Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Heimatrecht (Bayern) 
  
— — — — —„ 
  
gemacht worden ist. Zuständig zur Feststellung 
dieses Tarifs ist der Gemeinderat, für dessen Be- 
schluß die Genchmigung der vorgesetzten Distrikts- 
verwaltungsbehörde erforderlich ist. Ergeben sich 
an den Grundlagen der Berechnung wesentliche 
Aenderungen, welche eine nachhaltige Minderung 
der Heimatgebühren zur Folge hätten, so kann die 
vorgesetzte Behörde eine Revision des Tarifs an- 
ordnen. Dem Gemeinderate steht es frei, die 
tarifmäßigen Gebühren ganz oder teilweise zu er- 
lassen, oder Fristenzahlungen zu gestatten, in wel- 
chem letzteren Falle das H. mit Bezahlung der 
ersten Rate erworben wird. Wenn in einer Ge- 
meinde die eventuelle Anteilnahme an Stiftungen 
oder Wohltätigkeitsanstalten bei Feststellung des 
Tarifs in Anschlag gekommen ist, so hat ein ver- 
hältnismäßiger Teil der Heimatgebühr in die Kas- 
sen der betreffenden Stiftungen oder Anstalten 
zu fließen. Angehörige des bayerischen Staates, 
welche nach 7jährigem Aufenthalte in der Ge- 
meinde das H. erwerben, sind von der Entrichtung 
der Heimatgebühr befreit, wenn sie während 
voller 7 Jahre ununterbrochen in dieser Gemeinde 
als Dienstboten, Gewerbsgehilfen, Fabrikarbeiter 
oder Lohnarbeiter sich ernährt haben und zu einer 
srbileitsstrale richterlich nicht verurteilt worden 
ind.“ 
#5. Berlust der wirklichen Heimat tritt ein: 
a) durch Erwerb einer neuen Heimat, b) durch Ver- 
lust der bayerischen Staatsangehörigkeit, c) bei 
Frauen durch Verehelichung mit einem Heimat- 
losen, d) durch Untergang der Gemeinde. 
Wiederaufhebung des Heimaterwerbs durch die 
Gemeinde ist nur nach pfälzischem Rechte in dem 
Falle möglich, wo ein Pfälzer die Heimat durch 
einseitige Erklärung erworben hat. „Binnen Jah- 
resfrist nach dem Eintritte dieses Heimaterwerbes 
kann durch den Gemeinderat der neuen Heimat- 
gemeinde die Wiederaufhebung des neuen H. be- 
schlossen werden, wenn der neue Heimatangehörige 
während jener Frist öffentliche Armenunterstützung 
angesprochen oder erhalten hat.“ „Mit dem Tage, 
an welchem der Beschluß rechtskräftig geworden 
ist, atitt das frühere H. wieder in Wirksamkeit" 
a 
). 
z 6. Heimatlosigleit und vorläufige Heimat. 
Heimatlos ist, wer keine nachweisliche Heimat oder 
nachweislich keine Heimat hat. Das Heimatgesetz 
bestimmt bezüglich der Heimatlosen folgendes: 
à 16: „Kann die Heimat einer in Bayern betre- 
tenen Person nicht ermittelt werden, so ist diese 
Person durch die zuständige Behörde vorläufig 
einer Gemeinde zuzuweisen, welche dann so lange 
als Heimatgemeindec gilt, bis die wirkliche Heimat 
festgestellt oder eine neue erworben ist. Hierbei 
ist nach solgenden Grundsätzen zu verfahren: 
a) Findelkinder soilen ihre vorläusige Heimat 
in jener Gemeinde haben, in deren Markung sie 
gefunden wurden; 
b) andere heimatlose Personen sind derjenigen 
Gemeinde zuzuweisen, in welcher sie sich während 
der den Heimatrecherchen unmittelbar voraus-= 
gehenden fünf Jahre zuletzt mindestens 6 Monate 
freiwillig und ununterbrochen aufgehalten haben; 
Jßc) wenn die unter a und b erwähnten Voraus- 
setzungen nicht gegeben sind, insbesondere auch 
wurde, keiner Gemeindemarkung angehört, so ist 
eine Gemeinde des Verw Bezirkes, in welchem das 
  
Kind gefunden oder der Heimatlose zuletzt betreten 
wurde, als vorläufige Heimat zu bestimmen. 
Bundesangehörige, welche in den bayerischen 
Staatsverband aufgenommen worden sind, be- 
sitzen, so lange sie nicht eine wirkliche Heimat nach 
Maßgabe des Gesetzes erworben haben, die vor- 
läufige Heimat in jener Gemeinde, in welcher sie 
sich zur Zeit ihrer Aufnahme niedergelassen hatten. 
Beamte und öffentliche Diener, welche gemäß 
9#l des Gesetzes über die Erwerbung und den Ver- 
lust der Bundes= und Staatsangehörigkeit v. 1. 6. 
1870 die bayerische Staatsangehörigkeit erlangten, 
besitzen, so lange sie nicht eine wirkliche Heimat 
nach Maßgabe des H erworben haben, die vor- 
läufige Heimat in der Gemeinde ihrer Anstellung 
und wenn der Anstellungsort nicht in Bayern 
gelegen ist, in der Gemeinde, in der die nächst- 
höhere in Bayern befindliche Dienstbehörde ihren 
Sitz hat"“. 
à 17: „Die Bestimmungen des Abs 1 und II 
des vorstehenden Artikels finden auch auf Nicht- 
bayern Anwendung, so lange deren Wegweisung 
aus dem Staatsgebiete nicht möglich ist. Falls 
solche Personen früher in Bayern heimatberech- 
tigt waren, sind sie jener Gemeinde zuzuweisen, 
in welcher sie zuletzt das H. hatten.“ 
à 18: „Der auf Grund vorstehender a 16 und 17 
einem Manne angewiesenen vorläufigen Heimat 
folgt auch seine Ehefrau, außer wenn die eheliche 
Gemeinschaft nach § 1575 BGB aufgehoben ist. 
Kinder, die noch keinen eigenen Hausstand haben, 
teilen die ihren Eltern angewiesene Heimat.“ 
Verlust der vorläufigen Heimat tritt für Staats- 
angehörige ein durch Ermittelung der wirklichen 
Heimat, durch Erwerb einer solchen und durch Ver- 
lust der Staatsangehörigkeit; für Landesfremde 
durch Erwerb der Staatsangehörigkeit und durch 
Eintritt der Möglichkeit ihrer Wegweisung. (Aus- 
weisung Band 1 S. 285)s. 
8 7. Berfahren in Heimatsachen. Die Ber- 
leihung der Heimat geschieht durch die Gemeinde- 
behörde (a 22 und 9). Ueber die Gebührenpflicht 
s. Heimatgesetz a 13. 
Die Ausmittelung der Heimat, sowie die An- 
weisung einer vorläufigen Heimat ist Amtssache. 
Zuständig ist nach a 20 jene Distriktsverwaltungs- 
behörde, in deren Bozirk die Person, über deren 
Heimat sich Zweifel ergeben haben, ihren Wohn- 
sitz oder bei Ermangelung eines festen Wohnsitzes 
den Aufenthalt hat, oder in deren Bezirk die be- 
treffende Person gesunden oder zuletzt betreten 
wurde, und wenn keine dieser Voraussetzungen 
zutrifft, jene Dienstbehörde, in deren Bezirk die 
Heimat angesprochen wird; in München ist die 
Pol Direktion zuständig. Die Entscheidung ist nach 
Vernehmung sämtlicher Beteiligter zu erlassen. 
Streitigkeiten über Erwerb und Bestand der 
wirklichen und der vorläufigen Heimat sind Ver- 
waltungsrechtssachen (G v. 8. 8. 78 Aà 8 Ziff. 26). 
Erste Instanz ist regelmäßig die oben bezeichnete 
Distriktesverwaltungsbehörde, bei Streitigkeiten 
über Heimatverleihung oder Wiederaufhebung der 
Heimat die der beklagten Gemeinde vorgesetzte 
Distriktsverwaltungsbehörde, bezw. (bei unmittel- 
baren Städten) Kreisregierung, Kammer des 
Innern (Heimat G a 23, 24, 29 Abs 6). 
dann, wenn der Platz, wo ein Findelkind gefunden 
stanzen des verwaltungsrechtlichen Verfahrens 
[Verwaltungsgerichtsbarkeit in Bayernl. 
Der Rechtszug geht zu den gewöhnlichen In-
	        
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