Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
  
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Die Grenzen des Gem Verbandsbezirks 
werden durch die in ihm enthaltenen Gem= bezw. 
Gutsbezirke (J bestimmt, insbesondere gilt dies 
für das westfälische Amt, das mehrere Gem und 
ihnen gleichgestellte Güter umfassen kann (854, 5 
Westf. LGO) und für die theinische Bürger- 
meisterei, die aus mehreren Gem gebildet wird, 
aber auch aus einer Gem bestehen kann (§5 7 
Rhein. GemO). — In den übrigen deutschen 
Staaten gilt im großen und ganzen dasselbe; 
so setzt das baycrische Recht Gem Markung 
und GemBezirk gleich als denjenigen Teil des 
Staatsgebiets, über den sich die Wirksamkeit der 
Gem erstreckt. Eine Abteilung der Gem Gemar- 
kung ist die Ortsflur, d. i. der Bezirk einer Ort- 
schaft. Nach württembergischem Rechte 
muß jede Gem einen räumlich abgegrenzten Be- 
zirk haben, der aus einer oder mehreren Gemar- 
kungen, einem durch geschichtliche Vorgänge ver- 
bundenen Grundflächendistrikt bestehen kann. 
Jeder Teil des Staatsgebiets muß einem Gem Be- 
zirk angehören. Nach badischem FRechte 
bildet die rechtliche Grundlage der Gem in sach- 
licher Beziehung ebenfalls die Gemarkung, d. h. 
„ein durch äußere Zcichen abgeschlossenes Stück 
des Staatsgebiets, auf dem sich die Herrschafts- 
gewalt im Laufe der Geschichte entwickelt hatte 
und dessen Begrenzung der Staat, indem er das- 
selbe auch für rein staatliche Verw Zwecke als un- 
terste Einteilung des Staatsgebiets gelten ließ, 
ausdrücklich anerkannt hat". 
Für Streitigkeiten über Gemeinde- 
grenzen ist das Verwaltungsstreitverfahren 
vorgesehen: Preußen (5 9 ZustG, & 4 Lö0O); 
Bayern (a 8 825 Verwerichtshof G v. 8. 8. 78); 
Sachsen (5§ 21 8 3 G über die Verwechtspflege v. 
19.7. 00); Württemberg (a 10 8 19 Güber Verw. 
Rechtspflege v. 16. 12.76); Baden, Hessen (Kreis O 
a 48, 67); Elsaß-Lothringen (5§ 8, 70 Gem0). 
# 2. Die Grenzveränderungen der Gemein- 
den im allgemeinen. Die Grenzveränderungen 
haben im Laufe des 19. Jahrhunderts in rechtlicher 
wie wirtschaftlicher Beziehung eine außerordent- 
liche Bedeutung erlangt. Je länger je mehr han- 
delte es sich nicht nur um Grenzregulierungen 
zwischen verschiedenen Kommunen, Verwischung 
des Unterschieds zwischen Stadt und Vorstadt, 
sondern um eine Verbindung mehr oder minder 
bedeutender Gem mit anderen, für die sich bald 
die Ausdrücke der Eingemeindung, In- 
kommunalisierung ausgebildet haben. 
Hauptsächlich in den industriellen Gebieten Deutsch- 
lands, aber auch in anderen, durch den Verkehr 
begünstigten Gem ist so der Bildung großer 
Städteflächen Vorschub geleistet worden. Ein 
für diese Verhältnisse geltendes Recht hat sich aber 
bisher nur in formeller Beziehung ausgebildet, 
d. h. es wurden Rechtsregeln geschaffen, die die 
äußeren Formen und Voraussetzungen der Ein- 
gemeindung festlegten. Dagegen ist das mate- 
rielle Eingemeindungsrecht als solches noch nicht 
festgelegt; vielmehr ist es der Wissenschaft, der 
mit Analogien arbeitenden Rechtsprechung und 
der Verw Praxis überlassen worden, für die neu 
entstandenen Lebensverhältnisse passende Rechts- 
sätze anzuwenden. Es ist auf diesem Gebiete noch 
alles im Werden. 
  
A. Was das preußische Recht angeht, so 
ist in Bezug auf das formelle Eingemeindungs- 
Gemeinde (II. Grundlagen) 
recht in den sieben östlichen Provinzen, Westfalen, 
Hessen-Nassau und Schleswig-Holstein folgender 
Rechtszustand vorhanden. Sog. kommunal- 
freie Grundstücke, d. h. solche, welche bisher 
noch keinem Gem-oder selbständigen Gutsbezirke 
angehört haben — es gibt nur noch wenige — 
können nach Vernehmung der Beteciligten und 
nach Anhörung des Kreistages durch Beschluß 
des Bezirksausschusses mit dem Stadtbezirk ver- 
einigt werden. Die Vereinigung eines gan- 
zen Landgemeinde= oder selbständigen Guts- 
bezirks mit einer Stadt Gem ersfolgt beim Ein- 
verständnis der Beteiligten nach Anhörung der 
beteiligten Gem und des Gutsbesitzers, des Kreis- 
tages und des Bezirksausschusses durch Kgl Ge- 
nehmigung. Fehlt es an jenem Einverständnis, 
so ist die Zustimmung der Beteiligten, sofern 
das öffentliche Interesse dies 
erheischt, im Beschlußverfahren durch den 
Bezirksausschuß nach gutachtlicher Aeußerung des 
Kreistages zu ersetzen. Hiergegen ist Beschwerde 
der Beteiligten und des Vorsitzenden des Bezirks- 
ausschusses beim Provinzialrat vorgesehen. Hält 
der Oberpräsident das öfsentliche Interesse durch 
den Beschluß des Provinzialrats für gefährdet, so 
steht ihm die Beschwerde an das Staats Min zu. 
Die Abtrennung einzelner Teile einer Land- 
Gem oder eines Gutsbezirks und deren Vereini- 
gung mit einer Stadt Gem erfolgt bei allseitiger 
Zustimmung nach Anhörung des Gutachtens des 
Kreistages durch Beschluß des Bezirksausschusses; 
beim Widerspruch von Beteiligten sind dieselben 
Instanzen und Rechtsmittel wie bei Eingemein- 
dung ganzer Land Gem vorgesehen. In allen 
diesen Fällen, in denen es sich um die Vereinigung 
einer Land Gem oder eines Gutsbezirks usw. 
handelt, gelten dieselben Bestimmungen mit der 
Maßgabe, daß an die Stelle der Beschlußfassung 
des Beczirksausschusses der Kreisausschuß tritt. 
Der Begriff des öffentlichen Interes- 
ses ist in diesem Zusammenhang zwar obenso 
streitig und unsicher wie sonst im Rechtssystem. 
Immerhin ist durch positiv-rechtlichen Hinweis 
eine Formulierung dahin getroffen worden, daß 
das öffentliche Interesse als vorhanden anzusehen 
ist, wenn a) Land Gem oder Gutsbezirke ( 
öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen 
außerstande sind, b) die Zersplitterung eines 
Gutsbezirks oder die Bildung von Kolonien in 
einem Gutsbezirke die Abtrennung einzelner Teile 
desselben, oder dessen Umwandlung in eine Land- 
Gem oder dessen Zuschlagung zu einer oder meh- 
rerer Land Gem notwendig macht, c) wenn infolge 
örtlich verbundener Lage mehrerer Land Geim oder 
von Gutsbezirken oder Teile derselben mit Land- 
Gem ein erheblicher Widerstreit der kommunalen 
Interessen entstanden ist, dessen Ausgleichung auch 
durch Zweckverbände nicht zu erreichen ist (§§ 2 
St O östl., Westf., Hessen-Nassau, Schleswig- 
Holstein, und die entsprechenden Bestimmungen 
der betreffenden LGO; hannoversche St O # 11). 
In der Provinz Hannover kann die Vereinigung 
von benachbarten Gem, namentlich von Vor- 
städten mit der Stadt außer dem Falle der Ver- 
einbarung nach Anhörung des Provinziallandtags 
verfügt werden. Das Gesetz hat auch über die 
auszugleichenden Interessen zu versügen. In der 
Rheinprovinz können Veränderungen des 
Stadtbezirks nur mit Genehmigung des Königs 
 
	        
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