Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Sinne des a 33 haben. Bezüglich des positiven 
Unterschiedes kommt folgendes in Betracht: Ist 
bei res ancipitis usus die Verwendung für fried- 
liche Zwecke gewiß, so ist die Beschlagnahme aus- 
geschlossen; sie ist dagegen gerechtfertigt, wenn 
sich aus den Umständen ergibt, daß die Waren 
zu kriegerischen Zwecken verwendet werden sollen. 
Dies wird z. B. der Fall sein, wenn Kohlen einer 
feindlichen Flotte in offener See zugeführt wer- 
den. Die feindliche Bestimmung liegt aber auch 
dann vor, wenn die Waren, z. B. Geld oder 
Eisenbahnmaterial, einer staatlichen Verwtelle 
zugeführt werden. Bezweckt die Anwendung von 
Gewaltmitteln im Kriege die Schwächung der 
Gesamtkräfte des Gegners, so hat der Kriegfüh- 
rende offenbar ein Interesse daran, daß die Er- 
haltung bzw. Steigerung dieser Kräfte durch die 
staatlichen Organe, also auch die Zivilorgane, durch 
Zufuhr von Hilfsmitteln von außen vereitelt 
werde. a 33 beschränkt aber die feindliche Bestim- 
mung auf die staatlichen Verwrgane; die 
lokalen und kommunalen Verwaltungen kommen 
hier nicht in Betracht. 
#5. Rechtsfolgen der Zufuhr von Konterbande. 
1. Die Beschlagnahme eines Schiffes wegen 
Zuführung von K. kann nur innerhalb 
des Seekriegsfeldes, d. h. auf hoher 
See oder in den Gewässern der Kriegführenden, 
und zwar während der ganzen Dauer der Reise 
stattfinden, selbst wenn das Schiff die Absicht hat, 
einen neutralen Hafen anzulaufen, bevor es die 
feindliche Bestimmung erreicht. Die Zulässigkeit 
der Beschlagnahme hängt auf das engste mit dem 
Delikt der beabsichtigten Zuführung der K. zu- 
sammen, so daß eine Beschlagnahme wegen früher 
ausgeführter, aber bereits vollendeter Beförde- 
rung von K. nicht bewirkt werden kann (a 38). 
2. Die Gegenstände der K. unterliegen der Ein- 
ziehung (a 39), nicht auch die unverfängliche La- 
dung der Schiffe. In Würdigung strafrechtlicher 
Momente wird die Konfiskation u. U. auch auf 
das Schiff und die unverfängliche Ware ausgedehnt. 
Die Londoner Deklaration hängt — wie sich aus 
den Verhandlungen ergibt — auch mit strafrecht- 
lichen Gesichtspunkten zusammen. Nach a 42 
unterliegen die dem Eigentümer der K. gehören- 
den Waren der Einziehung; die Einziehung des 
Schiffes (a 40) ist zulässig, wenn die K. nach Wert, 
Gewicht, Umfang oder Fracht mehr als die Hälfte 
der Ladung ausmacht (in einzelnen Staaten galten 
anderweite Methoden). 
Kann das Schiff nicht eingezogen werden, weil 
die K. nicht mehr als die Hälfte der Gesamtladung 
ausmacht, so würden sich die Folgen der Zufuhr 
lediglich auf die Einziehung der K. beschränken, 
womit vielfach für den Kapitän bezw. den Eigen- 
tümer des Schiffes gar kein Nachteil verknüpft 
wäre; auch läge darin geradezu eine Ermutigung 
zum K. Handel; hier fallen nach a 41 die dem 
Nehmestaat durch das Prisenverfahren sowie durch 
die Erhaltung von Schiff und Ladung usw. er- 
wachsenen Kosten als Surrogat der Konfiskation 
dem kontravenierenden Schiffe zur Last. Die 
Anwendbarkeit dieser Bestimmung hat natürlich 
zur Voraussetzung, daß das wegen K. angehaltene 
Schiff in einen Prisenhafen verbracht und der 
Prisenprozedur unterzogen worden ist. Ist die 
Menge der vorgefundenen K. nur gering, so liegt 
es nahe, die schweren Nachteile, welche mit der 
Konterbande 
  
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Ablenkung des Schiffes von seiner Fahrt und der 
Zurückhaltung während der Dauer der Unter- 
suchung verbunden sind, zu würdigen. „Ein 
wegen K. angehaltenes Schiff, das mit Rücksicht 
auf das Mengeverhältnis der K. nicht der Ein- 
ziehung unterliegt, kann je nach den Um- 
ständen zur Fortsetzung der Fahrt ermächtigt 
werden, wenn der Kapitän bereit ist, die K. dem 
Schiff des Kriegführenden zu überliefern“ (a 44). 
Für die Sicherung der Beweisaufnahme im 
Prisenprozeß bestimmt a 44 Abs 2, daß die Ueber- 
gabe der K. von dem nehmenden Kriegsschiff in 
dem Tagebuch des angehaltenen Schiffes zu ver- 
merken ist und daß der Kapitän dieses-Schiffes 
dem nehmenden Kriegsschiff beglaubigte Abschrift 
aller zweckdienlichen Papiere zu übergeben hat. 
— Doa die übernommene K. für das nehmende 
Kriegsschiff lästig sein kann, wurde in a 44 Abs 3 
die sofortige oder spätere Zerstörung der 
Konterbandewaren für zulässig erklärt. 
#6. Einziehung gegen Entschädigung. Eine 
feindselige Handlung liegt offenbar nicht vor, 
wenn ein Schiff auf See angetroffen wird, das 
sich in Unkenntnis der Feindseligkeiten oder der 
auf seine Ladung anwendbaren K. Erklärung be- 
findet. Hier haben die Neutralen vollen Anspruch 
auf Schonung; um deswillen schließt die Dekla- 
ration die Anwendbarkeit des strengen Rechts aus 
und gestattet in a 43 lediglich Einziehung 
gegen Entschädigung. Das Schiff 
und die un erfängliche Ladung sind 
von der Einziehung sowie von den in a 41 vor- 
gesehenen Kosten befreit. Ebenso ist vorzugehen, 
wenn der Kapitän von dem Beginne der Feind- 
seligkeiten odeer von der K. Erklärung Kenntnis 
erlangt hat, die Gegenstände der K. aber noch 
nicht hat ausladen können. Die Behandlung dieser 
Fälle hängt mit jenen Erwägungen zusammen, 
die zu dem Haager Abkommen v. 18. 10. 07 über 
die Behandlung der feindlichen Handelsschiffe 
beim Ausbruch der Feindseligkeiten geführt haben. 
a 43 der Deklaration normiert die Vermutungen 
betreffend die Kenntnis des Kriegszustandes oder 
der Konterbandeerklärung. 
DQuellen und L#iteratur: LDie allgemeine 
völkerrechtliche Regelung erfolgte neuestens durch die 
Londoner Deklaration v. 26. 2. b0 à 22—44.— 
Fleischmann, Völkerrechtsquellen S ö7, 58, 205, 207; 
Kleen, Om Krlegakontraband (1888), in der Revtne 
de dr. Intern. et leglel. Comp. XXV, Lois et unges de la 
Neutralité 1, 348 su., De la contrebande de guerre (1893), 
ferner in Revue générale de dr. intern. public 4, 207 E11., 
11, 353 sq. und Annunire de I'Institut de dr. intern. 13, 
75 sa; Perels, Intern. Scerecht 234 und Annuairo ele 
Tnst. de dr. intern. 13, 58 sa.; Heffter-Gesscken, 
Bölkerr. 3 158 ff; Gefscken in v. Holtzendorffs HB VR 
4, 713 f; Geßner, Le drolt des neutres sur mer 
82 sq. und in v. Holtzendorsfs RL „Konterbande“; F. v. 
Martens, Völkerrecht 2, 514 ff; Lehmann, Die 
Zufuhr von K. (1877); Vossen, Die K. des Krieges (1896); 
Oirsch, K. und verbotene Transporte (1901); Wiegner, 
Die Kriegs K. (1904); v. Ferncck, Die Kricgs K. (1907); 
Brochet, De la contrebande de guerre (1900); Dupuis, 
Le droit de la guerre aur mer, No. 199 sa.; Holland, 
Manual of Naval Prize Law 15 57 8q. — Mit Bezug auf die 
Reform des Seekriegsr.: Niemeyer, Prinzipien des 
Seekriegsr. (1909) und Das Seekrieger. nach der Londoner 
Dekl. v. 1909 (1910); v. Ullmann im Jahrb Oef
	        
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