Defektenverfahren
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kann nur innerhalb einer Ausschlußfrist von einem 1 des Beamten aufrechnen; vgl. RSß#21, 185,
Jahre beschritten werden. Die Frist beginnt mit
dem Tage der Bekanntmachung des Beschlusses
oder wenn der Beschluß nicht zugestellt werden
konnte, mit dem Tage seiner Abfassung. Die
Klage kann neben, auch vor oder nach der Be-
schwerde erhoben werden; sie steht aber nur dem
Beamten, nicht auch der Behörde zu (R in Jur.
W. 1900, S.792, Nr. 22). Zuständig ist zur Entschei-
dung ausschließlich das Landgericht; die Revision
beim R6 ist in allen Fällen ohne Rücksicht auf die
Höhe der Beschwerdesumme zulässig. Ist die
Klage erhoben, so hat das Prozeßgericht auf An-
trag des Beamten die einstweilige Einstellung der
Zwangsvollstreckung zu beschließen, wenn der Be-
amte glaubhaft macht, daß ihm die Fortsetzung
der Zwangsvollstreckung schwer ersetzliche Nach-
teile bringen würde; auf Antrag der beklagten
Reichsbehörde sind jedoch dann die erforderlichen
Sicherheitsmaßregeln behufs Ersatzes des D durch
das Gericht zu beschließen; über die Art dieser
Sicherheitsmaßregeln entscheidet das Gericht nach
freiem Ermessen.
Im Rechtswege wird der richtigen Ansicht nach
nur festgestellt, ob die materiellen, für den Erlaß
des D Beschlusses vorgeschriebenen Voraussetzun-
gen (§§ 1 und 2) im gegebenen Falle vorhanden sind;
die Praxis der Gerichte dehnt aber im Anschluß
an RG# Z 12, 143; ROH#G 20, 157 und Gruchot 34,
1189 die im Rechtswege zu treffenden Feststellun-
gen auch auf die Frage aus, ob überhaupt der
Beamte nach den Vorschriften des Bürgerlichen
Rechts schadensersatzpflichtig ist, so daß seine Klage
auch dann abgewiesen wird, wenn ihm nur gerin-
ges Verschulden zur Last fällt, aber seine Ersatz-
pflicht nach den Vorschriften des bürgerlichen
Rechts begründet ist. Dies Verfahren der Ge-
richte läßt sich aber nach dem Wortlaute der ein-
schlägigen Bestimmungen (5 144 RB) nicht recht-
f#ertigen. Die Beweislast im Defekten-
prozeß bestimmt sich nach allgemeinen Grund-
sätzen; es hat also der Fiskus zu beweisen, daß der
D durch Arglist oder grobes Verschulden des Be-
amten verursacht ist (Gruchot 36, 1128).
II. Die Zwangsvollstreckung. Hier-
für sind gegenüber Reichsbeamten die Gesetze
desjenigen Gliedstaates maßgebend, in denen die
Maßregeln erfolgen (F 140 RBG). In der Regel
(Preußen §& 14) kann die Verwaltungsbehörde den
ur Vollstreckung geeigneten Beschluß selbst zur Aus-
führung bringen, wenn sie nach den bestehenden Ge-
setzen ein Zwangsrecht hat!] Verwaltungszwanglj.
Das Reichsrecht bestimmt in jedem Falle: Die
Vollstreckung des D Beschlusses erfolgt auf Ersuchen.
der Verw Behörde durch die zuständigen Gerichte,
Vollstreckungsbeamten oder Grundbuchbehörden.
Die ersuchten Behörden dürfen die Rechtmäßig-
keit des Beschlusses nicht nachprüfen, sondern
müssen, wenn sonst kein Anstand obwaltet, sofort
die Vollstreckung ausführen, die Beschlagnahme
der erforderlichen Vermögensstücke verfügen und
die beantragten Eintragungen im Grundbuche
veranlassen. Behufs Vollstreckung des Beschlusses
kann sich die Verw Behörde auch den pfändungs-
fähigen Teil des Diensteinkommens (*5 850 8PO)
zur eigenen Einziehung überweisen lassen; sie
kann statt dessen auch ohne Mitwirkung des Ge-
richts unter Beobachtung der Schranken des §& 850
ZPO ihre DForderung mit der Gehaltsforderung
auch oben § 1 für das Königreich Sachsen. Die
Verwaltung pflegt übrigens gegen die im
Amte verbleibenden Beamten nicht sogleich mit
der Vollstreckung vorzugehen, sondern auf frei-
willige Deckung der D durch regelmäßige Teil-
zahlungen u. dgl. hinzuwirken. Bei der Tilgung
der D werden nach der Verwaltungspraxis aus
den beigetriebenen Geldern erst die Kosten, dann
die Verzugszinsen und schließlich die DBeträge
gedeckt.
# 5. Vorläusige Sicherheitsmaßregeln. Auch
die unmittelbar vorgesetzte Behörde kann (im
Reich und in Preußen) bei Gefahr im Varzuge,
insbesondere wenn ein ersatzpflichtiger Beamter
Vorbereitungen zur Flucht oder zur Beiseite-
schaffung seines Vermögens trifft, ohne Anru-
fung der Gerichte oder Vollstreckungsbehörden
selbständig das abzugsfähige Gehalt und nötigen-
falls das übrige bewegliche Vermögen des Be-
amten vorläufig beschlagnahmen. Tiese Befugnis
hat außer der höheren Reichsbehörde jede unmittel-
bar vorgesetzte Behörde. Voraussetzung für der-
artige vorläufige Anordnungen ist außer der drin-
genden Gefahr das Vorliegen der zum Ersatz ver-
pflichtenden Rechtsgründe (§ 2). Ein DBeschluß
braucht noch nicht erlassen zu sein; dieser wird erst
erforderlich, wenn eine Zwangsvollstreckung nach
*4 bewirkt werden soll. Der von der vorläufigen
Beschlagnahme betroffene Beamte kann bei dem
Gericht, in dessen Bezirk die Beschlagnahme statt-
gesunden hat, den form= und fristlosen Antrag
stellen, die Beibringung des DBeschlusses anzu-
ordnen. Das Gericht hat dann die Frist zu be-
stimmen, binnen der seitens der zuständigen Be-
hörde der DBeschluß beizubringen ist. Wird dieser
Anordnung nicht Folge goelcistet, so hat das Gericht
auf weiteren form= und fristlosen Antrag des Be-
amten die Beschlagnahme aufzuheben. Bringt
die Behörde innerhalb der Frist den Beschluß bei,
so verwandelt sich die vorläufige Beschlagnahme
in eine endgültige und kann nur im ordentlichen
Rechtswege aufgehoben oder einstweilen eingestellt
werden. — In Baden bestehen derartige Vor-
schriften nicht.
Quellen: Re# v. 31. 3. 73 in der Fassung der Bek.
v. 18. 5. 07, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichs-
beamten (538 134—148, 153, 157), RKEnl 245. Kaiserl. V
v. 27. 12. 99, betr. die Zuständigkeit der Reichsbehörden
zur Ausführung des G v. 31. 3. 73 (Rel 730). — Preuß.
V v. 24. 1. 44 über die Festsetzung und den Ersatz der bei
Kassen und anderen Verwaltungen vorkommenden Defekte
(GE 52); Beschl des preuß. Staats Min v. 31. 8. 63, betr.
die Festsetzung der durch die Ermittelung von Di. entste ndenen
Kosten (IM #l 222). Af v. 27. 12. 82, betr. die Vollstreckung
der von den preuß. Justizbehörden gefaßten Deschlüsse
(I#l 388). — Boayerisches Beamten G v. 16. 8. 08 a
13, 179 ff (Ga##nl 1908 S ö81 ffo a 6,7 AG 3#O: Würt-
tembergisches G v. 16. 12. 76 über die VerwRechtspflege,
à 2 Nr. 2 (RegBl 485). Badisches Beamten G v. 24. 7. 88
in der Fassung des G v. 12. 8. o8 5 76 (GVhl 365 ff); Hes.
sisches G v. 21. 4. 80, die Disziplinarverhältnisse der nichtrich
terlichen Staatsbeamten betr., Abschn. VI a 41 ff (Regl 67).
Literatur: Loband 1, 450 ffs Mever-An-
schütz 526; Schulze, Lehrb. des deutschen Staatsrechts
1, 330; v. Rönne, Das Staaterecht des Deutschen Reichs?
1, 1 497; 1 369 ff; Bruck, Das Verfassungs- und Verw-
Recht von Els.-Lotbr. 1, 1908; Kommentare zum Reichs-