Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
— — — — — — — — 
600 
  
Domänen (Württemberg) 
  
nur der Ertrag aus dem früheren Kammergut 
i. e. S. als solcher aus der D. bezeichnet. Der 
Begriff D. ist hienach wesentlich enger als der 
Begriff „Kammergut“. Die Ausdehnung, welche 
der letztere Begriff erfahren hat, ist wichtig wegen 
der Bestimmung in §& 107 Vul, nach welcher das 
Kammergut in seinem wesentlichen Bestande zu 
erhalten ist, und daher ohne Einwilligung der 
Stände weder durch Veräußerung vermindert, 
noch mit Schulden oder sonst einer bleibenden 
Last beschwert werden darf. Ausgenommen sind 
Belastungen oder unbedeutende Veräußerungen, 
die dem Ganzen zum Vorteil dienen, doch ist den 
Ständen nachträglich Nachweis über solche Ver- 
äußerungen und ihre Wiederverwendung zum 
Grundstock vorzulegen. Eine Inventarisation des 
Grundstocks oder eine allgemeine Vermögens- 
auseinandersetzung zwischen Grundstock und lau- 
fender Verwaltung im Wege der Gesetzgebung 
hat nicht stattgefunden. Doch haben für den 
Eisenbahnbau, die Berg= und Hüttenwerke, die 
Salinen, die dem Grundstock zuzuweisenden. Geld- 
beträge und Gebäude zwischen Regierung und 
Stände sich eine Reihe von beiden Teilen aner- 
kannter Grundsätze herausgebildet (s. Göz, VuU 
197 u. 198). 
Auf dem Kammergut haftet die Verbindlichkeit, 
den mit der Staatsverwaltung verbundenen Auf- 
wand, soweit es möglich ist, zu bestreiten. Da der 
Staatsbedarf nur insoweit durch Steuern bestritten 
werden darf, als der Ertrag des Kammerguts 
nicht ausreicht, muß dem Ansinnen einer Steuer- 
verwilligung an die Stände u. a. auch jedesmal 
ein Nachweis über die Unzulänglichkeit der Kam- 
mereinkünfte vorangehen. Diese Prüfung erfolgt 
in Verbindung mit der Beratung des Haupt- 
finanzetats (Göz, Vlu 212). 
Aus den Erträgnissen des Kammerguts ist 
ferner die Civillistessl zu bestreiten; zu diesem 
Zweck wird auf die Regierungszeit eines jeden 
Königs eine teils in Geld, teils in Naturalien be- 
stehende Civilliste verabschiedet. Für die Regie- 
rungszeit König Wilhelms l. ist die Civilliste durch 
Gv. 6. 11. 91 (Reg Bl 271) auf 1 800 000 Mk. 
in Geld und Naturalien im Wert von 2—300 000 
Mark festgesetzt. Aus der Civilliste sind zu bestrei- 
ten das Erfordernis für die Dispositionskassen 
des Königs und der Königin, die Unterhaltung 
und Erziehungskosten der Kagl Prinzen, die Kosten 
des Hofstaats des Königs und der Königin und 
der gesamte Aufwand für die hierher gehörige 
Verwaltung und nach dem G v. 6. 11. 91 und 
17.2.06 der Aufwand für das Hoftheater und das 
Orchester. Dagegen werden die Apanage, Wit- 
tume, Heiratgüter und andere dergl. Leistungen, 
welche die Mitglieder des Kgl Hauses in Anspruch 
zu nehmen haben, an diese von der Staatskasse 
unmittelbar entrichtet. 
II. Das Krongut. Durch das Krondo- 
tationsedikt v. 20. 1. 1819 wurde eine Reihe von 
Krongebäuden, Gütern und Eigentumsstücken 
aller Art zu einem besonderen Vermögen, dem 
Krongut oder der Krondotation, ausgeschieden, 
welches dem Gebrauch des Königs und dem Be- 
darf der Hofhaltung in allen ihren Zweigen 
gewidmet sein soll. Sämtliche Bestandteile der 
Krondotation sind Staatseigentum, an welchem 
der jeweilige Regent als Inhaber der Civilliste, 
die Nutznießung hat. Der Grundstock der Kron- 
  
  
dotation ist unveräußerlich, doch steht den Land- 
ständen kein Kontrollrecht zu, es hat der jeweilige 
Regent nur seinem Nachfolger gegenüber die Ver- 
pflichtung unverminderter Uebergabe. 
III. Das Hofdomänenkammergut 
besteht aus dem alten Kammerschreibereigut; es 
ist ein Privateigentum der Kgl Familie, dessen 
Verwaltung und Benützung dem Könige zusteht. 
Bezügl. der Grundstocksangriffe gelten ähnliche 
Grundsätze wie beim Kammergut. Wenn den 
Ständen auch kein ausdrückliches Zustimmungs- 
recht zu Veräußerungen des Grundstocks vorbe- 
halten ist, so steht ihnen doch zweifellos das Recht 
zu, die Einhaltung der in 3 108 Vl festgelegten 
Grundsätze zu überwachen. Ueber die Nachfolge- 
ordnung in das Hofdomänenkammergut beim 
Aussterben des Mannesstammes besteht Streit 
(ob Privatfürstenrecht oder Thronfolgeordnung; 
s. Göz Anm. 5 zu S 108 Vl). 
IV. Das Kirchengut. Die abgesonderte 
Verwaltung des evangel. Kirchenguts des vor- 
maligen Herzogtums Württembergs sollte nach 
8 77 Vu wieder hergestellt werden, in gleicher 
Weise ist in § 82 Vl die Ausscheidung eines be- 
sonderen katholischen Kirchenfonds zur Bestrei- 
tung derjenigen kirchlichen Bedürfnisse, für die 
keine örtlichen Fonds vorhanden sind oder die 
vorhandenen nicht ausreichen, in Aussicht genom- 
men. Die Ausscheidung dieser Vermögen ist bis 
jetzt nicht erfolgt. Es bestreitet daher der Staat 
aus seinen Mitteln die Kirchenkosten, die im Fi- 
nanzgesete mit den Ständen verabschiedet wer- 
en. 
5 3. Berwaltung. Die Verwaltung des Kam- 
merguts steht den 3 Abteilungen der dem Finanz- 
ministerium nachgeordneten Oberfinanzkammer 
zu: Die Domänendirektion leitet die 
Verwaltung der Staats D. i, e. S., die Forst- 
direktion hat neben einer Reihe forstpolizei- 
licher Aufgaben die Verwaltung der Staatsforsten 
und Jagden; der Bergrat die Leitung und 
Aufsicht über Betrieb und Verwaltung der staats- 
eigentümlichen Berg= und Hüttenwerke, der Sa- 
linen und der Münze. An lokalen Behörden sind 
zu nennen die Kameralämter, Bezirksbauämter, 
die Forstämter und die Torfverwaltung in Schus- 
senried. Kl—–hr- — 
Das Hofdomänenkammergut, die Civilliste und 
die Krondotation werden von der Hofkammer, 
welcher die Hofkameralämter in Altshausen, Bie- 
tigheim und Stuttgart und die Hofkammerforst- 
ämter in Altshausen, Freudental und Stuttgart 
unterstellt sind, verwaltet. Alle 5 Jahre findet 
unter Zuziehung von Kommissaren des Finanz- 
ministeriums eine Kontrolle statt. 
Die landwirtschaftlich benützten Staats D. wer- 
den, soweit sie nicht mit Ackerbauschulen ver- 
bunden sind oder für die Zwecke der Landgestüte, 
der Landwirtschaftlichen Hochschule, der Wein- 
bauschule oder der Irrenanstalten benutzt werden, 
an Private auf Zeit (in der Regel 15 Jahre) ver- 
pachtet. Allgemeine Verpachtungsbedingungen 
für Staats D. bestehen in Württemberg nicht. Für 
die Verpachtung einzelner Staatsgüter gelten die 
Erlasse der Kgl. D.Direktion v. 9. 12.91 Nr. 12650 
(Al der Kgl. Oberfinanzkammer 1892 S 1) und 
14. 2. 93 Nr. 15288 (Anl der K. Oberfinanzkam- 
mer 94 S7). Die Forsten, die Berg= und Hütten- 
werke, die Salinen und die Badcanstalt Wildbad 
#
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.