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Gemeinheitsteilung (Preußen)
nahmsweise zur erforderlichen Ergänzung der
Landabfindung (im Gebiete des rheinischen Rechts
und in Schleswig-Holstein nur bis zu 3 Prozent
der dem Teilnehmer gebührenden Gesamtabfin-
dung, in Hohenzollern nur zur Ausgleichung
„geringer“ Wertsunterschiede) zugelassen.
Eine jede Landabfindung ist in derjenigen Lage
auszuweisen, welche den gegeneinander abzuwä-
genden wirtschaftlichen Interessen aller Beteilig-
ten am meisten entspricht. Jedem Teilnehmer
müssen zu ihr die erforderlichen Wege, Triften und
Gräben verschafft, und die unentbehrliche Mit-
benutzung von Tränkstätten und der schon vor der
Auseinandersetzung gemeinschaftlich benutzten
Lehm-, Sand-, Kalk= und Mergelgruben, Kalk-
und anderen Steinbrüche vorbehalten werden.
Die über die beteiligten Grundstücke führenden
Wege, Gräben, Flüsse und Brücken können, so-
weit es für den Teilungsplan nötig erscheint, ver-
legt und selbst aufsgehoben werden, ohne daß den
bei dem Gebrauche Beteiligten, sobald ihnen nicht
ein erheblicher Nachteil aus der Veränderung ent-
steht, ein Widerspruch gestattet it. — Bei der Zu-
sammenlegung kann keinem Teilnehmer eine Ent-
schädigung ausgedrungen werden, die eine Ver-
änderung der ganzen bisherigen Art des Wirt-
schaftsbetriebes des Hauptgutes nötig macht.
#§ 22. Wirkung der Auseinandersetzung. Die
Abfindung, die jeder Teilnehmer erhält, tritt an
die Stelle der dafür aufgehobenen Teilnahme-
rechte, der dadurch abgelösten Berechtigungen
oder der dafür abgetretenen Grundstücke und über-
kommt in rechtlicher Beziehung alle deren Eigen-
schaften. Die für Fälle einer Kapital- oder Ren-
tenabfindung erforderlichen Maßgaben sind be-
sonders bestimmt; besondere Vorschriften regeln
ferner die Sicherung der Realberechtigten, das
Verhältnis der Pächter und Nießbraucher, sowie
die Grundsteuern und öffentlichen Lasten der von
der Auseinandersetzung betroffenen Grundstücke.
Nach dem G v. 26. 6. 75 (GS 325) geht das
Eigentum an den Abfindungsstücken schon vor
Bestätigung des Rezesses mit der Ausführung
des endgültig festgestellten Auseinandersetzungs-
planes auf die Besitznehmer über (vgl. oben 88
a. E.). Dieses Gesetz wurde ursprünglich für den
Geltungsbereich der Grundbuch O v. 5. 5. 72
erlassen. Durch die G v. 12. 4. 88 (GE 52),
19. 8. 95 (GS 481) und 8. 6. 96 (GS 109) wurde
es im Geltungsbereiche des rheinischen Rechts,
in dem Gebiete der vormals freien Stadt Frank-
furt a. M., den vormals Großherzoglich hessischen
Gebietsteilen, dem vormals Landgräflich hessi-
schen Amtsbezirke Homburg und dem Kreise Her-
zogtum Lauenburg eingeführt. Das AG##zur
RGB v. 26. 9. 99 hat in a 33 Abs 2, nachdem
es in Abs 1 Nr. 10—12 das G v. 26. 6. 75 auf-
recht erhalten hat, bestimmt, daß dessen Vor-
schriften, „soweit sie noch nicht in Kraft getreten
sind, gleichzeitig mit diesem Gesetz“ d. h. also
mit dem Zeitpunkt, zu dem das Grundbuch als
angelegt anzusehen ist (RGBO 8 82 Abs 1) in
Kraft treten sollen (betr. das vormalige Herzog-
tum Nassau vgl. 8 36 AG z. BGB v. 20. 9. 99
GO177)).
3. Provinz Hannover
z 23. Rechtsgeschichte. Die Gesetzgebung des
vormaligen Königreichs Hannover hat die GT,
Servitutablösung und Verkoppelung (Zusammen-
legung) grundsätzlich getrennt behandelt. —
Zunächst ergingen die provinziellen GTO: für
das Fürstentum Lüneburg v. 25. 6. 1802 1), für
die Fürstentümer Kalenberg, Göttingen und
Grubenhagen, für das Fürstentum Hildesheim
und für die Grafschaften Hoya und Diepholz v.
30. 4. 1824, für die Herzogtümer Bremen und
Verden v. 26. 7. 1825, für das Fürstentum Osna-
brück v. 25. 6. 1822; die letztere wurde erstreckt:
durch die V v. 12. 8. 35 auf das Herzogtum Aren-
berg-Meppen, die Grasschaft Bentheim und die
Vogtei Emsbüren, durch die V v. 27. 10. 38 auf
die Nieder-Grasschaft Lingen?). Diese Ord-
nungen enthalten zwar auch über die Abstellung
von Servituten, namentlich Weiderechten auf
fremdem Grund und Boden, Vorschriften, die je-
doch nur da Anwendung fanden, wo die GTO
maßgebend waren, zur zweckmäßigen Beseitigung
der Weide= und sonstigen Berechtigungen auf pri-
vaten Grundstücken also nicht ausreichten. — Für
Ostfriesland bestand eine besondere GTO nicht.
An die provinzielle Gesetzgebung, die durch das
allgemeine G über die Aufhebung der Marken-
und Holzgerichtsbarkeit usw. v. 13. 2. 50 (Hann.
GS#Abt. 1 13) erweitert ist, schlossen sich Landes-
gesetze über die Aufhebung von Weiderechten und
Waldstreuberechtigungen: das G wegen teilweiser
Abstellung der Wiesenbehütung v. 15. 7. 48
(GSlI 201), das G über die Aufhebung von Weide-
rechten v. 8. 11. 56 (GS 1 423) und das G, betr.
die Abstellung der Berechtigungen auf Streuge-
winnung in Forsten, v. 7. 1. 63 (GS 1 3). —
Endlich wurde, unabhängig von den Vorschriften
über GT und Servitutablösung, die Verkoppe-
lung (Zusammenlegung) durch das G v. 30. 6. 42
geregelt; dieses ist inzwischen durch spätere Gesetze
(v. 22. S. 47, 15. 7. 48, 12. 10. 53 und 8. 11. 656)
mannigfachen Abänderungen und Ergänzungen
unterworfen worden (GS 1842 Abt. 1 131;
1847 Abt. 1 295; 1848 Abt. 1 201; 1853 Abt. 1
369; 1856 Abt. 1 433).
Alle vorangeführten Gesetze sind — mit Aus-
nahme des G über die Streugewinnung in Forsten.
v. 7. 1. 63 — ganz oder teilweise noch in Kraft. —
Die preußische Gesetzgebung hat auf dem vor-
liegenden Gebiete nur nach folgenden Richtungen
eingegriffen: Die Abstellung der auf Forsten
haftenden Berechtigungen und die Teilung ge-
meinschaftlicher Forsten sind umfassend geregelt
durch das G v. 13. 6. 73, das in dieser Beziehung
auch die entgegenstehenden Vorschriften anderer
Gesetze, insbesondere der provinziellen GTO,
sowie das erwähnte G v. 7. 1. 63 beseitigt hat; ein
Gv. 8. 6. 73 (GS S 357, 353) über die Aufhebung
von Weiderechten enthält Ergänzungen des
hannov. G v. 8. 11. 56; endlich ist die Abstellung
der nicht nach den GTO abstellbaren Servitut-
berechtigungen zum Hauen oder Stechen von
Plaggen, zum Torfstich und zum Fruchtbau durch
das G v. 13. 4. 85 angeordnet (GS 109).
#§s 24. Gemeinheitsteilungen. Die GTO für
Lüneburg regelt für ihren Geltungsbereich
1) Vgal. Spangenberg, Samml. d. Gesetze für
Hannover, T. IV Abt. I S 270.
:) Lann. G# 1824 Abt. 1 S 111, 329, 221;, 1825 Abt. III
S 125; 1822 Abt. 1 S 219; 1835 Abt. I1II S 66; 1838 Abt.
III S 218.