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Gerichtskosten — Gerichtsverfassung
Für letzteres Verfahren bestimmen sich die Geb
nach den Sätzen obenerwähnter GebfReihen.
V. Hessen. Das G die GK betr. v. 30. 12. 04
— ergänzt durch G v. 19. 3. 10 — setzt neben einer
Regelung der allgemeinen Punkte, wie bei Hessen,
für die einzelnen Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit die Geb und Auslagen fest und
zwar auf die Geb Reihe des §& 8 des D. GK zu-
rückgreifend. Im Anschluß daran werden auch die
Geb für die Zwangsversteigerung und Zwangs-
verwaltung bestimmt. Die zwangsweise Beitrei-
bung soll auf Grund eines von dem Gerichte für
vollstrechbar erklärten Verzeichnisses im Wege
des Verw Zwangsverfahrens erfolgen.
VI. Elsaß-Lothringen. Das GKG v. 6. 12. 99
beginnt, wie das preußische Gesetz, mit allgemei-
nen Bestimmungen für die Angelegenheiten der
freiwilligen Gerichtsbarkeit und setzt dann für die
einzelnen Angelegenheiten die Geb fest, für Nach-
laß= und Teilungssachen, sowie für Grundbuch-
sachen nach besonderen Tarifen; im übrigen zu-
meist gemäß der GebReihe des & 8 des D. GKG.
Daran schließt sich auch hier eine nähere Festsetzung
der Auslagen. Sodann wird für Angelegenheiten
der streitigen Gerichtsbarkeit die Erhebung einer
Registrierungsabgabe (Titel Geb) geregelt und der
GebAnsatz im Zwangsversteigerungs= und Zwangs-
verwaltungsverfahren (nach preußischer Art) so-
wie bei gewerbegerichtlichen Rechtsstreitigkeiten
und im Forststrafverfahren bestimmt. Einige
Aenderungen hat das G betr. die Aenderung ver-
schiedener Justizgesetze v. 8. 8. 1910 Art. 4 her-
beige führt.
III. Nonsulargerichtsbezirke und Nolonien
25. In den Konsulargerichtsbezirken (vgl.
5 1 II) werden die in ihren Sätzen oben angeführ-
ten Gebühren der Gerichte und der Gerichtsvoll-
zieher im doppelten Betrage erhoben. Die Ge-
bühr für eine Zustellung nach den Vorschriften
über Zustellungen im Auslande beträgt 3 Mk. Die
Erhebung und Beitreibung der Kosten wird durch
den Konsul veranlaßt. In dieser Hinsicht haben
sich die mitwirkenden Behörden einander wie
auch mit den Behörden im Reichsgebiet und in
den deutschen Schutzgebieten Beistand zu leisten.
26. In den Schutzgebieten (Kolonien)
Afrikas und der Südsee werden Gerichtsgebühren
in derselben Höhe erhoben, wie in den Konsular-
gerichtsbezirken. Die Tätigkeit der Gerichtsvoll-
zieher wird nach dem Reichsgesetz vergütet; treten
an deren Stelle die Gerichte, so werden die Ge-
bühren im doppelten Betrage als Gerichtsgebühren
erhoben. Vfg des Reichskanzlers v. 28. 11. 01,
28. 8. 08. Dazu für Ostafrika Erl v. 16. 12. 98,
23. 4. 04, 10. 6. 09 und 11. 12. 09, für Kame-
run, Togo, Samoa und Neu-Guinea Erl v. 7.
7. 03, 2./3. 3. 09.
In Kiautschou betragen die Kostensätze
ebensoviel in Dollar und Cent, wie sie in Preußen
Mark und Pfennige betragen würden: bei der
Berechnung des Wertes ist die Mark gleich einem
halben Dollar zu rechnen. Bei Vergleichen kann
das Gericht die Kosten nach seinem Ermessen fest-
setzen. Die Gerichtsvollziehergebühren richten
sich nach der D. GebO (V v. 21. 6. 04).
setz, die Gebührenordnungen?, 1901; Reisenegger-
Schmidt, G##esetz, Geb O f. Gerichtsvollzieher u. f. Zeu.
gen und Sachverständige", 1905; Rittmann, Das deutsche
G # Gesetzt, 1910; Friedrichs, HWB des Geb und
Kostenwesens 21911.
Für Preußen: Mügel, Preuß. GK Gesetz“, 1911:
Siméon“", 1908. — Bayern: Burkhard, Das
bayer. Gesetz über das Geb Wesen, 1893; v. Pfaff und
v. Reisenegger, desgl.“, 1907. — Sachsen: Kohl-
mann, Das Kgl sächs. Gesetz über die GK v. 21. 6. 00,
1900. — Württemberg: Haidlen, Ef## Ordnung
usw.,, 1907. — Elsaß--Lothringen: Rittmann,
GSL#esetz für Els.-Lothr. v. 6. 12. 99, 1902.
Pfafferotö.
Gerichtsverfassung
& 1. Gerichtsverfassung und Gerichtsbarkeit. ##2. Zustän-
digkeit des Reichs und der Einzelstaaten. 1 3. Grundzüge
der Gerichtsverfassung. # 4. Gerichtsgemeinschaften.
§ 1. Gerichtsverfassung und Gerichtsbarkeit.
Die „Gerichtsverfassung“ umfaßt die Ordnung
und Einrichtung der mit der Ausübung der Ge-
richtsbarkeit betrauten Behörden, der Gerichte und
ihrer Hilfsorgane, wie der Staatsanwaltschaft (N,
Gerichtsschreiber und Gerichtsvollzieher, während
die Einrichtung der Rechtsanwaltschaft (M nur in
weiterem Sinne zur Gerichtsverfassung gerechnet
werden kann IXN. Justizbeamte, Justizverwaltungj.
Die „Gerichtsbarkeit“ ist ein Hoheitsrecht des
Staates, das sich im Landesherrn verkörpert. Sie
enthält die Befugnis, alle Angelegenheiten, die
zur Zuständigkeit der Gerichte gehören, zu erledi-
gen oder durch die zur Handhabung der Gerichts-
barkeit eingesetzten Gerichte oder sonstigen Rechts-
pflegeorgane (Notare, Gerichtsvollzieher, Dorf-
gerichte, Standesämter) erledigen zu lassen.
Die (streitige und freiwillige) Ge-
richtsbarkeit steht im Gegensatze zu den Geschäften
der Verw Behörden. Dieser Gegensatz fällt je-
doch nicht zusammen mit dem Gegensatze von
Rechtsprechung und Verwaltung, weil den Gerich-
ten auch Verw Geschäfte übertragen sind, während
die den Verw Behörden und Verw Gerichten über-
tragene Verw Gerichtsbarkeit (I ebenfalls begriff-
lich als Rechtsprechung betrachtet werden muß.
Ueber den Begriff der „bürgerlichen Rechtsstreitig-
keit“ s. unten im §2 Abfs 5.
Die Gerichtsverfassung umfaßt die Ordnung
und Einrichtung aller Gerichte, d. h. aller Be-
hörden, die entweder die streitige oder die frei-
willige Gerichtsbarkeit auszuüben oder die ge-
richtlichen Verw Geschäfte wahrzunehmen haben.
Die gesetzliche Ordnung kann sich aber auf einen
Teil dieser Behörden beschränken, z. B. auf
die Behörden der streitigen Gerichtsbarkeit, und
da die streitige Gerichtsbarkeit wieder in die Zivil-
rechtspflege und die Strafrechtspflege zerfädllt,
auf die Strafgerichte oder auf die Zivilgerichte.
Im Bundesstaate steht die Gerichtsbarkeit des
Reichs über und neben der der Einzelstaaten;
wegen der Abgrenzung beider Gerichtsgewalten
s. unten im #&2.
§#2. Die Zuständigkeit des Reichs und der Ein-
gelstaaten. Die norddeutsche Bundesverfassung
Siteratur: Pfafferoth, Das deutsche GS#We- hatte dem Reiche eine eigene Gerichtsbarkeit inso-
sen", 1909 (veraltet): Pörschel, Das deutsche Guche. fern beigelegt, als für die landesverräterischen und