1. Gemeindebezirk (Eingemeindung)
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nach Anhörung der Gem Vertretung vorgenom-
men werden. Die Vor= und Nachteile der Einge-
meindung sind für die Beteiligten oft sehr verschie-
den und bedingen einen Ausgleich (Entschädi-
gungen, Vorausleistungen, Abfindung, erhöhte
oder verminderte Heranziehung zu den Kommu-
nalabgaben), der in die rechtlichen Formen einer
„Auseinandersetzung" gekleidet wird. Ueber sie
beschließt der Bezirksausschuß, vorbehaltlich der den
beteiligten Gemeinden gegen einander zustehen-
den Klage im Verw Streitverfahren (§ 8 Zust G).
B. In den übrigen deutschen Staaten gelten
im allgemeinen ähnliche Vorschriften, doch ist im
einzelnen manches verschieden. In Bayern
kann die Vereinigung mehrerer, bisher selbstän-
diger Gemeinden, die Wiederauflösung solcher
Verbände, die Errichtung neuer Gem aus Teilen
bestehender Gemarkungen, die Auflösung von
Gem bei Zustimmung aller Beteiligten und Ge-
nehmigung des Min Inn erfolgen. In Ermange-
lung jener Zustimmung ist ein Gesetz erforderlich.
Andere Gem Bezirksänderungen bedürfen gleich-
falls der Genehmigung des Min, die, falls nicht
alle Beteiligten zustimmen, nur im Falle dringen-
den öffentlichen Bedürfnisses erteilt werden kann.
In Sachsen und Württemberg ist für
die Regel eine der Genehmigung der Aufsichtsbe-
hörde bedürftige Uebereinkunft der beteiligten
Gem erforderlich; gegen den Willen einzelner
Beteiligten kann die Veränderung von GemBe-
zirken unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzun-
gen auch auf Antrag eines Beteiligten stattfinden
und zwar auf Anordnung des Min Inn, wobei
in Württemberg auch der VGH mitwirken kann;
hier ist ein Gesetz nicht erforderlich, wenn.
eine mit der veränderten Zuteilung bewohnter
Grundstücke verbundene Aenderung der GemBe-
zirke eine Aenderung der Oberamtsbezirkseintei-
lung in sich schließt oder wenn eine mit einer
Vermehrung der Zahl der Gem verbundene Aen-
derung der Gem Bezirkseinteilung gegen den
Willen eines Beteiligten durchgeführt werden
soll. In Baden ist die Bildung einer neuen
Gem nur durch Gesetz möglich.
3. Das materielle Eingemeindungsrecht.
1. Es setzt eine Feststellung der juristischen
Natur der Eingemeindung voraus. Wir halten
sie für einen organisatorischen endgültigen Verw-
Akt, verbunden mit dem gleichzeitigen staatshoheit-
lichen Akte der Grenzveränderung. Die Einver-
leibung als einen Gesamtakt des öffentlichen
Rechtes zu bezeichnen, welcher durch die auf Ver-
einbarung beruhende Willenseinigung der Be-
teiligten und die Genehmigung der staatlichen Be-
hörde zustande kommt (Karner), ist irrtümlich. Ein
Eingehen auf die einzelnen Merkmale unserer
Begriffsbestimmung zeigt, daß es sich auch dort
um einen Verwkt handelt, wo die Form des Ge-
setzes gewählt worden ist; die rechtsverbindliche
Anordnung eines Rechtssatzes steht nicht in Frage.
Alle Verwykte sind, wenn sie für die Entscheidung
eines anhängigen Verw Streitverfahrens wesent-
lich in Betracht kommen, der Nachprüfung des
Verwichters unterworfen, jedoch nur in der
Richtung, ob sie von einer zu dem einzelnen Akte
an sich zuständigen Behörde ergangen sind, da
die Anfechtung in der Form, in der gegen polizei-
liche Verwalkte angegangen wird, ausgeschlossen ist.
Während Streitigkeiten über die bestehenden Kom-
munalgrenzen nach geltendem Rechte zur Entschei-
dung im Verw Streitverfahren gelangen (oben §1
#. E.), ist es unstatthaft, in einem solchen Falle auch
die Zuständigkeit der Eingemeindung anzufechten.
Nur eine Möglichkeit besteht, vor den Verwe-
richten die Nachprüfung der Eingemeindungs-
stadien nachzuprüfen; da bei Einverleibung bis-
her kommunalfreier Grundstücke sowie einzelner
Teile von Land Gem der Bezirksausschuß als Be-
schlußbehörde tätig ist, kann der Reg Präsident die
Anfechtungsklage beim OVG auf Grund des
126 LV anstellen. Die staatshoheitliche Natur
des Verwlktes sodann kommt darin zum Aus-
druck, daß nur ein über den Kommunen stehen-
der Faktor die beide vereinbarende Rechtsmacht
ausüben kann. Stets ist die Eingemeindung end-
gültig, eine provisorisch gedachte hat keine Rechts-
wirkung (OVG 20, 345).
2. Die Eingemeindungsverträge sind
richtiger Auffassung nach nicht die Formen, durch
welche die Eingemeindung vor sich geht, sondern
rechtliche Hilfsmittel, deren Bedeutung verschie-
den ist. Wenn die Eingemeindung durch das Ge-
setz erfolgt und in diesem auf diese Verträge ver-
wiesen ist, haben sie die Kraft des Gesetzes, das
früheren Gesetzen vorgeht und diese für den be-
sonderen Fall der Eingemeindung abändern kann.
Wenn aber die Eingemeindung selbst zwar durch
das Gesetz zustande gekommen ist, aber auf die
Eingemeindungsverträge nicht verwiesen wurde
oder wenn nicht die Gesetzesform für die Einge-
meindung erforderlich war und gewählt wurde?
Dann liegen öffentlichrechtliche Verträge vor,
deren Rechtsgültigkeit von einer Reihe von nicht
erschöpfend anzugebenden Momenten abhängt,
wie etwa davon, ob die Verträge von den zu-
ständigen Behörden in der richtigen Form ge-
schlossen sind, ob sie bestehenden Gesetzen und
Verordnungen entsprechen, ob sie mit dem Kom-
munalrecht im weitesten Sinne, mit der Idece
der Selbstverwaltung im Widerspruch stehen usw.
— Als Zeitpunkt der Eingemeindung ist der
der tatsächlich vollzogenen Eingemeindung anzu-
sehen, d. h. der Uebernahme der Gempoheit über
das Grundstück, bezw. der Anweisung der zuständi-
gen Aufsichtsbehörden, die Gempoheit über das
Grundstück zu übernehmen (OVG 33, 162). Wenn
es sich um einen Agl Erlaß handelt, soll die Wirk-
samkeit eines solchen vom Zeitpunkte der Mit-
teilung an die Beteiligten gerechnet werden, wenn-
es an einer Zeitbestimmung in dem Erlaß selbst
fehlt (MBli V 1893 S 235). Wird die Eingemein-
dung durch Gesetz vollzogen, so gelten für den
Zeitpunkt die Vorschriften für das Inkrafttreten
der Gesetze.
3. Die rechtlichen Wirkungen der Ein-
gemeindung bilden ein ebenso vielgestaltiges wie
noch nicht ausreichend aufgeklärtes Gebiet. Wie
in dem Vorhergehenden, so ist es auch hier nur
andernfalls ihnen jede rechtliche Bedeutung ab-
zusprechen ist (OV#G 22, 86). Die Eigenschaft als
nach den Normen zu regeln sind, welche für den
organisatorischer Verwolkt bringt es mit sich, daß
möglich, einen Querschnitt durch das bestehende
Recht zu ziehen. Zunächst ist es geltendes Kom-
munalrecht nicht bloß in Preußen, daß von der
Eingemeindung nur die privatrechtlichen Ver-
hältnisse unberührt bleiben sollen. Hieraus ist zu
folgern, daß alle öffentlichrechtlichen Verhältnisse