Kirche (Vermögensverwaltung in Elsaß-Lothringen)
551
Klerikaldekret v. 6. 11. 1813 geregelt (vgl. darüber
oben § 15 12). Ueber die jährliche Aufstellung
des Voranschlags und die Rechnungslegung der
Fabrikverwaltung vgl. Geigel 122—130.
Eine völlig neue Ordnung der Gehalts= und
Pensionsverhältnisse aller Religionsdiener, auch
der protestantischen und israelitischen, erfolgte durch
Gv. 15. 11. 09 (GBl 126 ff). Hierdurch wurde
auch das Landeskirchensteuer G v. 6. 7. 01 wieder
aufgehoben.
31. In der lutherischen und reformierten
Kirche. Die Reichslande haben sich den Unionsbe-
strebungen der Neuzeit gegenüber ablehnend ver-
halten. Die beiden Kirchen unterscheiden sich ins-
besondere in der Organisation der Behörden und
dadurch auch der Vermögensverwaltung, während
das innere Verwecht der beiden in der Haupt-
sache gleich und dem katholischen K. Recht nachge-
bildet ist. Ueber den Entw einer Kirchenordnung
für die Kirche augsb. Konfession in Elsaß-Lothrin=
gen vgl. Fleiner in Z f. KR 19, 335.
I. Für die Organisation der Verwaltung
kommt vor allem das organ. Dekret v. 26. 3.
52 (Dursy 2, 89 ff) nebst den zum Vollzug er-
lassenen Ministerial- und Direktorialverfügungen
in Betracht.
Das örtliche Kirchen fabrikvermögen
wird hiernach in beiden Kirchen durch einen Kir-
chen- oder Presbyterialrat verwaltet.
Er besteht aus sämtlichen Pfarrern der Pfarrei
und 4—7 auf 6 Jahre gewählten Laienältesten.
Der dienstälteste Pfarrer führt den Vorsitz, bei
vorübergehender Behinderung präsidiert das älteste
Laienmitglied. Der Kirchenrat wählt auf drei
Jahre aus seiner Mitte einen Schatzmeister, der
—–— — — — — — —
–
die Ausstände eintreibt, die genehmigten Ausgaben
macht und die Rechnungen vorlegt.
Die Verwaltung der Benefizialgüter
erfolgt in der lutherischen Kirche für mehrere, z. B.
6 zu einem Konsistorialbezirk vereinigte Pfarreien
gemeinschaftlich durch einen vom Direktorium auf
Vorschlag des Konsistoriums ernannten „Schaff-
ner“. Das „Konsistorium“ ist der Kirchenrat des
Hauptortes, der durch sämtliche Pfarrer und Laien-
abgeordnete der einzelnen Pfarreien verstärkt ist.
Zu diesem Zwecke wird zunächst der Kirchenrat des
Hauptortes verdoppelt. Außerdem ist in den ver-
schiedenen Pfarreien des Konsistorialbezirks je ein
Mitglied zu wählen und es sind sämtliche Pfarrer
heranzuziehen. Ein gewählter Pfarrer führt den
Vorsitz; doch kann der Vorstand auch ernannt wer-
den (V v. 10. 11. 52 c. 1 5 6).
vertreten. Der geistliche Inspektor ist Mitglied des
„Oberkonsistoriums“. Letzteres gehört in glei-
cher Weise wie das Direktorium zu den Zentralbe-
hörden und kommt wie dieses nur in der lutherischen
Kirche vor. Das Oberkonsistorium ist die höchste
kirchliche Vertretung des Augsburgischen Bekennt-
nisses in den Reichslanden. Das Direktorium
ist die oberste Vollzugsbehörde und hier läuft die
Verwätigkeit auch auf dem Gebiet des Vermö-
gensrechts aus. Es besteht aus dem Präsidenten,
einem Laienmitglied, einem geistlichen Inspektor
und 2 Mitgliedern des Oberkonsistoriums, die auf
6 Jahre gewählt werden. —
In der reformierten Kirche werden
die Befugnisse des Direktoriums und teilweise
auch des Oberkonsistoriums durch das Konsistorium
wahrgenommen. Für den Zentralrat der re-
formierten Kirche in Paris hat Elsaß-Lothringen
noch keinen Ersatz gefunden.
II. Der Kirchenrat hat in beiden Kirchen auf
dem Gebiet der Vermögensverwaltung in der
Hauptsache die Rechtsstellung des katholischen
Fabrikrats: er hat für die Unterhaltung der kirch-
lichen Gebäude und Erhaltung der Pfarrgüter zu
sorgen und das Fabrikvermögen zu verwalten,
hierüber jährlich einen Voranschlag aufzustellen,
die Jahresrechnung abzuschließen und wegen Ver-
wendung oder Anlage verfügbarer Kapitalbestände
Anträge an das Konsistorium zu stellen (VW v. 10. 11.
52 a 3; Vv. 20. 5. 63 a 1 und 5; Dursy 2, 125 f).
Der Kirchenrat vertritt aber nicht die Fabrik,
sondern bildet nur dem Konsistorium gegenüber
deren Organ (Min E v. 26. 5. 53, Dursy 2, 128).
Er korrespondiert daher nicht direkt mit den oberen
Behörden. In der lutherischen Kirche bedür-
fen alle VerwHandlungen des Kirchenrats zu ihrer
Gültigkeit der Prüfung und Unterschrift des Kon-
sistoriums, das sie dem Direktorium zur Bestä-
tigung oder Ablehnung vorzulegen hat (V v.
10. 11. 52 a 4). Das Konsistorium ist nur Ver-
mittlungsinstanz und Kontrollbehörde. Die Staats-
behörden haben Anufragen und sonstige Mittei-
lungen an das Direktorium zu richten, das (wie der
Bischof nach kanonischem Recht) die eigentliche Ver-
tretung hat. Bedarf ein Rechtsakt außerdem der
Staatsgenehmigung, so holt sie das Direkto-
rium bei dem Bezirkspräsidenten ein. Dies ist (wie
in der katholischen Kirche) der Fall bei der Ver-
Fünf oder noch mehr Konsistorien bilden eine „In-
spektionsversammlung"“, die etwa der preu-
Kischen Kreissynode entspricht. Sie besteht aus sämt-
lichen Pfarrern des Inspektionsbezirks und eben-
soviel gewählten Laienmitgliedern. Dieselbe wählt
(außer den 2 weltlichen Abgeordneten zum Ober-
konsistorium) 3 Kandidaten, aus denen der Statt-
halter auf Bericht des Direktoriums den geistlichen
Inspektor (-Superintendenten) auf Lebenszeit er-
nennt; dieser ist Vorstand der Inspektion und ver-
mittelt den Verkehr zwischen den Konsistorien und
dem Direktorium. Außerdem wählt die Inspek-
tionsversammlung aus ihrem Schoß vorbehaltlich
der Bestätigung des Statthalters 2 weltliche In-
spektoren als Gehilfen des geistlichen Inspektors,
die ihn bei Behinderung in allen nicht geistlichen
äußerung von Grundstücken, Kapitalien und Ren-
ten, bei Kapitalanlagen, Hypothekenlöschungen,
Haftübernahmen, Anleihen, freihändigen und auf
mehr als 9 Jahre gehenden Verpachtungen, Bau-
ten, Reparaturen und Vergebungen aus freier
Hand im Anschlag von mehr als 160 Mk., Ver-
äußerungen und Reparaturen von Gegenständen
geschichtlichen oder künstlerischen Werts, Klagen,
Vergleichen und Schiedsanträgen (Geigel 400).
Derreformierte nirchenrat kommt als wirk-
liches Selbstverwaltungsorgan in Betracht. Er legt
Handlungen, so auch vermögensrechtlicher Art,
dem Konsistorium nur solche VerwHandlungen vor,
die ihrer Natur nach der Genehmigung oder Be-
scheidung der Oberbehörde bedürfen (V v. 20. 5. 53
a 2). Dies geschieht nur bei Budgets= und Rech-
nungsabschlüssen (a 5) sowie den vorhin erwähnten
Rechtsgeschäften, welche der staatlichen Geneh-
migung bedürfen und daher durch das Konsistorium
zur Vorlage an die Regierung gelangen (a 6).
Im Konsistorium läuft zur Stunde für die refor-
mierte Kirche die Vermögensverwaltung aus; daß