Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

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Kirche (Vermögensverwaltung: Preußen) 
und die Gemeindevertretungen 
KGu SO 8g 48). 
Unberührt geblieben sind die „gesetzlichen Ver—- 
waltungsnormen" über die Führung der Vermö- 
gensverwaltung (KGuS O 1 22 Abs. 3). Dics sind Vor- 
schriften über den Inhalt der VerwBefugnisse, die Zwecke 
der Verwendung des Vermögens und die Art seiner Ver- 
waltung (CVG5, 171), und zwar außer staats- und kirchen- 
gesetzlichen auch Anordnungen von Privatpersonen (wie 
Geschenkgeber und Stifter). Dahin gehören inobesondere 
Bestimmungen über Rechnungslegung, Veräußerung, Ver- 
mietung, Verpachtung, Nutznießung und Deservitenzeit 
1 Amortisationegesetze, Heilige Sachen, Kirchenbaulast, 
Kirchengebäude, Kirchenglocken)]. 
Neuerdings sind in einigen preußischen Landeskirchen 
die Grundsätze über die Vermögeneverwaltung in einer 
sog. Verwaltungsordnung zusammengefaßt (hier- 
(Ausnahme: 
  
zu StLoen, Evang. n# F 2, 1910, 456 ff). Es sind dies von 
der obersten kirchlichen Aussichtsbehörde — in der Regel 
unter Mitwirkung synodaler Crgane — erlassene Geschäfts- 
anweisungen (fur dritte Personen unverbindlich). Vgl. 
für die östlichen Provinzen die vom Cberkirchenrat in 
Gemcinschaft mit dem Generalsunodalvorstand erlassene 
Berw L v. 15. 12. 86 bezw. 17. 6. 93 (Kommentare von 
Gebser (1904] und Crisolli-Schultz (1904), Westfalen v. 
29. 12. 02, Rheinprovinz v. 23. 12. 87 bezw. 1909, Cassel 
die „vorläufige“ Verw C v. 22. 11. 87. 
# 2. Die Verwaltung durch die Gemeinde- 
organe. 
I. Der Gemeindekirchenrat (Kirchenvor- 
stand) vertritt die Kirchengemeinde in vermögens- 
rechtlicher Beziehung. Er führt die Verwaltung 
des gesamten örtlichen KV, mag es im Eigentum 
der Kirchengemeinde oder selbständiger Institute 
stehen, im einzelnen des Kirchenfabrikgutes, des 
Vermögens der kirchlichen Lokalstiftungen, welche 
nicht fundationsmäßig eigene Vorstände haben 
sowie des Pfarr-, Pfarrwittums= und Küsterei- 
vermögens, soweit das Nutzungs= oder Niceß- 
brauchsrecht der jeweiligen Inhaber nicht ent- 
gegensteht (im letzteren Falle gebührt die Ver- 
waltung dem betr. Psarrer, der Witwe oder dem 
Küster, die Aufsicht über diese Verwaltung hin- 
gegen wieder dem Gemeindelirchenrat: K##SO 
*22 Abs 1). Zu jeder die Gemeinde verpflichten- 
den schriftlichen Willenserklärung des Gemecinde- 
kirchenrates bedarf es der Unterschrift des Vor- 
sitenden (d. h. regelmäßig des Pfarrers) oder 
der Beidrückung des Kirchensiegels. 
wird Dritten gegenüber die ordnungsmäßige Fas- 
sung des Beschlusses festgestellt (NK#us O 22 
Abs 2). Solche schriftliche Willensertlärungen des 
Gemeindekirchenrats tragen den Charakter öffent- 
licher Urkunden. 
Der Gemeindekirchenrat kann einzelne Geschäfte 
bzw. Geschäftszweige Kommissionen oder einzel- 
  
zu sechsmonatlicher Kündigung); es ist eine Kau- 
tion zu bedingen. Wenn der Gemeindekirchenrat 
ausnahmsweise einem seiner Mitglieder die be- 
soldete Kirchenrendantur übertragen will, so ist die 
Genehmigung des Kreissynodalvorstandes erfor- 
derlich. Der Rendant erhebt die Einnahmen der 
Kirchenkasse und leistet die Ausgaben daraus. Er 
legt dem Gemeindekirchenrat jährlich Rechnung ab 
und unterliegt den vom Gemeindekirchenrat an- 
geordneten Kassenrevisionen. Er führt die nächste 
Aufsicht über die kirchlichen Gebände, Grundstücke, 
Geräte und sonstigen Inventarstücke und hit wegen 
ihrer Instandhaltung bein Gemeindekirch# urat 
rechtzeitig Anträge zu stellen (KauSD 7124). 
Die Mitglieder des Gemeindekirchenrats haften 
für den von ihnen verschuldeten Schaden solidarisch, 
für den vom Rendanten schuldhaft angerichteten 
Schaden nur, soweit sie es bei seiner Auswahl, In- 
struktion oder Ueberwachung an der erforderlichen 
Sorgfalt haben fehlen lassen. 
11. Der Gemeindevertretung fällt 
die Kontrolle bei erheblicheren Verwaltungsakten 
zu. Zu wichtigeren Geschäften bedarf der Ge- 
meindekirchenrat der beschließenden Mitwirkung 
der Gemeindevertretung (außer in der luther. 
Kirche Hannovers) Es sind dies nach §31 KOuSO 
folgende Angelegenheiten: 
1. Erwerb, Veräußerung und dingliche Be- 
lastung von Grundeigentum, Verpach- 
tung und Vermietung von Kirchengrundstücken 
(nicht auch von Kirchstühlen und Begräbnisstellen 
oder Begründung von Familien= und Erbbegräb- 
nissen) auf länger als 10 (Schleswig-Holstein und 
Wiesbaden 12) Jahre, ferner (in Altpreußen und 
Hohenzollern) Verpachtung oder Vermietung der 
den kirchlichen Beamten zur Nutzung oder zum 
Gebrauch überwiesenen (Benesizial-) Grundstücke 
über die Dienstzeit des jeweiligen Inhabers 
hinaus. — 2. Außerordentliche NRut- 
zungen des Vermögens, welche die Substanz 
selbst angreifen, sowie Kündigung und Einziehung 
von Kapitalien, sofern sie nicht zur zinsbaren 
Wiederbelegung erfolgt. — 3. Aufnahme von An- 
leihen, soweit sie nicht bloß zur vorubergehen- 
den Aushilfe dienen und aus den laufenden Ein- 
nahmen derselben Voranschlagsperiode zurücker- 
stattet werden können. — 4. Anstellung von Pro- 
zessen (nicht auch Einlassung auf Klagen), so- 
seines Stellvertreters und zweier Aeltesten, sowie 
Hierdurch 
nen Personen übertragen. Für die Verwaltung 
der Kirchenkasse hat der Gemeindekirchenrat eines 
seiner Mitglieder, ausgenommen den Pfarrer, 
zum Nendanten (Kirchmeister, Kirchen- 
rechner) zu ernennen. Dem Rendanten kann eine 
Vergütung für sächliche Ausgaben, nicht aber eine 
Besoldung angewiesen werden. Auslagen sind 
ihm zu ersetzen. Ist nach dem Umfange der Kasse 
eine unentgeltliche Verwaltung nicht zu erreichen, 
so kann der Gemeindcekirchenrat einen besoldeten 
Rendanten anstellen (mittels schriftlichen Vertra- 
ges mit Vorbehalt für den Gemeindekirchenrat 
weit sich diese nicht auf Eintreibung fortlaufender 
Zinsen und Gefsälle oder auf die Einziehung aus- 
stehender Kapitalien, deren Zinsen rückständig 
geblieben sind, beschränken, desgleichen Ab- 
schluß von Vergleichen. — 5. Neubauten 
und erhebliche Reparaturen an 
Baulichkeiten des Benefiziums oder der Kirchen- 
fabrik. Keine Genehmigung ist ersorderlich, wenn 
die zuständige Behörde (die Regierung vder der 
Minister der geistl. Angelegenheiten) bereits über 
die Notwendigkeit der Bauausführung entschieden 
hat. Als erheblich gelten Reparaturen, deren 
Kostenanschlag 150 Mk. (nach anderen Kirchenord- 
nungen 200 oder 300 Mk.) übersteigt. Im Fall des 
Bedürfnisses kann die Gemeindevertretung ein 
für allemal die Vollmacht des Gemeindckirchen- 
rats zur Vornahme höher veranschlagter Repara- 
turen, jedoch nicht über die Summe von je 900 Mk. 
hinaus, erweitern. — 
Die Vorschriften zu 1—5 sinden Anwendung 
auf alles kirchliche Vermögen, gleichviel ob es der
	        
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