Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

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abgesehen von politischen Rechten — der Aus- 
länder sldem Inländer gleichgestellt wird. Be- 
schränkungen der Ausländer als solcher in der 
Wahl ihres Aufenthalts und ihrer Bewegungs- 
freiheit kommen nur als Ausnahmen vor. Ein ge- 
sicherter, durch die Gesetze geschützter H Verkehr 
läßt sich daher zwischen den Kulturvölkern auch 
ohne HV durchführen. 
Nach der Art der Abmachungen über die Zoll- 
verhältnisse unterscheidet man reine Meist- 
begünstigungsverträge und Tarif- 
verträgesz die letzteren pflegen zugleich die 
Zusicherung der Meg zu enthalten. 
a) Reine Meistbegünstigungsverträge 
sind solche, bei denen die vertragschließenden 
Staaten sich verpflichten, die Einfuhr des andern 
Teils keinen höheren Zöllen und keinen ungünsti- 
geren Bedingungen zu unterwerfen als die Ein- 
fuhr aus irgend einem dritten Staate. Die Meg 
gewährt sonach dem Staat, dem sie eingeräumt 
ist, die Sicherheit, daß seine Einfuhr in dem Ver- 
tragsstaate mit den gleichartigen Waren dritter 
Staaten unter gleichen Bedingungen in Wett- 
bewerb treten kann. Dagegen bleibt die Bemes- 
sung der Zölle uneingeschränkt der inneren Ge- 
setzgebung des andern Vertragsstaats überlassen; 
dieser kann den Vorsprung, den er der eigenen 
Gütererzeugung gegenüber dem ausländischen 
Wettbewerb gewähren will, nach freiem Er- 
messen bestimmen und auch während der Ver- 
tragsdauer nach Belieben erhöhen. Die Meg 
hat zur Folge, daß Zollzugeständnisse, die während 
der Dauer des Vertrags einem dritten Staate ge- 
macht werden, ohne weiteres dem meistbegünstig- 
ten Staat zugute kommen, eben weil dieser den 
besitzt, daß seine Wareneinfuhr nicht un- 
als die eines dritten Staates behandelt 
darf. Ist die Meg nicht für die ganze 
Einfuhr, sondern nur für eine beschränkte Zahl 
von Waren vereinbart worden, so spricht man von 
beschränkter Meg. In diesem Verhält- 
nis steht z. B. Kanada zum Deutschen Reiche. 
Eine Abart der Meg Verträge sind die Rezi- 
prozitätsvertäge, wie sie namentlich von 
den Vereinigten Staaten von Amerika abge- 
schlossen worden sind. Nach diesem System fallen 
nur solche Zugeständnisse, die einem dritten 
Staate ohne Gegenleistung gemacht sind, dem 
andern Vertragsteile von selbst zu. Sind sie hin- 
gegen durch Gegenzugeständnisse erkauft worden, 
so hat der andere Vertragsteil lediglich den An- 
spruch, diese Zugeständnisse auch seinerseits durch 
entsprechende Gegenleistungen zu erwerben. 
b) Tarifverträge sind solche, bei denen die 
Vertragsstaaten für eine Anzahl von Positionen 
ihres Zolltarifs für die Vertragsdauer dem andern 
Vertragsteil gegenüber ihre Tarifantonomie be- 
schränken. Das kann durch „Bindung“" von Zoll- 
positionen des autonomen Tarifs geschehen. Die 
Bindung einer zollfreien Position hat die Wir- 
kung, daß während der Vertragsdauer dem andern 
Teil gegenüber die Zollfreiheit nicht beseitigt, die 
Bindung eines Zollsatzes, daß dieser während der 
Vertragsdauer nicht erhöht werden kann. Ferner 
können in einem Tarifvertrag von der autonomen 
Regelung abweichende Tarifpositionen geschaffen 
werden, sei es daß für eine autonom zgollpflichtige 
Ware Zollfreiheit bewilligt, sei es daß ein auto- 
nomer Zollsatz vertragsmäßig herabgesetzt wird. 
  
  
   
Handelsverträge (Inhalt) 
  
Die vorerwähnte Wirkung der Bindung der Zoll- 
freiheit oder eines Zollsatzes tritt in gleicher Weise 
für die durch den Vertrag begründeten Zollfrei- 
heiten und ermäßigten Zollsätze ein. Schließlich 
kommt es vor, daß ein Staat zwar Ermäßigung 
und Bindung eines Zollsatzes, sowie Bindung der 
Zollfreiheit ablehnt, sich aber der Verpflichtung 
unterwirft, bei Erhöhung des Zollsatzes oder Ein- 
führung eines Zolls eine vertragsmäßig festge- 
setzte Obergrenze nicht zu überschreiten (Relative 
Bindung). 
Der internationale H sowie die Ausfuhrindu- 
strie haben ein lebhaftes Interesse daran, daß die 
durch einen HV und namentlich durch einen Tarif- 
vertrag geschaffenen Einfuhrbedingungen auf län- 
gere Zeit festgelegt werden, um für einen größeren 
Zeitraum mitsicheren Verhältnissen rechnen zu kön- 
nen. Auch ist es für diese Erwerbszweige von 
Wert, daß die vereinbarten Bedingungen des 
Güteraustauschs nicht plötzlich ein Ende nehmen, 
sondern erst nach Ablauf einer Frist, in der sich 
H und Industrie auf die bevorstehenden Aende- 
rungen vorbereiten können. Aus diesem Grunde 
pflegen Tarifverträge auf längere Zeiträume — 
in Deutschland sind 12 Jahre üblich — geschlossen 
und es pflegt allgemein vereinbart zu werden, daß 
dem Ablauf eines Vertrags eine Kündigung vor- 
ausgehen muß, für die eine bestimmte längere 
Frist — meist zwölf Monate — vorgzesehen ist. 
#62. Inhalt der Handelsverträge. I. Hinsichtlich 
des Stoffs, der den Inhalt der HV der Kultur- 
völker bildet, hat sich im Laufe der Zeit eine ge- 
wisse Uebereinstimmung herausgebildet. Die Ver- 
träge beschränken sich meist nicht auf die Regelung 
des Warenaustauschs, sondern treffen 
auch über Verkehrsbeziehungen Bestimmung, 
insbesondere zwecks gegenseitiger Sicherung der 
ungestörten Ausübung der Schiffahrt; und 
führen dann regelmäßig die Bezeichnung „Han- 
dels- und Schiffahrtsverträge“. Ferner ist es 
üblich, in die HV. Bestimmungen aufzunehmen, 
die den Angehörigen des einen Staats allgemein, 
auch wenn sie am H nicht beteiligt sind, in dem 
Gebiete des andern eine gesicherte Rechts- 
stellung gewährleisten. Dem Texte des HB 
wird häufig noch ein „Schlußprotokoll“ angefügt, 
in dem Nebenpunkte oder Erläuterungen zu ein- 
zelnen Vertragsbestimmungen oder auch Abwei- 
chungen von dem im Vertrage festgelegten Grund- 
sätzen Aufnahme finden. Punkte, die sich weder 
dem Vertrage noch dem Schlußprotokoll ohne 
Zwang eingliedern, werden gelegentlich auch in 
der Form eines „Notenaustauschs“ geordnet, der 
im Zusammenhang mit dem Vertragsabschlusse 
erfolgt. 
Bei Tarifverträgen pflegen die Zugeständnisse 
auf tarifarischem Gebiete, die jeder der beiden 
vertragschließenden Teile macht, in der Form 
von Vertragstarifen niedergelegt zu 
werden; jeder der beiden Vertragstarife enthält 
diejenigen Positionen des entsprechenden auto- 
nomen Tarifs, für welche Zollzugeständnisse ge- 
macht sind, unter Aufführung dieser Zugeständnisse 
Ein Tarifvertrag zerfällt hiernach in der Regel 
in folgende Bestandteile: Vertragstext, dazu ge- 
höriges Schlußprotokoll, die beiden Vertragstarife, 
die gewohnheitsmäßig Anlagen zu dem Vertrags- 
text bilden. 
II. Nachstehend sollen die Punkte angedeutet wer- 
 
	        
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