Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Hilfskassen 
  
Diese Sonderstellung, besonders gegenüber dem 
VW0, erwies sich immer mehr als verhängnisvoll. 
Denn hierdurch hatte man für die H. auf die An- 
wendung des für die privaten Versicherungsunter- 
nehmungen maßgebend gewordenen Systems der 
materiellen, auf die Solidität des Unternehmens 
gerichteten Konzessionsprüfung und Beaussichti- 
gung verzichtet und es für sie bei einer Zulassung 
und Aufsicht belassen, welche sich im wesentlichen 
auf die Beobachtung gewisser formaler Vorschrif- 
ten des Gesetzes zu beschränken hatte. Durch dieses 
letztere System aber wurden vielfach sog. Schwin- 
delkassen großgezogen, die nur der Ausbeutung 
der Mitglieder durch Gründer und Vorstände dien- 
ten (vgl. das Material in Anl. 2 zu Nr. 683 der 
R:Drucksachen 1909/11). Diesen Mißständen 
konnte nur durch Aufhebung des H. Gesetzes und 
Unterstellung der H. unter das VA## durchgreifend 
begegnet werden; aber erst nach zwei fruchtlosen 
Entwürfen von 1905 und 1907 (RhUDrucks. Nr. 29 
für 1905/6 und Nr. 401 für 1907) ist das RE 
betr. die Aufhebung des H. Gesetzes (Aufh G) 
v. 20. 12. 11 (RSnl S 985) erlassen worden 
(Entw. Drucks. 1909/11 Nr. 683; Komm B Nr. 1162; 
StBer 164. 165. 213. 217. Sitzung). Indem dieses 
Gesetz der Anwendung des VA und (nach den 
Beschlüssen des RT) auch des VVW auf die H. 
den Weg bereitete und dieselben dadurch zu pri- 
vaten Krankenversicherungsvereinen auf Gegen- 
seitigkeit (K VVas) gestaltete, hat es doch durch 
eine Reihe von Bestimmungen auch innerhalb 
dieses Rahmens ihren berechtigten Sonderinter- 
essen Rechnung getragen. 
Das Inkrafttreten des Gesetzes wurde von 
Kaiserlicher Verordnung abhängig gemacht (§5 11). 
Nur eine Bestimmung, die die Auflösung und 
Fusion von H. und ihre Liquidation der Geneh- 
migung und Aufsicht der Versicherungsaufsichtsbe- 
hörden unterstellte, wurde mit sofortiger Wirkung 
bekleidet. Die vorbehaltene Verordnung ist dann 
unterm 13. 5. 12 ergangen und danach das Aufh G 
in seinem vollen Umfange am 1. 6. 12 in Kraft ge- 
treten. 
IV. Sehr tiefgreifend ist endlich auch der Ein- 
fluß, den die RVO auf die Stellung der ein- 
geschriebenen H. als „Ersatzkassen" (§ 503 ffh 
ausüben wird. Danach sollen neue Ersatzkassen 
überhaupt nicht mehr zugelassen werden und auch 
die weitere Zulassung der bereits als solche fungie- 
renden eingeschriebenen H. ist von einer Reihe 
besonderer Voraussetzungen abhängig gemacht. 
Auch die rechtliche Bedeutung des „Ersatzes“ ist 
geändert: die Mitgliedschaft bei der Ersatzkasse 
befreit nicht mehr in vollem Umfange von 
der Zugehörigkeit zu den Reichskrankenkassen, son- 
dern läßt nur auf Antrag ein Ruhen der Rechte 
und Pflichten des Versicherungspflichtigen selbst 
(nicht auch seines Arbeitgebers) bei denselben ein- 
treten. Hiernach werden in Zukunft die K VVa# 
ihren Schwerpunkt wesentlich in ihrer Eigenschaft 
als Kassen für nichtversicherungspflichtige Personen 
oder als Zuschußlassen für Versicherungspflichtige 
zu finden haben. 
V. Neben den reichsgesetzlich geregelten einge- 
schricbenen H. bestehen in einem immer mehr 
zurückgehenden Umfange (1907: 151 Kassen, 
darunter 94 in Elsaß-Lothringen) noch andere 
Krankenunterstützungsvereine ohne reichsgesetz- 
  
  
Landesrechts, sog. kandesrechtliche H. Das 
Krank VG ließ auch sie, aber unter gewissen beson- 
deren Bedingungen, insbesondere unter Voraus- 
setzung staatlicher Genehmigung (§ 75 Abf 4) als 
Ersatzkassen zu. Auch das VA nahm die „in 
875 Abs 4 des Krankenversicherungsgesetzes bezeich- 
neten“ (zu Ersatzkassen geeigneten) landesrechtlichen 
H. von seinen Bestimmungen aus und das VVG 
ließ ihretwegen die landesgesetzlichen Vorschriften 
unberührt (5 191). Das AufhG ergreift dieselben 
nicht, gleich den eingeschriebenen H., zwin- 
gend, sondern überläßt es den Landesregie- 
rungen, sie dem Gesetz zu unterstellen und die 
nötigen Durchführungsbestimmungen zu treffen 
(12 Abs 2). Als Ersatzkassen werden landesrecht- 
liche H. von der RVO überhaupt nicht zugelassen. 
Nach alledem kann bei der folgenden Dar- 
stellung des neuesten Rechts das Recht der landes- 
rechtlichen H. als ziemlich unbedeutend außer Be- 
tracht bleiben (vgl. z. B. die preuß. Min Bek 
v. 16. 3. 12 in den Veröffentlichungen des Kais. 
Aufsichtsamts für Privatversicherung Bd. 11 
S 48). Das Recht der Ersatzkassen wird im Zu- 
sammenhange des Art. Krankenversicherung [Ube- 
handelt werden. Es verbleibt danach für den vor- 
liegenden Art. das nach dem Aufh #G bestehende, 
allgemeine Recht der K Vac, soweit sich dasselbe 
rer dem Recht des VAG und VVBG eigentümlich 
abhebt. 
8 2. Geltendes Recht. I. Mit dem 1. 6. 12 ist 
das R über die eingeschriebenen H. v. 7. 4. 
76 und 1. 6. 84 gänzlich ausgehoben (§ 1 Aufh G). 
Die nach demselben geführten Register werden 
geschlossen; neue H. können nicht mehr zugelassen 
werden. Die bestehenden H. verlieren diese 
ihre Bezeichnung und ihre besondere Rechts- 
stellung als solche und treten von selbst als private 
K VVac unter das VA (7*2 Abs 1 Aufhe). 
Doch bedürfen sie zur Fortsetzung ihres Geschäfts- 
betriebs in den Grenzen der bis- 
herigen Zulassun g keiner neuen Erlaub- 
nis nach dem VAG. Ueber ihre weitere Zulassung 
als Ersatzkassen, die sich lediglich nach der RVO 
und ihrem E bestimmt, ist damit aber keineswegs 
entschieden (#59 Aufh G). Auch sind sie gemäß 
+ 101 V2W# gehalten, ihre Satzungen, soweit 
nötig und nach dem Aufh# erforderlich, den Vor- 
schriften des VAcG#azupassen. Ihre Beaufsich- 
tigung wird von nun an durch die nach dem VA## 
zuständigen Aufsichtsbehörden, das Kais. Aufsichts- 
amt oder Landesbehörden (52, 3 BA), geführt 
(Rundschr. d. Aufsichtsamts v. 29. 5. 12, Veröff. 
S 48). Neue KVVac# bedürfen der Zulassung 
zum Geschäftsbetriebe nach den regelmäßigen 
Normen des VAl # 4 ff. Dabei sind aber in 
84 Abs 1 Aufh überflüssigerweise Bestimmungen 
getroffen worden, durch welche verhütet werden 
soll, daß mißbräuchlich politische oder religiöse Mo- 
tive der Zulassung entgegengestellt werden. Die 
gleiche Sicherung ist gegenüber einem Mißbrauch 
der Aufsicht getroffen worden (§ 4 Abs 2 Aufh G). 
Da hiernach eingeschriebene Hilfskassen überhaupt 
nicht mehr existieren werden, ist weiter bestimmt, 
daß die von ihnen redenden Vorschriften der 
Reichs= und Landesgesetze, z. B. § 4 Abs 1 Nr. 3 
des Gesetzes betr. das Reichsschuldbuch, der ihre 
Eintragung als Gläubiger in dasselbe regelt, von 
nun an auf die zugelassenen K VVa bezogen 
  
  
liche Zulassung und Einschreibung auf Grund des werden sollen (§ 3 Aufhe#).
	        
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