Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

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in Hessen der Bischof als solcher keinen beson- 
deren Eid abzulegen hat, wohl aber nach dem G 
v. 5. 7. 87 a 2, nach welchem jeder Geistliche, 
wenn ihm ein Kirchenamt übertragen wird, vor 
Uebernahme desselben den Verfassungseid zu 
leisten hat, sofern dies nicht früher geschehen ist, 
in die Lage kommen kann, einen solchen zu schwö- 
ren. 
§s 8. Die Besetzung der Bischofsämter. Mit- 
wirkung der Staatsregierungen. Die Aemter 
der Bischöfe und Erzbischöfe werden in den 
deutschen Bistümern — abgesehen von 
den bayerischen uddelsaß= lothringi- 
-schen — durch Wahl der Domkapitel und durch 
hinzutretende päpstliche Bestätigung besetzt. Was 
die staatliche Mitwirkung dabei betrifft, so ist dem 
Landesherrn ein Einspruchsrecht, um sog. per- 
sonae minus gratae (d. h. ihnen aus irgend wel- 
chem, gleichviel rein subjektiven Grunde nicht ge- 
nehme Persönlichkeiten) auszuschließen, päpst- 
licherseits zugestanden, und dasselbe auch durch 
die Gesetze einzelner Staaten, allerdings nur in 
der Form einer Verweisung auf besondere be- 
stehende Rechtstitel, festgelegt worden (bad. 
Gv. 9. 10. 60 §5 8, württemberg. v. 30. 
1. 62 à 5, preuß. v. 11. 5. 73 J 29, hess. v. 
25. 4. 75 à 6 und v. 5. 7. 87 a 11), so daß die 
staatsgesetzliche Fortgeltung des Rechts durch 
einen Widerruf der Konzessionen seitens der Kurie 
nicht berührt werden würde. Das landesherrliche 
Einspruchsrecht ist vor der Wahl des Domkapitels, 
welche dem Gewählten, seine Tauglichkeit voraus- 
gesetzt, nach kanonischem Recht ein festes Recht 
auf das Amt gibt, auszuüben. Deshalb sind a) 
in den altpreußischen Bistümern die 
Domkapitel durch ein zur Bulle De salute ani- 
marum v. 16. 7. 1821 erlassenes Breve Quod 
de fidelinm an demselben Tage angewiesen wor- 
den, nur solche Kandidaten bei der kanonischen 
Wahl zu berücksichtigen, in betreff welcher sie vor- 
her festgestellt haben, daß sie dem Landesherrn 
nicht minder genehme Personen sind. Die her- 
kömmliche Praxis ist die, daß das Kapitel in einer 
Vorwahl die in Betracht zu ziehenden Kandidaten 
feststellt und die Liste derselben dem Könige zur 
Abgabe seiner Aeußerung durch die Staatsbehörde 
überreichen läßt. Da indessen das Listenverfahren 
nicht obligatorisch vorgeschrieben ist, so kann der 
König sämtliche Kandidaten verwerfen und die 
Einreichung einer Liste, sogar auch wiederholt, 
verlangen, während es andererseits dem Kapitel 
ebenfalls unbenommen bleibt, vor der eigentlichen 
Wahl dem Könige noch andere als die in der Liste 
aufgeführten Kandidaten zu bezeichnen und seine 
Erklärung über dieselben einzuholen. b) Dagegen 
ist für die Bistümer der oberrheinischen 
Kirchenprovinz und Hannovers der 
sog. irische Wahlmodus durch die Bullen 
Ad dominici gregis v. 11. 4. 1827, bezw. Impensa 
Romanorum pontificum v. 26. 3. 1824 eingeführt, 
d. h. die Kapitel haben hier dem Landesherrn eine 
durch Vorwahl festzustellende Liste der Kandida- 
ten einzureichen, von denen derselbe so viel als 
minder genehm streichen kann, daß noch eine zur 
Vornahme der Wahl genügende Anzahl (d. h. 
der richtigen Auslegung nach: zwei, nach der 
Ansicht der Kurie allerdings: drei) auf der Liste 
stehen bleibt. Da indessen auf Verlangen der Re- 
gierungen der oberrheinischen Kirchenprovinz an 
  
  
Bistum und Bischoftum 
die Kapitel derselben ein dem altpreußischen glei- 
ches Breve Re Sacra v. 28. 5. 1827 erlassen wor- 
den ist, um sie gegen die Beförderung minder ge- 
nehmer Kandidaten zu Bischöfen sicher zu stellen, 
so sind die Landesherren auch hier berechtigt, alle 
Kandidaten, wenn sie ihnen minder genehm sind, 
auf der Liste zu streichen und die Ergänzung oder 
Erneuerung derselben zu verlangen. Für Han- 
nover ist ein solches Breve nicht ergangen; hier 
muß also die Regierung zwei Kandidaten auf der 
Liste stehen lassen, es sei denn, daß das Kapitel, 
um das Einspruchsrecht zu vereiteln, absichtlich 
bloß personae minus gratac oder überhaupt so 
wenig Kandidaten (also weniger als vier) auf die 
Liste setzt, daß eine freie Ausübung der staatlichen 
Exklusive ausgeschlossen wird. 
In Bayern ist dem König durch das Kon- 
kordat von 1817 das Nominationsrecht, d. h. das 
Recht der Präsentation, für alle Bistümer ge- 
währt, und der Papst ist verpflichtet, auf dieselbe 
einem tauglichen Kandidaten das Amt zu über- 
tragen (d. h. diesem die sog. institutio canonica 
zu erteilen). Für Elsaß--Lothringen ist 
der im französischen Konkordat von 1801 a 17 
vorgesehene Fall, daß wegen des dem Staats- 
oberhaupt eingeräumten Ernennungsrechts, falls 
dasselbe nicht Katholik sein sollte, eine neue Ver- 
einbarung zu treffen sei, eingetreten. Eine solche 
ist bisher nicht geschlossen worden, und der deutsche 
Kaiser hat daher das Nominationsrecht auch nicht 
ausgeübt, sondern nur die Anstellung von Koad- 
jutoren mit dem Recht der Nachfolge genehmigt. 
8 9. Staatliche Schranken in Ausübung der 
bischöflichen Amtsgewalt. Der katholischen Kirche 
(s. diesen Art.) ist in keinem deutschen Staate ge- 
setzlich eine souveräne oder dem Staate koordi- 
nierte Stellung eingeräumt, ihr vielmehr allein 
(sofern man nicht, wie in Bayern, an der 
älteren, auf den Anschauungen des früheren 
Staatskirchentums beruhenden Gesetzgebung fest- 
gehalten hat), sei es direkt, sei es indirekt (so na- 
mentlich in Preußen, Württemberg, 
Baden und Hessen) das Recht der selbstän- 
digen Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegen- 
heiten (die Autonomie) unter der Oberhoheit des 
Staates gewährt, und die staatlichen Gesetzgebun- 
gen haben sowohl die Gebiete, welche der freien 
Selbstbestimmung und Selbstverwaltung der Kir- 
che überlassen bleiben sollen, wie auch diejenigen, 
auf welchen die staatlichen Behörden mit nega- 
tiven oder präventiven Maßregeln oder direkt 
mitwirkend neben den kirchlichen Behörden zu 
konkurrieren haben, abgegrenzt. Kommen nun 
gleich für die die letzteren Gebiete betreffenden 
Tätigkeiten, so insbesondere für den Erlaß allge- 
meiner Anordnungen, die Veranstaltung kirch- 
licher Feiern, Prozessionen und Wallfahrten, für 
die Errichtung und Veränderung der Aemter, die 
Leitung der Bildung und Erziehung der Geist- 
lichen, die Besetzung der kirchlichen Aemter, die 
Handhabung der kirchlichen Straf-, Disziplinar-= 
straf= und Zuchtgewalt und die Leitung der kirch- 
lichen Vermögensverwaltung, praktisch für den 
Staat hauptsächlich die Bischöfe infolge ihrer 
im §&6 gedachten Stellung als handelnde kirchliche 
Organe in Betracht, und bilden also die gedachten 
gesetzlichen Bestimmungen vor allem Schranken 
für die Ausübung der bischöflichen Verwaltung, 
so treffen dieselben doch nicht ausschließlich und 
 
	        
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