Gemeinheitsteilung (Preußen, neue Provinzen)
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B) Regierungsbezirk Wiesbaden aus-
schließlich des Kreises Biedenkopf
(Hinterlandkreises)
Das nassauische Kulturedikt v. 7. 9. 1812 und
das G für das Gebiet der Stadt Frankfurt a. M.
v. 18. 3. 56 enthielten nur über die Ablösung
von Hutungsrechten unzulängliche Bestimmungen;
in den großherzoglich hessischen Landesteilen wa-
ren Hutungsrechte auf ländlichen Grundstücken,
sowie Forstberechtigungen nach den G v. 7. 9.
1814 und 7. 5. 419 nur auf Antrag des Belasteten
ablösbar. Sonstige Gesetze über Aufhebung von
Dienstbarkeiten und Nutzungsgemeinschaften fehl-
ten (vgl. Drucksachen des Abgecordnetenhauses,
X. Legislaturperiode, 1868, Bd. 1II Nr. 223). —
Dagegen war im vormaligen Herzogtum Nassau
durch die V v. 12. 9. 1829 und die hierzu erlassenen
4 Instruktionen der Landesregierung v. 2. 1. 1830
die Güterkonsolidation, und im Groß-
herzogtum Hessen durch das G v. 24. 12. 57 —
in beschränktem Umfange — die Zusammenlegung
der Grundstücke eingeführt (Nass. VBl 1829, 65;
1830, 21 ff; Großh. Hess. Reg Bl 1858, 5).
Die preußische GTO für den Regie-
rungsbezirk Wiesbaden mit Aus-
nahme des Kreises Biedenkopf
v. 5. 4. 69 1) hat die Ablösung der Dienstbarkeiten
und die Teilung gemeinschaftlich benutzter Grund-
stucke umfassend geregelt, einer gleichen Regelung
der Zusammenlegung aber sich enthalten. Viel-
mehr sind durch die V, betr. die Güterkon-
solidation im RegBBezirk Wiesbaden mit
Ausnahme des Hinterlandkreises, v. 2. 9. 67
(6S 1462) die nassauischen Vorschriften über die
Konsolidation nur in einigen Punkten geändert
und mit diesen Aenderungen auch in allen nicht zu
Nassau gehörig gewesenen Teilen des RegBez.
Wiesbaden mit Ausnahme des Hinterlandkreises
eingeführt. Weitere Aenderungen jener Vor-
schriften sind neuerdings durch die — in der
Hauptsache das Verfahren und Kostenwesen be-
treffenden — G v. 21. 3. 87 (GS 61) und v.
4. 8. 04 (G8 191) bestimmt worden (Ovgl. über
das Geltungsgebict Holzapfel, Neues Konsolida-
tionsbuch 1888 S XX).
Nach der GTO v. 5. 4. 69 findet statt: a) die
Ablösung der Dienstbarkeiten (Servituten)
zur Weide, Mast, zum Bezug oder Mitgenuß von
Holz, Lohe und Stren, zum Plaggen-, Rasen= und
Bültenhiebe, Grasschnitt, Pflücken des Grases
(Grasrupfen) und des Unkrauts, letzteres in den
bestellten Feldern (Krauten), zur Nutzung von
Schilf, Binsen oder Rohr auf Ländereien und
1) G#lf526. Der alte Kreis Biedenkopf bestand
im Jahre 1869 nicht mehr, sondern war nach # 4 Nr. 12
der B v. 22. 2. 67 (GS 273) ein Bestandteil des „Hinter-
landkreises“, der aus dem Kreise Biedenkopf und anderen
ehemals großherzoglich hessischen Gebietsteilen zusammen-
gesetzt ist (vgl. oben § 15). Für diesen Hinterlandkreis gilt
nach der B v. 2. 9. 67 die GIO für den Reg Bezirk Kassel;
v. 13. 5. 67. Hiernach ist vom Geltungsbereiche der GTO
für Wiesbaden v. 5. 4. 69 nicht bloß der (alte) Kreis Bieden-
kopf, sondern der Hinterlandkreis ausgenommen.
Die Anführung des „Kreises Biedenkopf"“ in der Ueberschrift
und Einleitung des G v. ö. 4. 69 beruht auf der inzwischen
(im Berw Wege) erfolgten Einführung dieses Namens für
den ganzen Hinterlandkreis.
Privatgewässern aller Art, zum Pferch und zur
Fischerei in stehenden oder fließenden Privat-
gewässern; b) die Teilung von Grundstücken,
die von mehreren Miteigentümern ungeteilt be-
sessen und durch gemeinsame Ausübung einer
oder mehrerer der nachbenannten Nutzungen:
Weidc, Grasschnitt, Waldmast, Holz= oder Streu-
nutzungen, Plaggen-, Rasen= und Bültenhieb,
Torfentnahme, — benutzt werden 1); c) eine
Zusammenlegung im Sinne der altpreußischen
Gesetzgebung ist als selbständige Kulturmaßregel
nicht zugelassen; vielmehr kann die Umlegung
von Grundstücken, die nicht zur Abfindung für auf-
zuhebende Berechtigungen abzutreten sind, nur
in den Formen der Güterkonsolidation
erfolgen. Jedoch ist den Beteiligten einer Ab-
lösung oder Teilung gestattet, in Verbin-
dung mit dieser auch ihre dabei nicht beteiligten
Grundstücke dem Umtausche zur Herstellung einer
wirtschaftlichen Lage zu unterwerfen. Eine der-
artige beiläusige Umlegung muß nach dem für
anwendbar erklärten & 8 der altpreußischen V v.
30. 6. 34 geschehen, wenn ein Viertel der Be-
teiligten (nach dem Werte der Teilnahmerechte)
darüber einverstanden ist, und für diese ist dann
nicht das Konsolidations-, sondern das Verfahren
nach der GLTO maßgebend (GTO v. 1869 5#; 18,
24; vgl. V. v. 30. 6. 34 [GS 96)] 5l 8: Schneider
179 Anm. 7). — Die Konsolidation
einer Gemarkung oder Gemarkungsabteilung fin-
det statt, wenn sie von den Besitzern von mehr
als der Hälfte der nach dem Stockbuche berechneten
Fläche der beteiligten Grundstücke beantragt wird
(V v. 2. PH. 67 # 2).
Die (nassauische) Güterkonsolidation
ist aus dem in jener Gegend vorherrschenden.
Wandel- oder Parzellarbesitz hervorgegangen,
dessen Nachteilen sie bei einer zu weit gehenden.
Zersplitterung der Besitbstände entgegentreten
sollte. Ihr Grundgedanke „besteht darin, daß
man in einer Gemarkung die landwirtschaftlichen
Meliorationen, Kulturumwandlungen, Wiesen,
Be= und Entwässerungsanlagen, Ackerfeldwege,
Ueberbrückungen so projcktiert und ausführt, als
gehöre die ganze Feldmark einem Besitzer, daß
man die Fluren so in Bozirke abteilt, wie die Er-
tragsfähigkeit solche ergibt, daß man in diesen
Bezirken (Zuteilungsbezirken) gartenbeetartige
Abteilungen (Gewannen) zur bequemen Boarbei-
tung bildet und daß man die Parzellen der Ein-
zelnen nach Tagewerksstücken (Normalstücken)
zusammenlegt (ohne die Güterstücke der Einzelnen
aus dem Gemenge zu sondern) und sie so in die
für die Gemarkung projiektierten Anlagen ein-
fügt“ 2). Bei der Konsolidation bleibt also die
ihr unterworfene Gemarkung in Parzellen zerlegt.
Eine Verminderung der Zahl der Parzellen wird
zwar erstrebt und erzielt; allein in erster Linie steht
die bessere Gestaltung der Parzellen und die all-
gemeine Feldregulierung. Hierdurch unterschei-
det sich die Konsolidation wesentlich von dem alt-
preußischen Separationsverfahren, das bezweckt,
die. zu einem Hofe oder die einem Besitzer ge-
1) GTO v. ö. 4. 69 1. Die Motive erwähnen, daß im
Geltungsbereiche des Gesetzes nur die oben zu a gedachten
Berechtigungen vorkommen.
:) So Th. Wißmann,
Einl. S XIV.
Konsolidationsbuch 1874,