 48 und Vollzugs V v. 8. 12. 99 # 30;
ul. 86 88 28, 38; hess. G a 18, 20; els.lothr. G
5, 6).
Aber auch diejenigen preußischen Gesetze, die
eine besondere Genehmigung nicht erfordern,
treffen der Regel nach Vorsorge für den Fall, daß
durch die Ent- oder Bewässerung öffentliche In-
teressen, namentlich das der Schiffahrt, berührt
werden. Im Geltungsgebiete des Vorflut-Edikts
von 1811 ist durch die 88 16, 17 des Edikts für Ent-
wässerungen und im Geltungsgebiete des Privat-
fluß v. 1843 für Bewässerungen (durch & 15 das.)
der Grundsatz festgestellt, daß solche Anlagen un-
terbleiben oder eingeschränkt werden müssen,
wenn sie das Schiffahrt= oder sonstige öffentliche
Interessen gefährden oder den unterhalb liegen-
den Einwohnern den notwendigen Bedarf an
Wasser auf eine Weise entziehen würden, daß
daraus ein Notstand für die Wirtschaft zu besorgen
ist. Auf eine Entschädigung hat der Unternehmer
keinen Anspruch. Aehnliche Bestimmungen in der
V für die schleswigschen Geestdistrikte von 1863
5*52, im hannov. G von 1847 ## 60 Nr. 1 und 3,
im bayer. G über die Benutzung des Wassers
à 56, 60, 62. Soweit für die Ent= und Bewässe-
rung die Errichtung einer Stauanlage erforderlich
ist, kommen die für die Genehmigung der letzteren
geltenden besonderen Bestimmungen in Anwen-
dung [l Stauanlagen) .
§s# 4. Verhältnis der Ent= und Bewässerungs-
Unternehmungen zu Privatrechten dritter Per-
sonen. Berühren die Anlagen für die Zuführung
oder Abführung des Wassers fremde Grundstücke
oder werden durch die Veränderung der Wasser-
verhältnisse die dritten Personen zustehenden
Rechte auf Benutzung des Wassers beeinträchtigt,
so findet ein gesetzliches Verfahren statt, das die
Interessen der Landeskultur mit den bestehenden
Privatrechten in billiger Weise auszugleichen be-
stimmt ist. Streitigkeiten über Existenz und Um-
fang der bestehenden Rechte sind nach den Grund-
sätzen des Privatrechts zu entscheiden. Die öffent-
lichen Wassergesetze der größeren Staaten ent-
halten aber einige hier zu erwähnende Bestimmun-
gen privatrechtlicher Art nach dem Vorgange des
preuß. G von 1843. Danach steht bei nicht schiff-
baren Flüssen den Uferbesitzern das Recht zur Be-
nutzung des vorüberfließenden Wassers zu, jedoch
mit der Beschränkung, daß kein Rückstau über die
Grenzen des eigenen Grundstücks hinaus und
keine Ueberschwemmung oder Versumpfung frem-
der Grundstücke verursacht werden darf und daß
das abgeleitete Wasser in das Bett des Flusses
zurückgeleitet werden muß, bevor dieser das Ufer
eines fremden Grundstücks berührt. Gehören die
gegenüberliegenden Ufer verschiedenen Besitzern,
so hat jeder ein Recht auf Benutzung der Hälfte
des Wassers (§& 13, 14 des preuß. G v. 1843,
übereinstimmend: bayer. G über Wasserbenutzung
a 6S4, 55; bayer. WG von 1907 a 45, 47; bad.
WG von 1899 514; hefs. G von 1887 a 3; els.b
lothr. AG z. BGB v. 17. 4. 99 §§ 46, 47). Das
bayerische, das badische und das hessische Gesetz
bestimmen ferner, daß keine nutzlose Verschwen-
dung des Wassers stattfinden darf; ebenso das säch-
sische W# (§ 21). In Bayern kann die Verwce-
hörde unter bestimmten Voraussetzungen Abwei-
chungen von den Einschränkungen gestatten (a 45
Abs 2). Von dem Grundsatze, daß die Wassernutzung
dem Uferbesitzer zusteht, machen einige Gesetze eine
bemerkenswerte Ausnahme durch die Bestimmung,
daß fremdes Wasser oder Gefäll unter gewissen
Voraussetzungen auch für Grundstücke, die nicht
am Flusse liegen, in Anspruch genommen werden
kann (bayer. G über Wasserbenutzung a 62; hess.
G von 1887 a 30; bad. WG von 1899 §& 16). Das
württembergische WG von 1900 erkennt jenen
Grundsatz überhaupt nicht an, erklärt vielmehr
alle Wasserläufe für öffentliche Gewässer und
läßt von diesem Gesichtspunkt aus den Erwerb
eines Wassernutzungsrechts durch den Uferbesitzer
sowohl, wie durch jeden anderen nur im Wege
staatlicher Verleihung zu, wobei es den Erwerber
jedoch im wesentlichen denselben Beschränkungen
unterwirft, denen der Uferbesitzer nach den ande-
ren Gesetzen unterliegt (württemb. WG von 1900
a 31 ff, 40). Ebensowenig kennt das sächsische We
jenen Grundsatz, sondern verlangt in der Regel
staatliche Erlaubnis zu Ent= und Bewässerungs-
anlagen sowie zur sonstigen dauernden Ablei-
tung von Wasser (sächs. WW von 1909 #+ 23
Nr. 4, 6). Im übrigen geht die Gesetzgebung
für den Fall, daß ein Be= oder Entwässerungs-
Unternehmen mit Rechten dritter kollidiert, von
solgenden Grundsätzen aus. Einer als nühzlch
anerkannten Ent= und Bewässerung können dritte
Berechtigte, namentlich oberhalb und unterhalb
belegene Grundstücksbesitzer und Wassernutzungs-
(Stau-Berechtigte, nicht widersprechen und müssen
sich die Ausführung der Anlagen, auch soweit ihr
eigenes Grundstück davon betroffen wird, gegen
Entschädigung gefallen lassen. Vorbedingung ist
die wirtschaftliche Nützlichkeit des Unternehmens.
Diese wird regelmäßig durch eine unter Zuziehung
von Sachverständigen vorzunehmende behörd-
liche Prüfung festgestellt, wobei einige Gesetze
eine ausdrückliche Genehmigung der Anlage for-
dern (s. oben § 3 Abs 2). Die Gesetze bestimmen
entweder allgemein, daß dritte Eigentümer sich die
zur Ausführung der Ent= und Bewässerungen er-
forderlichen Anlagen gefallen lassen müssen
(bayer. WGvon 1907 a 160; württemb. WG von
1900 a 60; bad. We#von 1899 d#§ 27, 28; els.-lothr.
Gv. 2.7.91 § 11); oder sie bezeichnen die einzelnen
Dienstbarkeiten, deren Einräumung, oder die Fälle,
in denen Abtretung des Eigentums gefordert wer-
den kann (preuß. Vorflutedikt von 1811 #§ 11 ff;
PrivatflußG von 1843 K 25; schles. Vorflutedikt
von 1746 5 6, dessen Geltung jedoch bestritten
ist). Nach dem sächsischen WG kann zur Ent-
wässerung und Bewässerung von Grundstücken
die Enteignung verfügt werden, sofern nur die
Anlage einen erheblichen Nutzen für die Landes-
kultur erwarten läßt (WG # 144). Aus dem Grund-
satze, daß dritte Interessenten nur entschädigungs-
berechtigt sind, folgt, daß sie sich eine auf Kosten
des Unternehmers zu bewirkende zweckmäßigere
Einrichtung ihrer Stauwerke, durch die eine den
Interessen beider Teile entsprechende Benutzung
des Wassers ermöglicht wird, gefallen lassen
müssen (preuß. G von 1843 5K 37; rhein. Vor-