Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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ins Leben gerufen Darlehen im Mindestbetrage 
von 3000 M. auf Rittergüter und Bauerngüter 
sowie Stadtgüter mit wenigstens 500 Steuer- 
einheiten und bare Vorschüsse gegen Lombard 
gewährt. 
b) die Landständische Bank des 
Königlich sächsischen Markgrafen- 
tums Oberlausitz zu Bautzen, die eben- 
falls im Jahre 1844 gegründet, Eigentum der 
Provinzialstände der Oberlausitz und vom Staate 
als landschaftliche Kreditanstalt anerkannt ist. 
Sie hat das Recht, Pfand= und Kreditbriefe, die 
für mündelmäßig gelten, auszugeben, gewährt 
Darlehen gegen Hypothek auf landwirtschaftliche 
Grundstücke und Wohnhäuser, an Gemeinden, 
Stiftungen, gemeinnützige Unternehmungen und 
Genossenschaften mit unbeschränkter Haftpflicht, 
betreibt endlich auch Pfand= und Lombardge- 
schäfte. 
c) Der Landwirtschaftliche Kredit- 
verein im Königreiche Sachsen zu 
Dresden, der unkündbare, tilgbare und kündbare 
Darlehen auf landwirtschaftliche Grundstücke, 
tilgbare Darlehen an Gemeinden und Gemeinde- 
verbände, sowie Darlehen gegen Sicherungs- 
hypothek oder Unterpfand gewährt. 
d) Die Landesgenossen schaftskasse 
für das Königreich Sachsen, die als 
eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haf- 
tung seit dem 1. 7. 97 besteht und den Mitglieds- 
genossenschaften die bei ihr eingezahlten über- 
schüssigen Gelder verzinst, ihren Mitgliedern Dar- 
lehen in laufender Rechnung gewährt und aus 
dem von der Regierung zur Verfügung gestellten 
Fonds von 3 Millionen Mark Darlehen vermittelt 
für Errichtung von Molkereien usw., für Anschaffung 
von Dampfdreschmaschinen u. dgl. und zur Ver- 
mehrung von Betriebsmitteln. 
Haenel. 
IV. Württemberg 
Den Kernpunkt der A. bildet das große abge- 
schlossene Werk der Aufhebung der Leib- 
eigenschaft und die Ablösung der 
bäuerlichen Grundlasten, dem sich 
die wesentlich zu Gunsten des bäuerlichen Be- 
sitzes erfolgte Aufhebung des dingli- 
chen Jagdrechts auf fremdem Grund und 
Boden sowie die Beseitigung der Bann- 
rechte anschloß (Ablösungens. Recht- 
lich und tatsächlich getrennt von diesem zur Be- 
seitigung der bäuerlichen Unfreiheit ergangenen 
Gesetzgebungswerk wurden das SchäfereiG v. 
9. 4. 1828 über Schafweiderechte und 
das G v. 26. 3. 73 erlassen, welch letzteres das 
Verhältnis des Feldbaus zur Wei- 
de und die Ablösbarkeit aller auf 
fremden Grundstücken lastenden 
privatrechtlichen Weiderechte so- 
wie der auf Waldungen ruhenden Weide-, Grä- 
serei= und Streurechte auf einseitigen Antrag des 
Berechtigten oder Verpflichteten regelte. Der 
Unterschied dieser der Wegräumung von Kultur- 
hindernissen dienenden Gesetze von den andern 
Ablösungsgesetzen zeigt sich in der Feststellung des 
Entschädigungsbetrags auf den 20fachen anstatt 
auf den léfachen Betrag des jährlichen Rein- 
  
  
–– — — — —— — — — 
Agrargesetzgebung (Sachsen — Württemberg) 
ertrags und in der Ablösbarkeit auch der gegen- 
seitigen Weiderechte, weiterhin ist im Gegensatz 
zu den norddeutschen Gesetzgebungen bemerkens- 
wert, daß die Ablösung der Weiderechte mit der 
Aufteilung der Gemeinheiten nicht verbunden 
wurde. In derselben Selbständigkeit von anderen 
Gesetzen wurden zur positiven Förderung der 
Bodenkultur das G v. 26. 3. 62 über die Abände- 
rung bestehender und die Anlage neuer 
Feldwege, das Feldbereinigungs- 
gesetz v. 30. 3. 86 [UFeldbereinigungl! 
und schließlich der 3. Abschnitt des Wasser G v. 
1. 12. 1900 erlassen, letzterer trifft insbesondere 
Bestimmungen über Wassergenossen- 
schaften, die teils privatrechtliche Vereini- 
gungen mit selbständiger Rechtsfähigkeit unter 
staatlicher Aufsicht, teils öffentlich-rechtliche Ge- 
nossenschaften sind. Eine Aufteilung der 
Gemeinheiten im Interesse der Boden- 
kultur hat sich die württ. Gesetzgebung grund- 
sätzlich nicht zur Aufgabe gemacht, dagegen ist die 
Ablösung und Auflösung der Real- 
gemeinderechte aus andern Gründen 
durch das G v. 28. 11. 1900 geregelt worden 
[7Gemeinheitsteilungentj. Der Be- 
kämpfung des Grundstückswuchers 
dienen zwei Vig des Min Inn v. 19. 10. 06 über 
den gewerbsmäßigen Betrieb des Handels mit 
ländlichen Grundstücken und über den Geschäfts- 
betrieb der gewerbsmäßigen Vermittlungsagenten 
für Verträge über ländliche Grundstücke (Bestim- 
mungen im Sinne des § 38 Abs 4 der GewO), 
die auf Grund des § 367 Ziffer 16 StG erlassene 
Vfg des Min Inn v. 20. 12. 99 über die öffent- 
liche Versteigerung von Grund- 
stücken, sowie die a 172—174 des AG z. BGB 
v. 28. 7. 99, nach denen mit gewissen Ausnahmen 
bisher zusammen bewirtschaftete Grundstücke im 
Flächengehalt von wenigstens 3 ha im Fall der 
Erwerbung durch Kauf oder Tausch vor Ablauf 
von 3 Jahren nur im ganzen oder zum vierten 
Teil wieder kauf= oder tauschweise veräußert 
werden dürfen und eine verbotswidrige Ver- 
äußerung nichtig ist. Die Besitzvertei- 
lung, Teilbarkeit, das Erbrecht und 
die Landpolitik (innere Kolonisa- 
tion) war bis jetzt kein Gegenstand der A., Be- 
stimmungen über das bäuerliche Erbrecht (An- 
erbenrecht) werden zur Zeit erwogen. 
Hiernach ist der württ. A. eigenartig die Scho- 
nung der Almenden. In den altwürtt. Ge- 
meinden wurde im allgemeinen die frühere 
Realgemeinde durch die politische Gemeinde er- 
setzt, die Almenden wurden öffentlich rechtliche 
Nutzungen (meist Naturalnutzungen) am Grund- 
eigentum der Gemeinde, an denen die männlichen 
Bürger unter gewissen Voraussetzungen (Alter 
von 25 Jahren, Selbständigkeit, Eintrittsgeld) 
teilzunehmen berechtigt sind und die neben der 
Erhebung von Gemeindeumlagen gewährt wer- 
den können. Die ungeschmälerte Erhaltung des 
Grundeigentums der Gemeinden ist in a 118—120 
der GemO v. 28. 7. 06 vorgesehen, nach a 190 
Ziff. 2 dieses G ist die Veräußerung von Grund- 
eigentum von einer Regierungsgenehmigung ab- 
hängig. Aus der öffentlich rechtlichen Natur dieser 
Gemeindenutzungen folgt, daß sie von der Ge- 
meindeverwaltung ohne Entschädigung geschmä- 
lert oder aufgehoben werden können, wogegen
	        
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