Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Ebenbürtigkeit — Ehrenamt 
  
wobei freilich auch die Notwendigkeit der Vorle- 
gung des Hausgesetzes gegenüber dem Landesherrn 
in Betracht kommt [J Autonomie S 2981. So- 
weit, wie die Autonomie des betreffenden hoch- 
adligen, regierenden oder standesherrlichen, Hau- 
ses zu einer Heilung der Mißheirat zuständig ist, 
kann diese, statt durch ausdrückliche Willenser- 
Ö auch durch konlludente Handlungen er- 
olgen. 
Liüteratur: Die gesamte ältere Literatur ist in er- 
schöpfender Weise aufge führt und besprochen bei Chr. G. 
Göhrum, Geschichtliche Darstellung der Lehre von der 
E. 1846; die Literatur der folgenden 50 Jahre bei Boll- 
mann, Die Lehre von der E. in deutschen Fürstenhäusern 
bei J. St. Pütter und J. J. Moser und ihre Bedeutung für 
das heutige Recht, 1897, S 75 ff; die speziell auf den Streit 
um Lippe Bezug habenden Schriften sind angegeben im 
Anhang des ersten Schiedsspruches in dem Rechts- 
streite über die Thronfolge im Fürstentum Lippe 1897; 
als wichtigste Schristen der neuesten Jahre sind zu nennen: 
Anschütz, Der Fall Friesenhausen 1904; Das Reichs- 
kammergericht und die E. des niederen Adels in der Z der 
Savignystiftung für Rechtsgeschichte, 19006; Gutachten 
der Leipziger Juristen fakultät über das Recht der Söhne 
Seiner Erlaucht des Grafen Regenten Ernst zur Lippe- 
Biesterfeld auf die Thronfolge im Fürstentum Lippe, 1906; 
Rehm, Modernes Fürstenrecht 1904 S 151—180; Olden- 
burger Thronanwärter 1905; Schiedsspruch in dem 
Rechtsstreite über die Thronfolge im Fürstentum Lippe 
v. 25. 10. 05, 1906; Schiller, E. und Thronfolge, 8Z f. 
ung. öfft. u. Privatrecht, 1906 und 1907; Schön, Das 
kaiserliche Standeserhöhungsrecht und der Fall Friesenhau- 
sen 1905; Schücking, Die Nichtigkeit der Thronan- 
sprüche des Grafen Alexander von Welsburg in Olbden- 
burg 1905; Nochmals der Fall Welsburg, in Annalen 1905, 
Sd0##ff;: Tezner, Die Sukzessions-- und Berwandten- 
rechte des Prinzen Alexander von Oldenburg usw. 1905; 
Triepel, Der Streit um die Thronfolge im Fürstentum 
Lippe 1903. Schücking. 
Edelmetalle 
Handel, Wandergewerbe 
  
Esfektenstener 
1 Börsensteuer S04 
  
  
Eheschlietzung 
Beschränkungen Heimatrecht; 
im übrigen # Personenstand, Geistliche, Aus- 
land, Konsuln, internationales Privatrecht 
Ehrenamt 
#n 1. Ehrenamt und Selbstverwaltung. ## 2. Begriff 
Ehrenamt. 3. Besoldung, Stellung und Bestellung des 
Ehrenbeamten. 1 4. Ueberblick über die Ehrenämter. 
A= Amt; E##---Ecthrenamt.] 
s 1. Ehrenamt und Selbstverwaltung. Der 
Amtsbegriff des Verfassungsstaa- 
tes. Auf Theorie und Praxis hat in Deutschland 
nachhaltig die Lehre Gneists eingewirkt, dessen 
  
Definition der Selbstverwaltung das Essentiale 
dieses Begriffs in die Führung der inneren Landes- 
verwaltung durch unbesoldete Ehrenämter verlegt. 
Diese Begriffsbestimmung trat freilich in allzu 
handgreiflichen Widerspruch mit der Tatsache, daß 
unsere kommunale Selbstverwaltung zu einem 
sehr großen Teile durch besoldete Berufsämter 
geführt wird. Doch suchte die Theorie diesen Wi- 
derspruch durch eine Spaltung des Selbstverwal- 
tungsbegriffs zu umgehen, indem Rosin u. a. zwi- 
schen korporativer Selbstverwaltung (Selbstver- 
waltung im juristischen Sinne) und bürgerlicher 
Selbstverwaltung (Selbstverwaltung im politi- 
schen Sinne) unterscheiden. Letztere bedeute: 
Teilnahme der Regierten an der Regierung, wo- 
bei dem E# wieder eine bedeutende Rolle zu- 
fällt; nur daß jetzt die Bestellung durch Wahl 
in den Vordergrund gerückt wird, während Gneist 
unter Hinweis auf das Friedensrichteramt als 
Träger des älteren englischen selfgovernment 
gerade die königliche Ernennung stark betont hatte. 
— Abgesehen davon, daß dem Engländer der 
Ausdruck selfgovernment nicht so geläufig ist wie 
uns, weil ihm die Sache weit selbstverständlicher 
ist, versteht er freilich darunter etwas Anderes 
und Weiteres, als wir unter Selbstverwaltung. 
Selfgovernment ist die charakteristische Struktur 
des ganzen englischen Gemeinlebens im Gegen- 
satz zum kontinentalen Obrigkeitsstaat; diese 
Struktur erscheint im national government der 
Parlamentsverfassung wie im local government 
der Grafschaften, Städte und Distrikte, während 
wir an diese kommunale Struktur bei dem Aus- 
druck Selbstverwaltung fast ausschließlich denken. 
Und die Eigenart der englischen Entwickung hat 
die leitende Stellung im national wie im local 
selsgovernment ganz überwiegend den Ehren- 
ämtern erhalten, während daneben die Berufs- 
ämter, freilich in wachsendem Umfange, als tech- 
nische Hilfsorgane erscheinen. Dies englische Ver- 
hältnis von Ehren= und Berufsamt zeigt eine ge- 
wisse Aehnlichkeit mit dem traditionellen Verhält- 
nis von Juristen und Technikern in unserer Ver- 
waltung. Dagegen hat die kontinentale, beson- 
ders die deutsche und ganz besonders die preußi- 
sche, Entwicklung vom Obrigkeitsstaat her dem 
Berufsbeamtentum die leitende Stellung nicht 
nur in der Staatsverwaltung erhalten, sondern. 
sogar in der kommunalen Selbstverwaltung gro- 
Kßenteils verschafft, indem sich hier eine kommunale 
Berufsbureaukratie (sehr gegen die Meinung der 
Väter der ersten Städteordnung) gebildet hat. 
Andererseits vollzieht sich aber mit der Durch- 
brechung des alten Obrigkeitsstaates durch kom- 
munale Selbstverwaltung und konstitutionelle 
Verfassung zugleich eine Umbildung der rechtlichen 
Struktur des Berufsbeamtentums; sie wird aus 
einer individualrechtlichen zu einer sozialrecht- 
lichen. Auch der Berufsbeamte ist nicht mehr der 
gemietete Diener des fürstlichen Herrn, sondern 
die publizistisch verpflichtete und berechtigte Or- 
ganperson des staatlichen oder kommunalen Ge- 
meinwesens. Dieser Umbildung des staatlichen 
Berufsamts hat die Organisation der kommuna- 
len Selbstverwaltung und insonderheit die Neu- 
belebung ihrer Ehrenämter vorgearbeitet und 
Bahn gebrochen. In diesen Ehrenämtern, deren 
Träger Beamte sind, ohne daß sie aufhören, Bür- 
ger zu sein, ist der für den alten Obrigkeitsstaat
	        
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