Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Hinterlegungswesen (V. Baden) 
  
verhältnis“). Das G v. 7. 5. 10 hat (in 
seinen Bestimmungen über die Staatshaftung: 
vgl. unten §s 4) erstmals zu bestimmtem Ausdruck 
gebracht, daß dieses H Verhältnis seinem Wesen 
nach dem Gebiet des öffentlichen Rechts 
angehört (anders noch Seng in Dorner-Seng, 
Bad. Landesprivatrecht 72 Anm. 5), daß die 
öffentlichen HSt eine Staatseinrichtung sind, 
welche der Staat in Erfüllung einer aus der mo- 
dernen Rechtsentwicklung sich ergebenden öffent- 
lich-rechtlichen Pflicht den Beteiligten zur sichern 
Erreichung ihrer Zwecke zur Verfügung stellt. 
Das Gesetz hat aber zugleich im Interesse der Be- 
schleunigung des Verfahrens, insbesondere bezüg- 
lich der Herausgabe prozessualer Sicherheiten, die 
bisher fehlende organische Verbindung zwischen 
dem Rechtsverhältnis unter den Beteiligten und 
ihrem Rechtsverhältnis zum Staat durch die 
Vorschrift hergestellt, daß der Antrag bei Gericht 
auf Herausgabe einer Sicherheit zugleich als an 
die staatliche H St gerichtet gilt und daß die letztere 
von der unter den Beteiligten ergangenen ge- 
richtlichen Rückgabeanordnung von Amts wegen 
in Kenntnis gesetzt wird (vgl. unten # 6). 
g 3. Organisation und Zuständigkeit der Hin- 
terlegungsstellen. Für Geld, Wertpapiere und 
Kostbarkeiten sind die Finanzämter als HSt 
bestimmt. Sie entscheiden als solche über die An- 
nahme zur H und über die Herausgabe und bei 
ihnen findet zugleich die Entgegennahme und, 
soweit erforderlich, die Aufbewahrung der zu 
hinterlegenden Sachen statt. Außerdem ist, wo 
ein örtliches Bedürfnis besteht, die Errichtung be- 
sonderer Hinterlegungsannahmestel- 
len innerhalb des Bezirks der HSt vorgesehen, 
welche diesen unterstehen und sie im Annahme- 
verfahren mit der Wirkung vertreten, daß die bei 
ihnen erfolgte H als bei der H t erfolgt gilt; die 
nähere Ausgestaltung ist dem Vollzug überlassen 
  
(F2d. G). Die sonst der Zoll- und Steuerdirektion 
untergebenen Finanzämter unterstehen als HSt 
einer Aufsichtsbehörde, die durch landes- 
herrliche Verordnung bestimmt werden soll (& 3 
Abs. 1 d. G) und als welche durch die V v. 1I. 10. 10 
(X* 1) der Verwaltungshof (die seitherige zentrale 
HSt) bestimmt ist. Die Aufsichtsbehörde ist Be- 
schwerdeinstanz und zugleich Direktivbehörde für 
Ueberwachung des sachgemäßen und gleichmäßigen 
Vollzugs unter Oberaufsicht der beteiligten Mini- 
sterien. Ihr ist auch die im übrigen den HSt zu- 
kommende Vertretung des Fiskus als 
Prozeßpartei in Rechtsstreitigkeiten übertragen 
  
(5 3 Abs 2 d. G). Oertlich zuständig für 
die Annahme zur H ist nach § 15 Abfs 2 d. G. jede 
HSt, in deren Bezirk einer der Beteiligten oder 
sein Vertreter seinen Wohnsitz oder Aufenthalt 
oder die Behörde, bei der die Veranlassung zur H 
hervortritt, ihren Sitz hat. Die Annahme ist je- 
doch auch beim Mangel der örtlichen Zuständig- 
keit nicht ausgeschlossen. Für die H von Ur- 
kunden, welche nicht Wertpapiere 
sind, sind dagegen die Amtsgerichte als 
HSt, die Landgerichte als Aufsichtsbehör= 
den bestellt (§ 49). Auf die seltenen Fälle dieser 
H, die nur in den Fällen des §& 372 Bn# zuge- 
lassen ist und von der im folgenden nicht weiter 
die Rede sein wird, finden die Vorschriften über 
die H von Wertpapieren entsprechende Anwen- 
dung. Andere Sachen als Geld, Wertpapiere und 
Kostbarkeiten sowie Urkunden sind von der öffent- 
lichen H ausgeschlossen ( 50). 
# 4. Rechtswirkungen der öffentlichen Hin- 
terlegung. Hinterlegtes Geld geht in das 
Eigentum des Staates über (§5 5 d. G). Die 
Staatskasse wird dadurch Schuldnerin für die 
hinterlegte Summe. Eine Verzinsung findet inso- 
weit statt, als der hinterlegte Betrag durch 10 teil- 
bar ist (nicht bei Beträgen unter 10 Mk.) und die 
Zinsen für mindestens drei Monate zu berechnen 
sind. Der Zinsfuß wird durch landesherrliche Ver- 
ordnung bestimmt und beträgt nach § 3. der V v. 
11. 10. 10 zur Zeit 2%. Die Verzinsung wird 
eingestellt nach zehn Jahren vom Beginn der Ver- 
zinsung. Auf den Nachweis der Fortdauer des 
H -Grundes tritt auf Antrag alsdann eine neue 
Verzinsung ein (§5 6). Hinterlegte Wertpa- 
piere und Kostbarkeiten werden da- 
gegen für die Beteiligten aufbewahrt und sind 
nach Wegfall des HGrundes an den Empfangs- 
berechtigten herauszugeben. Die nähere Ausge- 
staltung dieser Aufbewahrungspflicht, die auf dem 
öffentlichen Recht beruht, ist dahin erfolgt (§ 7 
Abs 2), daß der Staat für die Aufbewahrung „wie 
ein Verwahrer im Sinne des B n bei entgelt- 
licher Verwahrung" (§ 690 B) haftet, daß er 
somit Vorsatz und Fahrlässigkeit der mit der Ver- 
wahrung betrauten Beamten vertritt (vgl. § 691 
Satz 3 und 8278 BGB). Eine Haftung für höhere 
Gewalt und gufall ist dagegen nicht begründet. 
Die HSt sind aber nicht verpflichtet, die Auslo- 
sung oder Kündigung hinterlegter Wertpapiere zu 
überwachen und für die Einziehung der Beträge 
fälliger Zins= oder Dividendenscheine sowie für 
die Beschaffung neuer Zins= oder Dividenden- 
scheine von Amts wegen zu sorgen. 
Die Amtshandlungen der H Behörden sind Aus- 
übung öffentlicher Gewalt, wofür die Haftung des 
Staates gemäß a 77 EGz. Bo# landesgesetzlicher 
Regelung anheimfällt. Die letztere ist in § 8 HG 
durch Bezugnahme auf a 5 AG z. BGWB dahin 
erfolgt, daß für den Schaden, welchen die HSt 
einem Andern durch Verletzung einer ihnen die- 
sem gegenüber obliegenden Amtspflicht verur- 
sachen, an Stelle des Beamten der Staat haftet, 
welchem vorbehalten ist, von dem Beamten Ersatz 
zu verlangen, daß aber die Inanspruchnahme des 
Staates an eine verwaltungsgerichtliche Vorent- 
scheidung, wie sie sonst in a 5 AG als Regel vor- 
gesehen ist, nicht gebunden ist. Wenn dieselbe 
Amtspflichtsverletzung, wofür die Haftung nach 
§ 8 d. G. begründet ist, zugleich eine schuldhafte 
Verletzung der vertragsähnlichen Aufbewahrungs- 
pflicht (3 7) enthält, kann der Beschädigte jeden 
Gesichtspunkt insoweit geltend machen, als dies 
ihm vorteilhaft ist. Die Haftung aus § 8 umfaßt 
aber auch andere Fälle: so die Haftung aus Ver- 
weigerung der Herausgabe, wiewohl der Wegfall 
des Herundes und die Empfangsberechtigung 
nach den Vorschriften des H Gesetzes nachgewiesen 
sind, die Haftung aus schuldhafter Verzögerung 
der Entscheidung und die Haftung auf schuldhafter 
unbegründeter Ablehnung des HPHAntrages — 
Fälle, in welchen von einem Verzug im Sinne 
des bürgerlichen Rechtes (5 284 B) bei der 
öffentlich rechtlichen Natur des Herhältnisses 
nicht die Rede sein kann, somit allein & 8 die sonst 
fehlende Grundlage für Ersatzansprüche gegen 
den Staat bietet. Für diese Ersatzansprüche wie
	        
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