Börse
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gen vereinbart, weil die Beteiligten der Meinung
waren, daß sie dadurch ihre Geschäfte der Begriffs-
bestimmung des Gesetzes (8 48) und damit der
Beschränkung der Rechtswirksamkeit (Notwendig-
leit der Eintragung beider Parteien in ein B. Re-
gister, § 66) entziehen könnten. Dieses Vorgehen
führte zu einer Reihe von Entscheidungen des R,
in welchen das Fehlen einzelner oder auch mehrerer
Merkmale der gesetzlichen Begriffsbestimmung
nicht für ausreichend erachtet wurde, um solchen.
Geschäften die Eigenschaft der B.Termingeschäfte
zu entziehen (42, 43 ff; 44, 103 ff; 47, 104 ff;
58, 366 ff). Nach dieser Judikatur fallen unter
die Begriffsbestimmung der B.Termingeschäfte
alle Geschäfte, die nach ihrem materiellen Inhalt
und ihrer wirtschaftlichen Natur und Zweckbe-
stimmung der Gesetzgeber hat treffen wollen und
ausdrücklich getroffen haben würde, wenn er ihre
Einkleidung in eine andere Rechtsform, als die-
jenige, die er formuliert hat, vorausgesehen hätte
(Rö 44, 107).
Diesen Standpunkt der Judikatur hat die No-
velle zum Reichs B v. 8. 5. 08 sich zu eigen ge-
macht und hat dies dadurch zum Ausdruck gebracht,
daß sie die Begriffsbestimmung aus dem
Gesetz entfernt hat. Die Novelle überläßt damit
der Rechtsprechung volle Freiheit in der Beur-
teilung der wechselnden Formen, welche sich im
Laufe der Zeit herausbilden können und werden.
Das Entscheidende wird immer in der Börsen-
mäßigkeit der Abschlüsse zu finden sein, d. h. in
der Abstreifung alles Individuellen nach persön-
licher und sachlicher Richtung, und damit in der
jederzeit gegebenen Möglichkeit, durch ein Gegen-
geschäft gleicher Art die Abwicklung statt durch
ieferung und Abnahme gegen Zahlung des
Kaufpreises durch Ueberweisung und Verrech-
nung der Differenz zu bewirken (Motive z. Nov.
S 2l, 22).
Da die Novelle das Verbot der B.Terminge-
schäfte in Getreide und Erzeugnissen der Ge-
treidemüllerei aufrecht erhalten hat (§ 65 in
der Fassung der Bek v. 27.5. 08, Rl 215) und
dadurch auch Zeitgeschäfte in diesen Waren ge-
troffen werden könnten, die nach ihrem materiellen
nhalt und ihrer wirtschaftlichen Natur und
weckbestimmung als B.Termingeschäfte anzu-
sehen wären, so hat sie, um die sog. legitimen und
wirtschaftlich notwendigen Zeitgeschäfte der Er-
zeuger und Verarbeiter von Getreide und Er-
eugnissen der Getreidemüllerei und der mit die-
gen Waren Handel treibenden Kaufleute und ein-
getragenen Genossenschaften zu schützen, diese
Geschäfte, sofern sie nach bestimmten, vom BR
zu genehmigenden Geschäftsbedingungen abge-
cclhfen sind, für zulässig erklärt (§ 67 a. a. O.).
Solche Geschäfte sind nur rechtsunwirksam, wenn
sie als sog. Differenzgeschäfte abgeschlossen wer-
den (§ 68).
57v. Börsenpreis. Der B. Preis wird im HGB
von 1861 stets im Zusammenhange mit dem
Marktpreis erwähnt. a 353 gibt eine subsidiäre
Erklärung dafür, was unter Marktpreis oder
B. Preis zu verstehen sei. Im Zweifel, d. h. also
nur, wenn sich aus den begleitenden Parteierklä-
rungen oder sonstigen Umständen nicht ein anderes
ergibt, soll darunter der laufende Preis, welcher
zur Zeit und an dem Orte der Erfüllung oder an
dem für letzteren maßgebenden Handelsplatze
nach den dafür bestehenden örtlichen Einrichtun-
gen festgestellt ist, in Ermangelung einer solchen
Feststellung oder bei nachgewiesener Unrichtigkeit
derselben, der mittlere Preis verstanden werden,
welcher sich aus der Vergleichung der zur Zeit und
am Orte der Erfüllung geschlossenen Kaufverträge
ergibt. Der B.Preis ist hiernach ebenso wie der
Marktpreis im einzelnen Streitfalle durch Be-
weisaufnahme festzustellen und selbst gegenüber
behördlichen Feststellungen ist der Gegenbeweis
der Unrichtigkeit derselben zugelassen. In An-
sehung des B. Preises bedentete dem gegenüber
die Organisation der B. nach dem B einen
bedeutenden Fortschritt. Indem gemäß § 5
Ziff. 4 des BG jede BO Bestimmungen darüber
treffen muß, in welcher Weise die Preise und
Kurse zu notieren sind, ist eine Gewähr dafür ge-
schaffen, daß die B. Preise auf amtlichem Wege
festgestellt werden. Das B hat sich auf die all-
gemeine Direktive beschränkt, daß als B. Preis
derjenige Preis festzusetzen ist, welcher der wirk-
lichen Geschäftslage des Verkehrs an der B. ent-
spricht (§ 29 BG). Dabei sollen sich die B. Vor-
stände in erster Linie der Mitwirkung beeideter
Hilfspersonen, der Kursmakler, bedienen
(s 30 B0), sie können aber auch Geschäfte be-
rücksichtigen, die nicht durch Kursmakler ver-
mittelt sind (S 31 BG). Im übrigen bestimmt sich
das Verfahren nach den Vorschriften der einzelnen
BO und nach dem Herkommen. Den Beweis der
Unrichtigkeit der getroffenen amtlichen Feststel-
lung wird man grundsätzlich nicht zurückweisen
sömen, in der Praxis wird er selten zu führen
ein.
Die große Bedeutung des B. Preises für das
wirtschaftliche Leben ergibt sich aus seiner Maß-
geblichkeit für eine Reihe von Abwickelungen und
Rechtsverhältnissen, die außerhalb des B. Verkehrs
stattfinden. Die Aktiengesellschaften und ähnliche
Handelsgesellschaften dürfen ihn bei Aufstellung
ihrer Bilanz nicht überschreiten (S 261 HG#B),
bei Schadensersatzforderungen aus Fixgeschäften
und bei Feststellung von Forderungen im Kon-
kurse ist er entscheidend (§ 376 Abs 2 HGB; + 18
KonkursO). Auseinandersetzungen aller Art, ins-
besondere Erbteilungen erfolgen regelmäßig auf
der Grundlage des B. Preises. Endlich ist er aus-
schlaggebend für alle Kommissionsgeschäfte, die
der Kommissionär im Wege des Selbsteintritts
erledigt (§ 400 HEB:;: vgl. oben # 5).
Für alle diese Verhältnisse ist ein B. Preis
zugrunde zu legen. Da jedoch die B. Versamm-
ungen mehr oder weniger lange Zeit dauern,
innerhalb deren die wechselnde Marktlage auch
schwankende B. Preise hervorbringen kann, so
bleibt die Frage offen, wie aus diesen der maß-
gebende B. Preis zu finden sei. Für den Fall des
Kommissionsgeschäfts enthält § 400 HG positive
Vorschristen, nach denen der Zeitpunkt der Ab-
endung der Anzeige an den Kommittenten maß-
gebend ist. Im übrigen wird man nach Anleitung
des a 353 des alten HG#B den mittleren Preis aus
den verschiedenen notierten B. Preisen als den
maßgebenden B. Preis des Tages anzusprechen
haben, insoweit nicht aus den begleitenden Partei-
erklärungen oder sonstigen Umständen sich ergibt,
daß ein bestimmter der verschiedenen festgestellten.
Preise, z. B. der erste oder der letzte Kurs, für
maßgebend zu erachten ist.