Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Gemeindehaushalt (materiell) 
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wonnen haben. In formeller Hinsicht ist die 
Anlehnung charakteristisch, die das früher ausge- 
bildete Etats-, Kassen- und Rechnungswesen des 
Staats der Ausbildung entsprechender Formen 
für die Haushaltsführung der Gem auch da ge- 
währt hat, wo die Regelung dieser Formen im 
allgemeinen der Autonomie der Gem überlassen 
geblieben ist. Immerhin prägt die große Ver- 
schiedenheit, wie sie zwischen den verschiedenen 
Gem ihrer besonderen rechtlichen Entwicklung, 
ihrem Umfange und ihrer Leistungsfähigkeit, sowie 
den Richtungen ihres Erwerbs= und Kulturlebens 
nach besteht, sich auch in ihrem Haushalte aus. Der 
Gegensatz gegen den Haushalt des Staats 
ergibt lich namentlich aus der größeren Begrenzt- 
heit der Aufgaben und Mittel, aus der Unterord- 
nung unter die Zwecke und Rechtsordnung des 
Staats und endlich aus dem Anspruche auf 
finanzwirtschaftliche Unterstützung des letzteren, 
die in neuerer Zeit vor allem als ein gewisser 
Ausgleich für die immer stärkere Uebertragung 
staatlicher Ausgaben auf die Gem notwendig 
ge worden ist. 
I. Der Hanushalt in materieler Beziehung 
*#2. Wirtschaftliches Prinzip. Der Auffassung 
der Gem als einer rechtlichen und wirtschaftlichen 
Persönlichkeit von vorausgesetzter ewiger Dauer 
entspricht als Prinzip der Wirtschaftsführung die 
Forderung, daß Aufgaben und Mittel sich in be- 
ständigem Gleichgewicht halten. Wird in 
den auf der Ausdehnung der Aufgaben beruhen- 
den Anforderungen über das Maß der dauernd 
verfügbaren Kräfte hinausgegriffen, so leidet hier- 
durch die Leistungs= und Lebensfähigkeit der Gem 
Abbruch. In der Auffassung dieses auch für die 
Gem in früherem Sinne maßgebend ge- 
wesenen Prinzips der Gleichgewichtserhaltung 
hat sich jedoch eine wesentliche Umwandlung voll- 
zogen. Der älteren Auffassung entsprach es, daß 
die Leistungen der Gem sich nach dem Maße der 
vorhandenen Mittelrichteten und gewissermaßen 
als auf dem Vermögensbesitz bezw. den nutzbaren 
Rechten ruhende Lasten erschienen. Die Ausdeh- 
nung der staatlichen Aufgaben auch in dem dem 
Wirkungskreise der Gem überwiesenen Anteile 
hat aber im Gebiete der Gen Wirtschaft zu einer 
erweiterten Betätigung des zwangswirtschaft- 
lichen Gedankens geführt, vermöge deren in der 
Regelung des Haushalts von den Aufgaben 
ausgegangen und jenes Gleichgewicht für gesichert 
gehalten wird, wenn die aus den Aufgaben her- 
vorgehenden Anforderungen sich innerhalb des- 
jenigen Maßes halten, bis zu dem in Ergänzung 
der der Gem aus ihrer Privatwirtschaft zufließen- 
den Einnahme und vorbehaltlich der Beihilfe der 
größeren Verbände und des Staats die Kräfte der 
Mitglieder zwangsweise mit Nachhaltigkeit 
in Anspruch genommen werden können. In 
der Form eines Rechtssatzes ist das Prin- 
zip der Erhaltung des materiellen Gleich- 
gewichts in der Gesetzgebung der deutschen 
Staaten übrigens nicht zum Ausdruck gelangt, 
doch liegt es der rechtlichen Behandlung mannig- 
facher Materien wie z. B. der Erhaltung des 
Grundstockvermögens, der Aufnah- 
me von Anleihen ufw. zu Grunde. 
  
Mit diesem Prinzip des materiellen Gleichge- 
wichts ist nicht zu verwechseln die Forderung der 
jeweiligen Balanzierung des einzelnen 
Haushaltsplans, Voranschlags usw., wel- 
che den Nachweis des materiellen Gleichgewichts 
allein noch nicht verbürgt, weil hier im Wege der 
vorherigen Ansammlung von Mitteln, der Inan- 
spruchnahme des Kredits und der Verschiebung 
von Ausgaben, Uebertragungen von Einnahmen 
und Ausgaben in andere Finanzperioden möglich 
sind usw. 
Der früher vorwaltenden Naturalwirt- 
schaft entsprach es, daß die laufenden Verwuf- 
gaben großenteils durch unmittelbare Verwendung 
von Gem Vermögen bezw. von Diensten der Gem- 
Angehörigen (sog. Naturaldienste Gemein- 
dedienste) Erfüllung fanden. Mit der Aus- 
breitung der Geldwirtschaft ist jene Art 
der Befriedigung der administrativen Bedürfnisse 
in den Stadt Gem und vielfach auch in den Land- 
Gem zur Ausnahme geworden. Ueberall besteht 
das Bestreben, derartige Leistungen, wo sie noch 
bestehen, in die Geldwirtschaft der Gem tunlichst 
aufzunehmen und sie nach ihrem Geldwert in 
Ansatz zu bringen. Die nahezu ausschließlichen 
Elemente des Haushalts bilden daher heute 
Geldausgaben und Geldeinnahmen; 
es wird sich demnach rechtfertigen, auf diese 
die folgende Darstellung zu beschränken. 
##3. Ausgaben; freiwillige und Pflichtans- 
gaben. I. Die Ausgaben bestimmen sich nach dem 
Bedarf. Dieser gliedert sich seiner wirtschaftlichen 
Natur nach einesteils in persönlichen (Besoldungs--) 
und Sachbedarf, andernteils in Verwaltungs- 
und Erwerbsbedarf (Betriebsausgaben), endlich 
in allgemeinen und Spezialbedarf. Schwieriger 
durchführbar ist eine Scheidung des Bedarfs, je 
nachdem er durch Aufgaben von allgemeinem 
über den Kreis der Gem hinausgehenden Inter- 
essen oder durch Aufgaben bedingt wird, die in 
Interessen lediglich des örtlichen Gemeinlebens 
ihren Grund haben, da beiderlei Interessen oft 
ineinander greifen und das Maß, in dem sie bei 
den einzelnen Leistungen der Verwaltung be- 
teiligt sind, sich nur selten genau oder in einem 
arithmetischen Verhältnis darstellen läßt. 
II. Eine besonders wichtige Unterscheidung be- 
ruht auf folgender Erwägung: Da die Er- 
haltung des Gleichgewichts zwischen Ausgaben 
und Einnahmen der Ausdehnung der ersteren 
eine gewisse Grenze setzt, so können die Anforde- 
rungen an den Haushalt der Gem regelmäßig nur 
nach Maßgabe ihrer Notwendigkeit und Dringlich- 
keit bezw. des Grades ihrer Nützlichkeit zur Be- 
rücksichtigung gelangen. Die Beurteilung ihrer 
Zulassung ist daher eine relative, von der 
Rücksichtnahme auf die vorhandenen Mittel be- 
einflußte, welche regelmäßig innerhalb des Kreises 
der Selbstbestimmung der Gem sich abwickelt. 
Nur insoweit die Erfüllung öffentlicher Aufgaben 
absoluter Natur in Frage steht, pflegt die 
Selbstbestimmung ausgeschlossen bezw. durch 
Aufstellung eines Minimalmaßes der Leistung 
beschränkt und daher auch die Aufwendung der 
Mittel, deren es zur Hervorbringung jener Lei- 
siung bedarf, zu einer Rechtspflicht der Gem ge- 
altet zu sein, deren Erfüllung im VerwWege 
erzwungen werden kann. Den Gesetzge- 
kungen aller deutschen Staaten ist das Institut 
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