798
Fischerei
Fischzucht oder zum Schutze der anderen Fische
gegen Raubfische. Doch ist in allen diesen Fällen
die Verwendung sonst erlaubter Fangmittel aus-
geschlossen, welche vorzugsweise geeignet sind,
die Fischbrut zu zerstören. Umgekehrt kennt das
preußische Recht die Möglichkeit einer Verschär-
fung der Schonzeitnormen. Durch Bezirkspolizei-
verordnungen kann z. B., wenn es im Interesse
der Erhaltung des Fischbestandes oder einzelner
Fischarten geboten erscheint, die F für einzelne
Gewässer während der Frühjahrsschonzeit gänz-
lich oder für bestimmte Fischarten oder Fang-
mittel untersagt werden. Sodann sind besondere
Fangverbote für Gewässer vorbehalten, in denen
Maränen oder Aeschen in größeren Mengen vor-
kommen. Ferner kann der Fang einzelner wirt-
schaftlich wichtiger Fischarten für bestimmte Ge-
wässerstrecken zwecks Erhaltung der Fischart in
diesen verboten werden. Endlich finden sich Spe-
zialbestimmungen für den Lachs= und Störfang.
Es ist nicht zu verkennen, daß sich das preußische
Schonzeitsystem in seiner dargelegten Ausgestal-
tung sehr erheblich dem süddeutschen System der
Individualschonzeiten genähert hat.
b) Bei diesem in den süddeutschen Staaten
(z. B. bayr. LFO #§B1; els.-lothr. FG# # 31), in
Sachsen (FMWG# 15) und teilweise (für den Neckar)
auch im Großh. Hessen herrschenden System der
relativen oder Individualschon-
zeit sind die Schonzeiten nicht allgemein für
eine Vielheit von Fischarten, sondern individuell
für die einzelnen Arten unter Berücksichtigung
ihrer natürlichen Laichzeit mit der Maßgabe fest-
gesetzt, daß innerhalb der Schonzeit jede Art des
Fanges von Fischen der geschützten Art unbedingt
untersagt ist und zufällig gefangene Fische vor-
sichtig wieder ins Wasser einzusetzen sind. Dabei
dehnen einzelne Rechte das Fangverbot auch auf
geschlossene Gewässer aus, um Umgehungen durch
Ausreden über die Herkunft der Fische abzu-
schneiden. Welche Fischarten eine Schonzeit
genießen (ausgenommen sind solche, für die
eine Schonzeit aus wirtschaftlichen und natür-
lichen Gründen unzweckmäßig wäre) und in
welchen Zeitperioden, ist in den einzelnen F Ord-
nungen des näheren ausgeführt. Dabei ist die
Schonzeitbestimmung entweder in der FO
selbst enthalten oder ihre Einführung nebenher
oder ausschließlich der Bezirkspolizeibehörde über-
lassen. Erleichternde Ausnahmeregeln sind kaum
zu verzeichnen. Sie betreffen nur den Fang zu
Zwecken der künstlichen Fischzucht, zu wissen-
schaftlichen Zwecken oder gemeinnützigen Ver-
suchen, endlich zur Beseitigung fischereiwirtschaft-
lich für ein einzelnes Gewässer unerwünschter
oder schädlicher Fischarten (z. B. von Hechten in
Forellenbächen). Verschärfende Sonderregeln er-
möglichen bisweilen eine Verlängerung der Schon-
zeiten für bestimmte Bezirke mit Rücksicht auf die
örtlichen Verhältnisse.
c) Das gemischte System besteht darin,
daß die Schonzeit für die im Frühjahr laichenden
Fische absolut, für die im Winter loaichenden
relativ (individuell) gestaltet ist. Es ist zur Zeit
im Reichsgebiet nicht mehr in Uebung. Es stammt
aus Frankreich und galt bis zum Erlaß des neuen
FG in Elsaß-Lothringen. Für Preußen ist es
mehrfach angestrebt worden.
3. Besondere Schon vorschriften exi-
stieren für Krebse und Perlmuscheln
wegen ihrer besonderen Fortpflanzungsverhält-
nisse. Krebse genießen in der Regel eine lang
dauernde Schonzeit, meist vom 1. 11. bis 31. 5.
Bisweilen ist der Fang weiblicher Krebse über-
haupt (z. B. bayr. LFO & 8) oder mit Beschrän-
kung auf die Eier tragenden Muttertiere unter-
sagt. Die preuß. FOrdnungen (7 10 bezw. F 11)
überlassen letzteres Verbot der Bezirks Pol Ver-
ordnung. Die Hegung von Perlmuscheln zwecks
Gewinnung von Perlen (Perlensischerei) findet
sich nur in Bayern, Baden, Sachsen, Hannover
und in einigen Kolonien (JI. Meist ist die Perl Fdem
Staate vorbehalten und durch polizeiliche Schutz-
vorschriften geregelt. Die Perl FOrdnungen ver-
bieten in der Regel namentlich die Perl F in einem
Perlgewässer, bevor nicht seit der letzten Ab-
fischung 5 (oder 6) Jahre verstrichen sind, sowie
jede Perl F während der Monate Juli und August.
8 11. Mindestmaße (preuß. FG 88 22, 24,
26, 27, FV 88 1f bezw. f. Westpreußen, Pom-
mern, Schleswig-Holstein und Hannover 88 2f;
bayr. LFO 82; hess. FG a 16 f). Fische eher zu
fangen, als bis sie ihre Fortpflanzungsfähigkeit
erlangt und ausgeübt haben, verbietet eine ra-
tionelle F Pflege. Infolgedessen enthalten be-
reits die älteren FOrdnungen ziemlich ausnahms-
los Normen über die Mindestmaße (Minimal-=
maße, Brittelmaße) oder auch Mindestgewichte,
wonach Fische unter einer bestimmten Größe oder
einem bestimmten Gewicht nicht gefangen wer-
den dürfen und gegebenenfalls wieder ins Wasser
gesetzt werden müssen (z. B. preuß. FGG 9#6 24, 26;
bayr. LFO 5 3). Das heutige Recht weist solche
Bestimmungen allgemein auf, doch finden sie
nicht durch das Gesetz selbst, sondern im Interesse
der rascheren und wechselnden Anpassungsmög-
lichkeit an örtliche Verhältnisse durch die Ausfüh-
rungsvorschriften ihren Ausdruck. Sie beruhen
entweder auf provinzieller Regelung oder sind
zentral für das ganze Staatsgebiet getroffen.
Während früher zur Feststellung des Mindest-
maßes die Meßart vom Auge des Fisches bis zur
Schwanzwurzel vielfach üblich war, gibt die
neuere Praxis dem Messen der Fische von der
Schnauze (Kopfspitze) bis zu den Schwanzenden
(Schwanzspitzen) den Vorzug. Mindestmaße wer-
den immer nur für die einzelne Fischart je nach
den verschiedenen hydrographischen Lebensbe-
dingungen der Fische festgesetzt. Die Maße sind
naturgemäß staatlich recht verschieden. Eine ge-
wisse Uebereinstimmung ist in der generellen
Rücksichtnahme auf gewisse besonders wertvolle
und wichtige Fischarten (Edelfische, besonders
Salmoniden) zu beobachten. Die größte Mannig-
faltigkeit ist dagegen bei den minder wertvollen
Arten zu verzeichnen. Kleinere Fischarten sind
gewöhnlich von der Beschränkung ausgenommen.
Ueberall verboten ist in nicht geschlossenen Ge-
wässern das Fischen auf Fischlaich und Fischbrut
(preuß. FV S1 bezw. f. Westpreußen, Pommern,
Schleswig-Holstein, Hannover 82; bayr. FG a 73;
bad. G 1870a5: hess. FG a 12; els.lothr. FG 8 30).
Erleichternde Ausnahmen von den Regeln über
die Mindestmaße können durch die FOrdnungen
oder die Behörden namentlich für die Verwendung
mindermaßiger Fische (bisweilen auch des Fisch-
laichs und der Fischbrut) zu gemeinnützigen Ver-
suchen, wissenschaftlichen oder Fischzucht-Zwecken