Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
hang mit den Miquelschen Finanz- und StRefor- 
men ist sie durch G v. 24. 6. 91 einer grund- 
legenden Umgestaltung unterworfen 
worden. 
I. Der Gewst unterliegen alle stehenden 
Gewerbebetriebe in Preußen und diejenigen 
außerpreußischen Betriebe, die in Preußen eine 
Zweigniederlassung, Ein= oder Verkaufsstätten 
haben, und zwar nach Maßgabe ihres Betricbs- 
umsangs. Die Besteucrung des Gewerbebetriebs 
besonders geregelt. Von der GewsSt sind be- 
freit: Gewerbebetriebe mit einem Jahres- 
ertrag von weniger als 1500 Mk. oder einem An- 
lage= und Betriebskapital von weniger als 3000 
Mark, der Betrieb der Land= und Forstwirtschaft 
mit ihren Nebengewerben und Ausbentungen, 
des Bergbaus und der Eisenbahnunternehmun- 
gen sowic die Ausübung sonstiger, gewinnbringen- 
der Beschäftigung (der sog. liberalen Berufsarten). 
Ferner find von der Gew St ausgenommen die 
Betriebe des Reichs und des preußischen Staats, 
dic Reichsbank, die landwirtschaftlichen Kredit- 
verbände und öffentlichen Versicherungsanstalten, 
die Kommunalverbände für gewisse von ihnen 
betriebene gewerbliche Unternehmungen, Vereinc, 
Genossenschaften und Korporationen, die ihre ge- 
werbliche Tätigkeit auf den Kreis ihrer Mitglieder 
beschränken, u. dgl. m. 
1. Die steuerpflichtigen Gewerbebetriebe werden 
nach ihrem Jahresertrag oder nach ihrem Anlagc- 
und Betriebskapital in 4 Klasscn eingoeteilt: 
mit Jahresertrag oder Anlage. u. Betriebskapital 
Klasse von von 
J. über S0 U0 MF7. über 1000600 Mt. 
II. 20 000—50 000 Mk. 150 000—1.000 00: Mk. 
III. 4000—22.0 000 Mk. 0 ((U— 150 000 Mk. 
IV. 1 500— 4000 Mk. 3000— 30000 Mk. 
Die StSätze in der II. bis IV. Klasse betragen: 
Niedrigster Höchster Mittlerer 
Klasse Satz Satz Steuersatz 
Mk. Mk. Mk. 
II. 156 480 30½ 
III. 31 192 80 
IV. 4 36 16 
Die St Sätze sollen bis 40 Mk. um je 4 Mk., von 
da bis 96 Mk. um je 6 Mk. und weiter bis 192 Mk. 
um je 12 Mk. und bis 480 Mk. um je 36 Mk. stei- 
gend abgestuft werden. 
Die steuerpflichtigen Gewerbebetriebe I. Klasse 
haben als Gew St 10% ihres jährlichen Reinertra- 
ges zu entrichten. Für sie bildet je eine Provinz 
und die Stadt Berlin einen Veranlagungsbezirk. 
Steuergesellschaften. Für die Ver- 
anlagung der Gewerbebetriebe in der II., III. 
und IV. Klasse werden für jede Stlasse aus den 
St Pflichtigen StGesellschaften gebildct. Dabei 
ist der Veranlagungsbezirk für die lI. Klasse der 
Reg Bezirk, für die III. und 1IV. Klasse der Kreis. 
Die StWGesellschaften haben für jedes Veranla- 
gungsjahr den mittleren St Satz (Mittelsatz) so 
oft aufzubringen, als die Zahl der betr. Gewerbe- 
betriebe der StGesellschaft im Veranlagungs- 
bezirk beträgt. 
dann die Unterverteilung der StSumme auf die 
einzelnen Gewerbebetriebe, nach deren indivi- 
dueller Leistungsfähigkeit vorzunchmen. Für ihre 
Differenzierung ist dann der Spielraum zwischen 
Gewerbesteuer (Bayern) 
mit ihren Zwischenabstufungen (s. o.) anzuwen- 
den. Dadurch soll ein Ausgleich und eine Ab- 
schleifung von Härten herbeigeführt werden. 
Die Veranlagung zur GewSt liegt in 
den Händen eines StAusschusses, der aus einem 
Kommissar der Bezirksregierung als Vorsitzendem 
und aus Abgcordneten der betr. St Klasse (St Ge- 
sellschaft) besteht. Das Veranlagungsgeschäft für 
die St Pflichtigen der I. Klasse obliegt gleichfalls 
bs einem zu diesem Zwecke gebildeten St Ausschuß. 
im Umherzichen [(UWandergewerbel ist 
ist zugleich eine Betriebs St von dem Betriebe der 
  
  
2. Betriebssteuer. Durch Gv. 24. 6. 91 
Gast= und Schankwirtschaften und dem Klein- 
handel mit Spirituosen als eine Art Konzessions- 
gebühr eingeführt! worden. Diese Zuschläge zur 
Gewt betragen in der lI. bis IV. Klasse jährlich 
100, 50, 25 und 15 Mk. und 10 Mk., wenn der Ge- 
werbetreibende von der GewSt überhaupt be- 
freit ist. 
Die GewSt wurde durch G v. 14. 7. 93 als 
Staats St außer Hebung gesetzt und ihr Ertrag 
den Gemeinden überwiesen. IJ Gemeindceabga- 
ben &14, oben S 124, 125.) 
II. Wanderge werbesteuer. Der Ge- 
werbebetrieb im Umherziehen 
wurde in Preußen durch G v. 3. 7. 76 besonders 
besteuert. Die St Sätze betragen 6—144 Mk., der 
Durchschnittssatz ist 453 Mk. Maßgebend für die 
Stgestsetzung ist hier der Betriebsumfang. 
Ebenso sind Wanderlager und Wan- 
derauktionen nach G v. 27. 2. 82 einer 
Sonderbesteuerung unterstellt. Die St Sätze be- 
tragen je 30, 40 und 50 Mk., und zwar für die 
Wanderlager wöchentlich und für die Wander- 
auttionen täglich. ( Wanderge werbe.] 
s 3. Bayern. 1. Nach dem „Stenerproviso- 
rium“" v. 13. 6. 1808 wurden die tonzessionierten 
Gewerbe durch die GewSt getroffen. Sie war 
ceine Gewerbeklassen St nach einem Gewerbegat- 
tungs-, Betriebsumfsangs= und Ortsklassentarif 
in 5 Hauptsiusen, von denen jede wieder in 5 
Patentsteuer nachgebildet. 
Innerhalb der StWesellschaft ist 
den niedrigsten und höchsten St Sätzen der Klasse 
Sie war der französischen 
Dagegen waren seit 
den Gv. 15. 4. und 10. 12. 1814 die nicht konzessio- 
nierten („freien“) Gewerbe in den Rlassentarif der 
Familien St und zwar in die 3. Stufe eingereiht. 
Nachdem die Resorm der GewsSt im Jahre 1828 
nicht golungen war, wurde sie durch die Gv. 
28. 5. 52 und 1. 7. 56 neu aufgebaut. Der Klassen- 
schematismus blieb beibehalten und jede Ge- 
werbesteucranlage wurde abermals in Anlehnung 
an das frangösische Muster in eine Normalanlage 
und in eine Betriebsanlage zerlegt, von denen 
jene die steuerpflichtigen Gewerbebetriebe mit 
einem festen Satz nach einem Gew Starif traf 
und die differenzierenden Momente nach Ein- 
wohnerzahl des Orts, Betriebsumfang und tech- 
nischer Cigenart berücksichtigte. In der Hauptsache 
blieb dieser Rechtsstand bis in die neueste Zeit 
(1910) maßgebend. Das G v. 19. 5. 81 hat jedoch 
mancherlei Vrrbesserungen (Ertragsanschlag, stär- 
kere Belastung der Großbetriebe, Umarbeitung 
des St Tarifs usw.) gebracht. Das Gleiche ge- 
schah durch G# v. 9. 6. 99 (Besteucrung nach dem 
Reinortrag für 107 Gewerbe mit degressiven 
St Sätzen, Besteuerung der Warenhäuser, Ver- 
besserung des formellen Rechts). Erst mit der 
letzten StReform v. 1908/10 ist durch G v. 14. 
8. 10 die Gewst auf neue Grundlagen gestellt 
Unterstusen zersfiel.
	        
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