Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Binnenschiffahrt 
  
— — 
—. 
ner Städte, an welchen der Wasserweg vorüber- 
führte. — Stapelrecht, wolches verpflich- 
tete, die beförderte Ware während einiger Zeit 
dort feilzuhalten, Umschlagrecht, wonach 
an diesem Orte die Ware auf dessen Schiffe um- 
geladen werden mußte; — stellenweise waren so- 
gar Privilegien begründet worden, welche 
den von Alters her bestehenden Gemeingebrauch 
völlig durchbrachen. 
Die Gesetzgebung der Einzelstaaten hat seitdem, 
zögernd zunächst, aber doch in ständigem Vor- 
wärtsschreiten, die Befreiung der B. vollzogen 
durch Beseitigung jener Hemmnisse und hat da- 
für eine neue gleichmäßige lediglich auf Rück- 
sichten des Verkehrs und des billigen Ausgleichs 
beruhende Ordnung geschaffen. Dabei haben 
völkerrechtliche Verträge in maßgebender Weise 
eingegriffen. Das geschah vor allem bezüglich der 
wichtigsten deutschen Ströme, die ja zugleich die 
Besonderheit haben, daß ihr schiffbarer Lauf das 
Gebiet mehrerer Staaten berührt (gemein- 
same Flüsse). Die Wiener Kongreßakte 
[Fleischmann, Völkerrechtsquellen Nr. 2 stellte für 
diese im Anschluß an frühere Festsetzungen 
über die Freiheit der Schiffahrt auf dem 
Rhein, in ihren a 108—117 eine Reihe von 
Grundsätzen auf, über welche die beteiligten 
Staaten durch Staatsverträge das Nähere ver- 
einbaren sollten. Derartige Verträge sind unter 
dem Namen Schiffahrtsakte zustande 
gekommen für den Rhein, die Donau, die Elbe 
und die Weser [s Rheinschiffahrt, Do- 
nauschiffahrt, Elbeschiffahrtl. In- 
gleichen wurde zwischen den Uferstaaten des Boden- 
sees eine internationale Schiffahrts= und Hafen- 
ordnung vereinbart [UBinnengewässer 
#& 41. Die Ströme, welche in dieser Weise geordnet 
sind, werden alskonventionelle Flüsse 
bezeichnet; im Gegensatz dazu heißen dann die 
anderen — gemeinsame oder nicht, — bezüglich 
deren die Staatsgewalt nicht völkerrechtlich ge- 
bunden ist, privative Flüsse. Die Zoll- 
vereinsverträge fügten auch für diese 
letzteren den Schiffahrtsverkehr befördernde Be- 
stimmungen hinzu. 
Mit der Gründung des Deutschen Reichs ist aber 
eine neue Quelle gleichmäßiger Ordnung ent- 
standen. Die Reichsver-fassung erklärt 
für einen Gegenstand der Beaufsichtigung und 
der Gesetzgebung des Reichs den Schiffahrts- 
betrieb auf den mehreren Staaten gemeinsamen 
Wasserstraßen, sowie die Fluß= und Wasserzölle 
überhaupt (a 4 Ziff. 9). Sie gibt zugleich in 
a 54 einige allgemeine Grundsätze über die 
Zulassung zur B. und über die Grenzen der von 
den Staaten zu beanspruchenden Abgabepflicht. 
Zur Zeit kommen nur diese Bestimmungen des 
à 54 in Betracht, da das Reich im übrigen von 
seiner Zuständigkeit noch keinen Gebrauch ge- 
macht hat. 
#§ 2. Das Recht zur Schiffahrt. Der Gemein- 
gebrauch der öffentlichen Gewässer zum Zwecke 
der Schiffahrt weist vor anderen Wassernutzungen 
die Eigentümlichkeit auf, daß er beschränkt sein kann 
auf einen bestimmten Kreis von Menschen: er ist 
möglicherweise nur unter der Bedingung der 
Staatsangehörigkeit angeboten. Von selbst ver- 
steht er sich nur zugunsten der Angehörigen des 
Staates, dem das Gewässer gehört. Inwieweit 
  
er auch den Angehörigen anderer Staaten offen 
stehen solle, das hängt von dem in jedem Staate 
Eiemsen Rechte ab und kann verschieden bestimmt 
ein. 
Kraft RV a 54 Abs 3 haben die Reichsangehö- 
rigen freie Schiffahrt auf allen Wasserstraßen, 
natürlichen und künstlichen, des Reichsgebietes. 
Das Maß, in welchem Reichsauslän- 
dern die Schiffahrt gestattet sein soll, ist für die 
wichtigsten Wasserstraßen durch Staatsverträge 
geregelt. Danach steht der Rhein allen Natio- 
nen gleichmäßig offen (Rhein-Schiffahrts-Akte 
a 1); nur beschränken sich die besonderen Vor- 
teile, welche den der Reinschiffahrt angehörigen 
Staaten, d. h. den vertragschließenden Ufer- 
staaten eingeräumt sind, auf die Angehörigen 
dieser. Das gilt z. B. von der freien Wahl zwi- 
schen den niederländischen Wasserwegen. — 
Der Bodensee ist unbedingt geöffnet (Inter- 
nationale Schiffahrts-- und Hafenordnung a 1). 
— Die Donau ist für die Schiffe der Uferstaaten 
unbedingt frei, für die Schiffe außerdeutscher Nicht- 
uferstaaten nur zum Zwecke der Fahrt vom Meere 
nach einem Punkte des Ufers und zurück; das 
Recht, den inneren Verkehr zu vermitteln (Kabo- 
tage), ist diesen nicht zugestanden. — Aehnliche 
Vorbehalte zu Gunsten der Kabotage der Inländer 
enthalten die Elbschiffahrtsakte, Addit. Akte § 1, 
und die Weserschiffahrtsakte § 1. 
Wenn demnach hier ein Rechtsunterschied be- 
steht zwischen deutschen und ausländischen Schif- 
fen, so knüpft er an die Person des Schiffahrts- 
unternehmers, des Schiffseigners im Sinne des 
Binnenschiffahrtsgesetz 55s 1 und 2. Die Eintra- 
gung ins Schiffsregister ist hiefür nicht 
maßgebend, da sie nach anderen Gesichtspunkten 
erfolgt (Binnenschiffahrtsgesetz § 119 ff). Ebenso 
findet das Gesetz betr. das Flaggenrecht 
der Kauffahrteischiffe v. 22. 6. 99 auf die B. im 
Reich keine Anwendung. Landesrechtlich sind po- 
lizeiliche Ordnungsvorschriften in dieser Hinsicht 
erlassen worden. 
6 3. Schiffahrtspolizei. Die Polizei der B. 
umfaßt alle obrigkeitliche Tätigkeit, welche darauf 
gerichtet ist, die bei solchen Unternehmungen 
drohenden Störungen der guten Ordnung zu be- 
kämpfen. Die Hafenpolizei bildet darin 
den engeren Kreis für das Gebiet der Binnenhäfen. 
Soweit hier rechtssatzmäßige Polizeivorschriften 
zu erlassen sind, ist das meist der Verordnung über- 
lassen. In den Schiffahrtsverträgen pflegen 
die Vertragschließenden übereinstimmende Vor- 
schriften zu verabreden. Die Schiffahrtspolizei 
entwickelt sich hauptsächlich nach drei Richtungen: 
es handelt sich um die Tauglichkeit der Schiffe, 
um die Tauglichkeit der am Betriebe der Schiffahrt 
beteiligten Personen und um das Verhalten bei 
Ausübung der Schiffahrt. 
1. Eine Prüfung der Tauglichkeit der 
Schiffe findet nur bei größeren Fahrzeugen 
statt. Nachen, Gondeln und kleine Kähne sind ihr 
nicht unterworfen. Sic erstreckt sich auf die gute 
Beschaffenheit des Schiffes und seiner Ausrü- 
stung. Insbesondere pflegt noch die zulässige Ein- 
senkung des beladenen Schiffes ins Wasser fest- 
gestellt und mit einer Marke bezeichnet zu werden 
(Schiffseiche). Ueber die stattgehabte Prüfung und 
Genehmigung wird von der zuständigen Uferbe- 
hörde ein Zeugnis ausgestellt (Schiffspatent 
  
 
	        
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