Gewerbegerichte — Gewerbesteuer
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Die Zahl der Innungsschiedsgerichte be-
läuft sich (Anfang 1910) auf 422.
I. Die Gewerbegerichte als Hrozeßgerichte.
Bei den GewG waren anhängig:
1906 1907
a) Klagen d. Arbeiter geg.
die Arbeitgeber 103 532 102 674 106 269 102 518
b) Klagen d. Arbeitgeber
1908 1909
gegen bie Arbeiter 10 655 9472 5672 6.249
c) Klagen der Arbeiter des-
selben Arbeitgebers ge-
geneinander 343 397 340 363
Es wurden erledigt durch
a) Vergleich 48 629 47373 47595 45658
b) Verzicht 2436 2240 2 799 2546
c) Anerkenntnis 1 845 1651 1541 1 383
d) Versäumnisurteil 11 658 11 356 11 374 10 984
e) andere Endurteile 18 831 18 196 18 221 17 050
VBon den anhängigen Sa-
chen hatten einen Streit-
wert von über 100 Mk. 7804 8551 8574 8613
Berufsungen fanden statt
in Sachen 525 527 587 502
II. Die Gewerbegerichte als Einigungs.
ämter.
Zahl der Fälle 1906 1907 1908 1909
a) der Anrufung
1. von beiden Teilen 253 180 181
2. nur seitens der Arbeitgeber 6 9 6 9
3. nur seitens der Arbeitnehmer 234 150 134 130
d) des Zustandekommens
1. einer Bereinbarung 195 135 151 121
2. eines Schiedsspruchs 88 51 356 29
3. weder einer Vereinbarung noch
eines Schiedsspruchs 20 78 76 52
ch der Unterwerfung un-
ter den Schiedsspruch
1. seitens beider Teile 29 40 26 20
2. nur seitens der Arbeitgeber rlv 7 6 7
3. nur seitens der Arbeitnehmer 4 2 1
4. seitens keines Teils 2 3 1
Eine Tätigkeit als Einigungsamt kommt für die elsaß-
lothringischen Gew G nicht in Frage.
III. Die Gewerbegerichte als begutach-
tende und Anträge stellende Behörden.
1906 1907 1908 1909
Gutachten 33 25 33 22
Anträge 8 6 48 16
Die Statistik über die Gew'# wird außer in den Jahr-
büchern des Reichsstatistischen Amtes regelmäßig im Reichs-
arbeitsblatt veröffentlicht. Siehe zu den vorstehen-
den Zahlen RarbBl 1907 S 885 ff, 1908 S 867 ff. 1909
610 ff, 1910 S 690 ff.
Literatur: Stieda, Das GewG 1890 (dort
auch ein vollständiges Verzeichnis der älteren Literatur);
Ders., Das Reichsgesetz betr die GewE# im Jahrb N Oek
3. F. Bd. 2 S 69—81, 209—222; Bahr, Gews, Kauf-
mannsgericht, Einigungsamt, 1905; Gisi, Einigungs-
amt und Schiedsgericht zur Lösung von Kollektivkonflikten
5wischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern 1907; Jastrow,
Sozialpolitik und Berw Wissenschaft Bd. 1 1902; Schmitz,
Die Kgl Gewc in der Rheinprovinz 1894; v. Schulz,
Ueber Schiedsverträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer,
Arch für soziale Gesetzgebung und Statistik 15, 598 ff;
v. Schulz und Schalhorn, Das Gew G Berlin, Auf-
säbe, Rechtsprechung, Einigungsamtsverhandlungen, Gut.
achten und Anträge 1903; Wölbling, Zur Frage der
gerichten, Arch für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 21
659; Hofmann, Die Tätigkeit der Gemeindevorsteher
nach dem Reichsgesetz betr. die Gew 1893; E. Wolff,
Die deutschen Gew und Innungsschiedsgerichte 1902. —
Kommentare zum Gewerbegerichtsgesetz:
Cuno' 1906 (1—3 von Mugdan); Haas" 1902;
Prenner, Menzinger u. Prenners Textaus-
gabe 1910; v. Schulz 1902; Derselbe im Kom-
mentar zum Kaufmannsgerichtsgesetz 1905 S 127 ffj;
Wilhelmi u. Bewers 1903.
Spruchsammlungen: Baum, H für Gewe
1904t; Maß, Die Praxis der GewE Stettin 1907;
v. Schulz u. Schalhorn, Das Gew Berlin; Unger,
Entscheidungen des Gewc zu Berlin 1898.
Blätter für soziale Praxis (Januar 1898 bis März 1895,
seit April 1895: „Soziale Praxis“, seit April 1910: „Soziale
Praxis und Archiv für Bolkswohlfahrt“); „Das Gewerbe-
gericht", Monatsschrift des Berbandes deutscher Gew G
(begründet 1896), seit dem XI. Jahrgang „Das Gewerbe-
und Kaufmannsgericht“; Reichsarbeitsblatt in allen Jahr-
gängen unter „Tätigkeit der Gewerbe= und Kaufmanns-
gerichte“. — Vgl. auch unter „Kaufmannsgerichte".
v. Schulz.
Gewerbekammern
Handelskammern, Handwerkskammern
Gewerbestatistih
1 Berufszählung, Handelsstatistik
Gewerbesteuer
* 1. Allgemeines. 1 2. Preußen. 1 3. Bayern.
Württemberg. 7 5. Hessen. 1 6. Esaß--Lothringen.
*4.
[St — Steuer; GewSt — Gewerbesteuer.)
# 1. Allgemeines. Die Gewst ist die Er-
trags St, die den Ertrag der gewerblichen Unter-
nehmungen trifft. Dieser ist aber teils Unterneh=
merlohn, teils Kapitalgewinn aus dem in einer
Unternehmung angelegten eigenen oder frem-
den Anlage= und Botriebskapital. Beide Bestand-
teile des Gewerbsertrags sind aber bei den ein-
zelnen Gewerbsarten sehr verschieden an der Ein-
kommensbildung beteiligt je nach der technischen
oder ökonomischen Eigenart eines Betriebes und
nach dem Umfang der gewerblichen Unterneh-
mungen. Bei den kleinsten Unternehmungen ist
der Gewerbsertrag wesentlich Arbeitslohn, bei
den mittleren tritt eine Verbindung beider Ele-
mente ein und bei den größeren und größten Un-
ternehmungen wird die Einwirkung des Kapital-
faktors immer wichtiger und kommt schließlich zu
beherrschender Wirkung.
I. Das Verwecht hat auf einem doppelten Wege
die Lösung dieses Steuerproblems versucht. Da-
durch sind zwei Typen von Steuerformen ent-
standen: die ältere Gewerbeklassensteuer und die
neuere Besteuerung nach dem Reinertrag.
1. Die Gewerbeklassensteuer. Sie
ist dem französischen StRecht eigentümlich (Pa-
tentsteuer, droit des patents) und wurde haupt-
Parteivertretung vor den Gewerbe- und naufmanns- sächlich von den süddeutschen Staaten nachge-