Haftung Dritter (rechtliche Eingliederung)
der Strafansprüche gegen den Täter und gegen
den Teilnehmer, derzufolge durch Befriedigung
des einen Anspruchs auch der andere erlischt;
bei der subsidiären H. ferner die Bedingtheit des
Strafanspruchs gegen den Teilnehmer durch die
Nichtbefriedigung des Strafanspruchs gegen den
eigentlich Schuldigen. Anomal ist endlich, daß die
Beihilfe auch wenn nur durch Unterlassung be-
gangen (Nichtverhinderung des Delikts) und auch
wenn nur fahrlässig begangen, strafbar ist. In-
dessen wird sich schwerlich behaupten lassen, daß
diese Umstände mit der Strafnatur der H. gerade-
zu unvereinbar wären. Daß von 2 Strafansprü-
chen der eine durch Befriedigung des anderen mit-
untergeht oder der eine durch Nichtbefriedigung
des anderen bedingt erscheint, mag irrationell,
die Ausdehnung der Strafbarkeit auf negative und
fahrlässige Teilnahme mag ungewöhpnlich sein.
Ein wirklicher Widerspruch gegen die Grundlagen
des Strafrechts liegt darin aber nicht.
Demnach sind die hier in Rede stehenden Haf-
tungsgesetze in Strafgesetze überzuführen, die als
Ergänzung zu § 49 StGm, sich etwa auf folgendes
Schema bringen lassen:
.In den Fäallen eines Zolldelikts usw. wird derienige,
der schuldhaft an einem solchen durch Tat oder durch Unter-
lassung teilgenommen hat, mit der Geldstrase, die der Haupt-
täter (loder — im Falle der Teilnahme 2. Grades: der Teil-
nehmer 1. Grades) verwirkt hat, belegt, falls diese Geld-
strase nicht von dem eigentlich Schuldigen erlegt wird“
(so bei subsidiärer Haftung); oder
„In den Fällen usw. wird der Teilnehmer (nähere An-
gabe wie oben) mit der den eigentlich Schuldigen tressen-
den Geldstrase derart mitbelegt, daß beide solidarisch dafür
haften“ (so bei Solidarhaftung).
(Das Schema wäre dann natürlich für die ein-
zelnen Haftungsfälle durch Aufnahme der wei-
teren, namentlich der Persönlichkeitserfordernisse
— Eltern, Vormünder usw. — zu spezialisieren.)
5) Bei der zweiten Gruppe von
Haftungsfällen muß dagegen die straf-
rechtliche Erklärung abgelehnt werden. Hier
könnte es sich, wenn überhaupt um Strafe, dann
nur um die Figur der „Strafe ohne Schuld"
handeln. Solche kennt nun zwar (leider) das gel-
tende Recht immer noch als einen Ueberrest von
Barbarei, auf den aber die Auslegung nur da
hinauskommen darf, wo andere Erklärungsver-
suche versagen. In den einschlägigen Fällen ist
es nun recht wohl möglich, eine Erklärung außer-
halb des Strafrechts zu geben. Zwar die H. des
Dritten für die Geldstrafe für ein zivilrechtliches
Institut, etwa als gesetzlich ausgezwungene Bürg-
schaft, zu erklären, geht nicht an. Denn nicht aus
dem bürgerlichen Rechtsverkehr Gleichgeordneter
entspringt der Anspruch, sondern aus dem öffent-
lichen Interesse. Genauer gesagt aus dem In-
teresse an möglichster Stärkung der Staats-
finanzen. Dies liegt schon darum zutage,
weil es sich durchweg nur um H. auf Geld-
jahlung oder (bei der H. nur mit einem Schiff,
oben 3J2 Z 1b) auf ein geldwertes Objekt handelt.
Im Interesse der Staatsfinanzen würde es un-
liebsam empfunden werden, wenn der von der
Geldstrase erhoffte, wenn auch nicht ihr Wesen
bildende Gewinn zum lucrum cessans würde,
und um gegen den Ausfall sichergestellt zu sein,
greift sich der Staat neben dem Geldstrafzahlungs-
schuldigen einen solid|arisch oder subsidiär verhaf=
teten Dritten. Ob sich dies mit unseren Anschau-
ungen von Gerechtigkeit vereinigen läßt, ist hier
nicht zu prüfen. Jedenfalls sollte es nicht
verschleiert werden, daß ohne den fiskalischen Ge-
sichtspunkt schwerlich jiemand auf den Gedanken
verfallen wäre, unschuldige Dritte für die Geld-
strafen Schuldiger mit= oder nachhaften zu lassen.
Damit ist zugleich der H., soweit sie nicht Ver-
schulden voraussetzt, ihre Stelle im Rechtssystem
angewiesen: sie ist eine rein ver waltungs-
rechtliche Erscheinung, genauer gesagt eine
solche des öffentlichen Vermögensrechts. Die dem
Individuum auferlegte Zahlung ähnelt einer
Steuerleistung. Es handelt sich um Deckung
eines Aussalls, die an sich die Gesamtheit
der Steuerzahler träfe. Ist der Staat aber nicht
gesonnen, den Betrag auf Alle umzulegen, und
hält er nach Einzelnen Umschau, die er mit der
Leistung belasten könnte, so fällt erklärlicherweise
der Blick zunächst auf die Umgebung des Täters,
Angehörige, Dienstherren usw.
Entgegen der hier vertretenen Auffassung, die
die auf Verschulden gegründete H. dem Straf-
recht, die vom Verschulden unabhängige dem
VerwzRecht zuweist, wird meist die H. für Geld-
strafe in toto entweder als verwaltungsrechtliche
oder als strafrechtliche Erscheinung aufge faßt.
Eine andere Auffassung (Goldschmidt) sucht den
Strascharakter der H. auch bei Fehlen der Schuld
durch die Konstruktion zu retten, daß es sich nicht
um eine „strafrechtliche Strafe“, sondern um eine
„verwaltungsrechtliche Strase“, eine „Verwal-
tungsstrafe“ handle. Aber die Theorie von der
„Verwaltungsstrafe“, die, neben anderen Eigen-
tümlichkeiten, namentlich eine schuldhafte Tat
nicht voraussetze, ist nur geeignet, die Sachlage
zu verschleiern, indem sie ebenso willkürlich wie
mißbräuchlich den Namen „Strafe“ für eine Er-
scheinung verwendet, die gerade ein völliges aliud
ist. Und wenn dann diese Verw Strafe im Gegen-
satz zur „Justizstrafe“" unter den höheren Begriff
der „Selbsthilfe der Verwaltung" gebracht wird,
so wird dadurch nicht nur nichts erklärt, sondern
der angebliche „Straf“-Charakter erst recht ad
absurdum ge führt.
Auch die Deutung der H. als einer strafrecht-
lichen sormellen „Garantenhaftung“ (Oetker)
vermag nicht zu befriedigen. Diese Lehre
geht dahin, daß der Dritte zwar nicht mit
einer Rechtspflicht, das Delikt zu hindern,
durch den Staat belastet, und zwar nicht in Ge-
stalt der H. für eine Rechtspflichtverletzung ge-
straft werde, daß aber die H. Vorschriften an das
eigene Interesse des Dritten appellierten und ihn
so zum „Garanten" gegen die Deliktsbegehung
machten, mit der Folge, daß er gegebenenfalls
einfach Strafe wegen Nichthinderung im Sinne
der rein relativen Strafrechts-(Präventions-Thoeo-
rien erleide. Aber dieser Garantiegedanke würde
doch unerklärt lassen, weshalb der Garant nur
dafür einstehen soll, daß die in Frage stehenden
Verfehlungen nicht schuldhaft und straf-
bar begangen werden; denn das Interesse des
Staates geht doch schlechtweg dahin, daß die
betr. Becinträchtigungen objektiv unter-
bleiben. Unerklärt würde ferner bleiben, weshalb
der Staat nicht bei den ungleich wichtigeren De-
likten, die Freiheits- oder Todesstrafe nach sich
zichen, Garanten aufstellt, die für Nichthinderung