410
Hinterlegungswesen (III. Sachsen, IV. Württemberg)
um so mehr Beachtung, als es sich dabei um einen
außerordentlich hohen Jahresumsatz und eine dem
Verkehr besonders förderliche Tätigkeit handelt.
. Hinterlegungsgebühren. Nach der V v.
25. 12. 99 (GVBl 1235) werden für die H von
Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten bei den
amtsgerichtlichen HS#t und den Notariaten beson-
dere HGebühren zur Staatskasse erhoben. Die
Notare ihrerseits erhalten daneben HGebühren
nach à 97—103 Notariatsgebühren O v. 28. 12. 99
(Gl 1183) und den Novellen dazu v. 4. 7. 03
(GVl 381).
Literatur: Habel, 5Ordnung, 1903; Krais,
9Vder inneren Berwaltung", 1897, Bd. 1, 36 ff; Pech-
mann---Brettreich, Wirkungskreis der Distriktsver-
waltungsbehörden", 1890, Bd. 1, 71; Stokar-Hock,
HB der Finanzverwaltung" 1, 242; Kaisenberg-=
Dennler, Kommentar zum Notariatsgesetz S 42 f, 311 f;
Bayerische Justizstatistik 1910. Schmitt.
III. Sachsen
Sachsen hat das HW im # 4 des G, die Aus-
führung des B# B v. 18. 8. 06 und des Es zum
BGB betreffend, v. 18. 6. 98, in den ### 102 bis
118 des G zur Ausführung einiger mit dem BGB
zusammenhängender Reichsgesetze, v. 15. 6. 00
und in den #§ 63 bis 70 der V zur Ausführung
der Gesetze über die Angelegenheiten der frei-
willigen Gerichtsbarkeit und des HW, v. 16. 6. 00
geordnet und damit eine andere fühlbare Lücke
seiner Gesetzgebung ausgefüllt.
Hinsichtlich des Kreises der hinterlegba-
ren Sachen ist Sachsen nicht über 8 372 BGB
hinausgegangen. Hinterlegbar sind daher nur
Geld, Wertpapiere, sonstige Urkunden und Kost-
barkeiten. Einschränkungen, die die Geschäftsord-
nung für die Justizbehörden in dieser Richtung
enthält, sind mit dem Gesetz nicht vereinbar.
Hinterlegungsstellen sind die Amts-
gerichte. Vorschriften über örtliche oder sachliche
Zuständigkeit bestehen nicht; jedes Amtsgericht
ist, sofern die formalen Erfordernisse erfüllt sind,
zur Annahme von Sachen zur H verpflichtet.
Verfahren. Es finden die Vorschriften in
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
über Richteramt, Rechtshilfe, Verhinderung eines
Gerichts, Ausschließung eines Richters, Gerichts-
sprache, Protokollierung, Sitzungspolizei, Bera-
tung und Abstimmung, Zuziehung eines Dol-
metschers, Einflußlosigkeit der Gerichtsferien,
Beistände und Bevollmächtigte, Armenrecht, Be-
kanntmachung und Aenderung gerichtlicher Ver-
fügung, Beschwerde, weitere Beschwerde sowie
Akteneinsicht, entsprechende Anwendung.
Die Annahme zur H wird auf ein schriftliches
oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers ange-
brachtes Gesuch, worin der Hinterleger, der Ge-
genstand und der Grund der H, sowie der Emp-
fangsberechtigte zu bezeichnen sind und die ct-
waige Erklärung des Verzichts auf das Recht zur
Zurücknahme aufzunehmen ist, vom Amtsrichter
verfügt. Bei der H nach § 372 des Be( hat die
LStelle den Schuldner aufzufordern, binnen 3
Monaten nachzuweisen, daß und an welchem
Tage der Gläubiger die im §& 374 a. a. O. vorge-
schriebene Anzeige empfangen hat. Wird der
Nachweis innerhalb der Frist nicht erbracht, so ist
die HStelle durch das Gesetz ermächtigt, auf Kosten
und im Namen des Schuldners die H dem Gläu-
biger anzuzeigen.
Ueber den hinterlegten Gegenstand wird ein
HSchein erteilt. Hinterlegtes Geld geht in das
Eigentum des Staatsfiskus über. Die Hötelle
verzinst esnicht; es ist aber bei einer Bank,
Sparkasse oder sonst zinsbar anzulegen, wenn sol-
ches unter Zustimmung aller Beteiligten bean-
tragt wird. Die HStelle ist zur Ueberwachung
der Auslosung, Kündigung, Einziehung und Er-
neuerung hinterlegter Wertpapiere nicht ver-
pflichtet.
Die Beteiligten können, wenn eine Sache länger
als 30 Jahre, in den Fällen von 55 382, 1171 und
1269 des BGB länger als 31 Jahre hinterlegt ist,
mit ihren Ansprüchen im Wege des Aufge-
botsverfahrens auzsgeschlossen werden.
Das Verfahren kann von Amts wegen eingeleitet
werden.. Bei hinterlegten Beträgen unter 30 Mk.
findet kein Aufgebot, sondern ein besonderes, ab-
gekürztes Ausschlußverfahren statt.
Lüteratur: Kloß, Sächsisches Landesprivatrecht'?,
1808, 53 41 Ssof. Kloß.
IV. Württemberg
Bis zur Einführung des BGB entbehrte das
HW in Württemberg einer gesetzlichen Ordnung
und wurde nur nach der vom Justiz Min als In-
struktion erlassenen provisorischen Deposital O v.
30. 12. 1822 (abgedruckt in Reyscher, GS Ge-
richtsgesetze IV. 2) und zahlreichen ergänzenden
und abändernden Justizministerialverfügungen
gehandhabt. Infolge der Einführung des BG #
hat nunmehr die württ. Landesgesetzgebung von
den Vorbehalten der a 144 u. 145, nicht auch des
a 146 EG z. BGB Gebrauch gemacht und in den
à 143—171 AG z. BGB v. 28. 7. 99, den Vs#g# der
Ministerien der Justiz und der Finanzen v. 1. 12.99
und der Justiz vom gleichen Tag sowie in der Vsig
des Justiz Min v. 26. 7. 11 das HW nach folgenden
Hauptgesichtspunkten geregelt.
1. Für die H von Geld, Wertpapieren und son-
stigen Urkunden sowie von Kostbarkeiten (nicht
auch von anderen Sachen) werden in Rechtsange-
legenheiten als Hinterlegungsstellen
im Sinne des 3. Abschnitts des BGB das Ober-
landesgericht, die Landgerichte und die Amts-
gerichte bestimmt, bei denen je eine H Kasse besteht.
Außerdem können H in gemeinde= und ge-
werbegerichtlichen Rechtsstreitigkeiten auch bei den
Gemeinderäten erfolgen. Die H kann bei jedem
Amts= oder Landgericht erfolgen, beim Ober-
landesgericht soll sie sich auf die mit dem ordent-
lichen Geschäftskreis dieses Gerichts zusammen-
hängenden Angelegenheiten beschränken.
2. Der hinterlegte Gegenstand ist grundsätzlich
unveränderlich und unvermischt aufzube-
wahren. Geld geht jedoch, sofern der Hinter-
leger nichts anderes bestimmt, in das Eigentum
des Staats über und ist in genere nach den Grund-
sätzen eines verzinslichen (bis auf Weite-
res 2,4% ) Darlehens zurückzuerstatten (Anschluß
an das depositum irregulare). Schuldner ist der
Staat. Nichtkassenmäßiges Geld kann für