Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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betreffenden Gifte und gifthaltigen Stoffe erfor- 
derliche Sachkenntnis besitzt; außerdem hat er ein 
übersichtliches alphabetisch geordnetes Verzeichnis 
der Gifte, die er führen will, einzureichen; nur 
für diese ist ihm die Genehmigung zu erteilen 
(Nr. 50 Abs 2 der Ausf. Anw z. Gew v. 1. 5. 04, 
MinE v. 7. 1. und 1. ö. 10). In Hessen gelten 
die gleichen Vorschriften (G u. Ausf. V v. 28. 
10. 05 
05). 
Während die Vorschriften über die Genehmi- 
gung und Anzeigepflicht zum GH in den einzelnen 
Bundesstaaten nicht übereinstimmen, sind da- 
gegen diejenigen über den Handel selbst, d. h. 
über die Aufbewahrung und Abgabe 
der Gifte, über den Verkehr mit Unge- 
ziefermitteln und den Gewerbebe- 
triebder Kammer jäger in allen Bundes- 
staaten ein heitlich geregelt, und zwar auf 
Grund eines Bundesrats Beschl v. 29. 11. 94, 
der unter dem 17. 5. 01 und 1. 2. 06 einige Ab- 
änderungen erfahren hat und unter Aufhebung 
aller entgegenstehenden Bestimmungen in allen 
Bundesstaaten auf landesgesetzlichem Wege zur 
Einführung gelangt ist (in Preußen durch die 
jetzt geltende Min Pol V v. 22. 2.06, in Bayern 
durch die Kgl V v. 16. 6. 95, 26. 6. 01 und 13. 
3. 06, in Sachsen durch die Min V v. 6. 2. 95, 
11. 6. 01 und 10. 8. 05, in Württemberg 
durch die Min V#„g v. 4. 6. 95, 19. 6. 01 und 19. 
9. 08, in Baden durch die V v. 27. 2. 95, 25. 
6. 01 und 3. 3. 06, in Hessen durch die V v. 
17. 4. 95, 15. 6. 01 und 6. 3. 06, in Elsaß- 
Lothringen durch die V v. 1. 4. 95, 6. 4. 01 
und 17. 3. 06). 
Als „Gifte“ gelten nach diesen Vorschriften 
die in einem beigefügten Verzeichnis aufgeführten 
Drogen, chemischen Präparate und Zubereitun- 
gen. Das Verzeichnis enthält 3 Abteilungen, von 
denen Abt. 1 die schärfsten, sog. direkten Gifte 
entsprechend Tab. B des Deutschen Arzneibuches 
(z. B. Arsen, Blausäure, Nitroglyzerin, Phosphor, 
Quecksilbersalze (außer Kalomel), Uran sowie die 
stärksten Alkaloide wie Atropin, Curare, Digitalin, 
Strychnin, Veratrin usw.) umfaßt, die beiden 
anderen Abteilungen enthalten dagegen die etwas 
weniger scharf wirkenden Stoffe (Tab. C des 
deutschen Arzneibuches) und zwar Abt. 2 die 
hauptsächlich zu Heilzwecken dienenden (wie Anti- 
febrin, Belladonna-Blätter und deren Zubereitun- 
gen, Bromoform, Chloralhydrat, Chloral, Kokain, 
Kodein, Morphin, Opium und seine Zuberei- 
tungen usw.), Abt. 3 die gleichzeitig zu technischen 
Zwecken benutzten Gifte (wie Bleiessig, Blei- 
zucker, giftige Farben, Kleesalz, Karbolsäure, 
Kresole, Kupferverbindungen, Salpeter-, Salz- 
und Schwefelsäure, Gold-, Silber-, Zink= und 
Zinnsalze usw.). Betreffs der Aufbewahrung 
ist in den 88 2—9 der Vorschriften bestimmt, 
daß die Vorräte von allen Giften übersichtlich 
geordnet, von anderen Waren getrennt, insbe- 
sondere nicht neben Nahrungs= und Genuß- 
mitteln aufgestellt sein und sich in dichten festen, 
mit festen, gut schließenden Deckeln oder Stöpseln 
versehenen Gefäßen befinden müssen. Die Vor- 
ratsge fäße müssen deutlich und dauerhaft bezeich- 
net sein (für die Gifte der Abt. 1 mit weißer 
Schrift auf schwarzem Grunde, für die Gifte der 
Abt. 2 und 3 mit roter Schrift auf weißem Grunde), 
die Aufbewahrung der Gifte der Abt. 1 hat außer- 
  
Gifthandel 
dem in einem verschlossenen Behältnis (Gift- 
schrank) zu erfolgen, der in einem von allen 
Seiten durch feste Wände umschlossenen, nur für 
diesen Zweck bestimmten und stets unter Ver- 
schluß zu haltenden Raume (Giftkammer) 
aufgestellt sein muß. Besondere Vorschriften sind 
dann noch für die Aufbewahrung von Phosphor, 
Kalium und Natrium gegeben; desgleichen ist 
angeordnet, daß zum ausschließlichen Gebrauche 
für die Gifte der Abt. 1 sowie für die der Abt. 2 
und 3 besonderes und in den entsprechenden Far- 
ben bezeichnetes Dispensiergerät (Wagen, 
Messer, Löffel u. dgl.) und in jedem Behälter für 
giftige Farben ein Löffel vorrätig sein muß. Die 
Abgabe von Giften (§5 10—17) darf nur von 
dem Geschäftsinhaber und den von ihm beauf- 
tragten und zuverlässigen Personen und zu einem 
erlaubten gewerblichen, wirtschaftlichen, wissen- 
schaftlichen oder künstlerischen Zwecke erfolgen; 
fehlt dem Abgebenden sichere Kenntnis über diese 
Voraussetzungen, so hat er die Beibringung eines 
Erlaubnisscheines der Ortspolizeibehörde 
zu verlangen. Die Abgabe an Kinder unter 14 
Jahren ist grundsätzlich verboten. Bei der Ver- 
abfolgung von Giften der Abt. 1 und 2 hat der 
Empfänger außerdem einen Giftschein aus- 
zustellen, der ebenso wie das über die Abgabe 
dieser Gifte zu führende Giftbuch 10 Jahre 
aufbewahrt werden muß. Gifte dürfen nur in 
festen, dichten, gut verschlossenen und entsprechend 
bezeichneten Gefäßen oder dauerhaften Umhül- 
lungen abgegeben werden; verboten ist die Ver- 
wendung von Trink= oder Kochgefäßen, Flaschen 
oder Krügen, deren Form die Gefahr einer Ver- 
wechselung des Inhaltes mit Nahrungs= oder Ge- 
nußmitteln herbeizuführen geeignet ist. Bei der 
Abgabe von gifstigen Ungeziefermitteln 
ist jeder Packung eine Belehrung über die mit 
einem unvorsichtigen Gebrauche verknüpften Ge- 
fahren beizufügen ( 18). — Kammerjäger 
unterliegen hinsichtlich der Aufbewahrung von 
Giften den gleichen Vorschriften, nur braucht 
diese nicht in einem besonderen Giftschranke zu 
erfolgen, sondern es genügt für alle Gifte ein 
verschlossener, nur ihnen oder ihren Beauftragten. 
zugänglicher Raum. — Auch auf die Groß- 
handlungen finden die Vorschriften An- 
wendung; nur in bezug auf die Abgabe sind für 
sic einige Erleichterungen vorgesehen. 
Der Handel mit Giften im Umher- 
ziehen ist ebenso wie derjenige mit Arznei- 
mitteln nach § 56 Abs 2 Nr. 9 der GewO grund- 
sätzlich verboten; Zuwiderhandlungen werden 
mit Geldstrafe bis zu 150 Mark bestraft (5 148 
Nr. 7a). 
Der Transport von giftigen Stof- 
fen ist, soweit er auf den Eisenbahnen 
erfolgt, durch die deutsche Eisenbahnbetriebs O 
v. 28. 12. 08 VIII § 54b Anlage B IV und V 
einheitlich für das ganze Reich geregelt; sie gibt 
genaue Vorschriften über die Art der Verpackung 
(starke, dichte, sicher verschlossene Gefäße, die 
weder durch den Inhalt angegriffen werden, 
noch ein Verstreuen, Verstäuben oder Auslaufen 
des Inhalts gestatten), der Bezeichnung (deut- 
liche und dauerhafte Angabe des Inhalts unter 
Beifügung des Wortes „Gift“), der Beförderung 
und anderes mehr.
	        
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