Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Flagge 
811 
  
Für die Führung der deutschen Kriegs- 
Flagge sind die Vorschriften des AE v. 2. 3. 
86 (Röal 59), der V über die Führung der 
Reichs F. v. 8. 11. 92 § 2 (RGBl 1050) und des 
AE v. 27. 3. 93 (MVBl 53) maßgebend, welch 
letzterer auch über die Führung der Reichs- 
dienstF. der Marine Bestimmung trifft. Hier- 
nach sind zur Führung der deutschen Kriegs F. 
berechtigt 1. am Lande: die Behörden und An- 
stalten der Kais. Marine mit gewissen Ausnahmen 
und die im unmittelbaren Reichsdienst befindlichen. 
Behörden und Anstalten des deutschen Heeres 
sowie die Küstenbefestigungen. 2. Auf dem Wasser: 
die Souveräne der deutschen Bundesstaaten, die 
Prinzen regierender deutscher Kgl Häuser und 
die ersten Bürgermeister der freien Hansestädte 
auf den ihnen eigentümlich gehörenden Privat- 
fahrzeugen und die Kriegsschiffe und Kriegsfahr- 
zeuge der Kaiserlichen Marine nebst ihren Bei- 
booten sowie unter gewissen einschränkenden Be- 
dingungen auch die übrigen Schiffe der Kaiserl. 
Marine und die von ihr ermieteten oder ihr an- 
derweitig zur Verfügung gestellten Schiffe. 
Durch AE v. 27. 1. 93 (MVBl 25) ist dem 
Kais. Jachtklub in Kiel eine besondere F., näm- 
lich das Recht verliehen worden, ein besonderes 
Abzeichen in der National F. zu führen (vgl. hierzu 
Bek des Staatssekretärs des Reichs-Marineamts 
v. 13. 2. 93 MVhl 261] und Best. des Staats- 
sekretärs des Reichs-Marineamts v. 23. 4. und 
12. 7. 93 Ml S 107 u. 1891). — Durch AE 
v. 1. 7. 96 (Rel 181) ist den der Marine als 
Offiziere des Beurlaubtenstandes usw. angehören- 
den Schiffsführern deutscher Seehandels- 
schiffe die Berechtigung verliehen, das eiserne 
Kreuz auf der deutschen Handels F. zu führen 
(vgl. hierzu Bek des RK v. 16. 8. 96, RöBl 461). 
II. Zur Führung der Reichs F. sind aber nach 
&2 F.G die Kauffahrteischiffe nur dann be- 
rechtigt, wenn sie im ausschließlichen Eigentume 
von Reichsangehörigen stehen (vgl. noch unten 
84)1). Den Reichsangehörigen werden gleichgeach- 
tet a) ohne Rücksicht auf den Sitz der Gesellschaft: 
offene Handelsgesellschaften (OGB 58§ 105 ff) und 
Kommanditgesellschaften (PG#B 65 161 ff), wenn 
die persönlich haftenden Gesellschafter (also nicht 
auch die Kommanditisten) sämtlich Reichsangehö- 
rige sind, b) wenn sie ihren Sitz im Inlande (doch 
auch in den Schutzgebieten !) haben; andere Handels- 
gesellschaften (Akt.-Ges. — HG#B 9 178 ff), Kom- 
manditgesellschaften auf Aktien (HGB KF 320 ff 
und G.m. b. H. (R v. 20. 4. 92 in der Fassung der 
Bek v. 20. 5. 98) eingetragene Genossenschaften 
(Rv. 1. 5. 89 in der Fassung der Bek v. 20. 5.98 
— R#Bl 810) und juristische Personen, die Kom- 
manditgesellschaften auf Aktien jedoch nur, wenn 
die persönlich haftenden Gesellschafter sämtlich 
Reichsangehörige sind. Das Recht zur Führung 
der Reichs F. darf aber nicht vor der Erteilung des 
Schiffszertifikats ausgeübt werden (5 11 Abf 2). 
Vielmehr muß das Schiff zunächst in das Schiffs- 
register, ein von den Amtsgerichten geführtes 
öffentliches Register, eingetragen werden, und 
zwar in das Schiffsregister des Heimatshafens 
(§5 6). Ueber die Eintragung, die gemäß §5 7 zu 
erfolgen hat, und die erst geschehen darf, nachdem 
—. — 
  
1) Nicht wird in Deutschland auch Reichsangehörigkeit der 
Mannschaft erfordert. 
  
das Recht des Schiffes zur Führung der Reichs F. 
glaubhaft gemacht ist (§ 8), wird von dem Register- 
gericht eine mit dem Inhalte der Eintragung 
übereinstimmende Urkunde, ein sog. Schiffs- 
Zertifikat, ausgestellt, das zur Ausübung des 
Rechts zur Führung der Reichs F. berechtigt und 
während der Reise stets an Bord des Schiffes 
mitzuführen ist (5 11 Abs 2 und 3). Im Auslande 
kann dieses Recht unter gewissen Voraussetzungen 
durch eine provisorische Bescheinigung des deut- 
schen Konsuls (sog. Flaggenzeugnis,) er- 
langt werden (§ 12). Jede Aenderung in den ins 
Schiffsregister eingetragenen Tatsachen oder 
Rechtsverhältnissen ist in das Schiffsregister einzu- 
tragen und baldtunlichst auch auf dem Schiffs- 
zertifikat zu vermerken (§ 13). — Schiffe von nicht 
mehr als 50 chm Brutto-Raumgehalt sind auch 
ohne Eintragung in das Schiffsregister und Er- 
teilung des Schiffszertifikats befugt, die Reichs F. 
zu führen (§ 16). — Zuwiderhandlungen gegen 
die Vorschriften dieses Gesetzes sind, auch wenn. 
sie im Auslande oder auf offener See begangen 
sind, strafbar (S§ 18—24). 
Bestritten ist, ob der Berechtigung zur Führung 
der Reichs F. eine entsprechende Verpflichtung 
gegenübersteht. Das Gesetz läßt es zweifelhaft, 
indem es im § 1 eine Verpflichtung (haben!), da- 
gegen im 5+ 2 eine „Berechtigung“" ausspricht. Die 
Frage muß aber bejaht werden und zwar auf 
Grund des §5 1, und dem steht auch &# 2 nicht ent- 
gegen, wenn man ihn dahin auslegt, daß er mehr 
die Nichtberechtigung der Schiffe, bei denen die 
Voraussetzungen nicht vorliegen, aussprechen, 
als die Ausübung in das Belieben des Berechtig- 
ten stellen will. Nachdem §& 1 die Verpflichtung 
ausgesprochen hatte, konnte & 2 sich darauf be- 
schränken, die Voraussetzungen für die Verpflich- 
tung in der Form, wie geschehen, zum Ausdruck zu 
bringen. Für diese Ansicht spricht auch § 22. Eben- 
so, wenn auch ohne Begründung, Stoerk (S 622); 
A. M. Schaps, Arch 534 und Wagner (1, 154). 
Zulässig ist neben der Führung der Reichs F., 
aber nicht an den für diese bestimmten Stellen, 
die Führung anderer F., wie z. B. der Lan- 
desF., der Kontor F. usw. Eine rechtliche Be- 
deutung kommt diesen F. jedoch nicht zu. 
Schließlich schreibt die Kais. V v. 21.9.00 (Roaßl 
807) den Kauffahrteischiffen das Zeigen der 
Reichs F. vor beim Begegnen mit einem Schiff 
der Marine, das die Kriegs F. gesetzt hat, beim 
Passieren einer deutschen Küstenbefestigung, auf 
der die Kriegs F. weht und beim Einlaufen in 
einen deutschen Hafen. Strafe für Zuwiderhand- 
lungen nach § 22 F. Gesetz. 
III. Die Reichskonsuln haben die Innehaltung 
der wegen Führung der Reichs F. bestehenden 
Vorschriften zu überwachen (§ 30 RE v. 8. 11. 67). 
#s 4. Schutzgebiete. Die für Kauffahrteischiffe 
geltenden Vorschriften können nach Anordnung 
des Reichskanzlers auch auf Gouvernements- 
fahrzeuge Anwendung finden (Kais. V v. 5. 
7. 03, ReBl 257). Eine besondere F. ist vor- 
gesehen für den Gouverneur von Ostafrika und 
von Kiautschou (Kais. V v. ö. 3. 91; 1. 3. 98; 
Kolon Gg 1, 685; 4, 162; Flaggen- und SalutO 
v. 17. 5. 95). 
Eingeborene der deutschen Schutzge- 
biete können durch kaiserliche Verordnung in 
bezug auf das Recht zur F. Führung den Reichsan-
	        
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