720
sondere Normen der Hausgesetze bezw. des deut-
schen Privatfürstenrechts. Allgemein bestimmt
a 57 EG z. BGB, daß die Vorschriften des BGB
auf die Mitglieder der landesherrlichen Familien
wie auf die Landesherren selbst nur insoweit An-
wendung finden, als nicht besondere Vorschriften
der Hausverfassungen oder der Landesgesetze ab-
weichende Bestimmungen enthalten. Daneben
gelten die speziellen Bestimmungen des R v.
6. 2.75 F. 72 für die Mitglieder der landesherrlichen
Familien wie für die Landesherren selbst fort.
d) Auch die Bestimmungen des GVe# finden
nach §& 5 des EE auf die Mitglieder der landes-
herrlichen Familien, wie auf die Landesherren,
nur insoweit Anwendung, als nicht besondere
Vorschriften der Hausverfassungen oder der Lan-
desgesetze abweichende Bestimmungen enthalten.
Insbesondere kommt in der großen Mehrzahl der
deutschen monarchischen Einzelstaaten auch den
Mitgliedern des l. H. ein privilegierter
Gerichtsstand zu, der meist im Anschluß an
die deutsche Gerichtsorganisation eine neue landes-
gesetzliche Normierung wenigstens für Zivilsachen
erhalten hat. Für bürgerliche Streitigkeiten der
Mitglieder des l. H. unter sich kommen noch viel-
fach (so insbesondere auch in Preußen) Austräge
zur Anwendung. In Strafssachen der Mitglieder
des Hauses legen die neueren Hausgesetze zumeist
dem Landesherrn selbst die Entscheidung resp. die
Bestätigung des Erkenntnisses bei (1 Gerichts-
verfassungl.
ep) Einen dem a 57 Es# z. BGB und dem *5
EG z. GBVG analogen Vorbehalt enthalten das
EG z. ZPO #5, das E# z. Konk. O #5#7 und das
Es z. St PO & 4. Unmittelbar gewähren die
83 FPF 219, 375, 479, 482 und die StpO # 71
den Mitgliedern der l. H. wie den Landesherren
Befreiungen von der Pflicht persön-
lichen Erscheinens an der Gerichts-
stelle, sowie die Begünstigung schrift-
licher Eidesleistung.
f) In umfassendem Maße hat die Gesetzgebung
des neuen Deutschen Reichs die Mitglieder der l. H.
von militärischen Leistungen erxi-
miert, insbesondere von der Wehrpflicht,
(R v. 9. 11. 67, betr. die Verpflichtung zum
Kriegsdienste, 5 1; v. 25. 6. 68 5 4; v. 24. 5. 98
##d 3 und 5).
8) Vielfach kommen den Mitgliedern der landes-
herrlichen Familien Vorrechte hinsichtlich der Be-
steuerung zu, insbesondere in Preußen Be-
freiung von allen Steuern und Abgaben mit Aus-
nahme der Grundsteuer (AE v. 14. 8. 52 Nr. 3;
Einkommensteuer G v. 19. 6. 06 8 3; KommAbgG
v. 14. 7. 93 5J§ 24, 40 und 68), in Bayern von
staatlichen Personalsteuern (Vul Beil. IV # 53).
Portofreiheit besteht nur noch für die
Landesherren selbst, ihre Gemahlinnen und Wit-
wen, und zwar in dem früheren Umfange (Ru
v. 5. 6. 69 § 1 vgl. mit §& 6).
h) Den Mitgliedern der l. H. stehen besondere
Ehrenvorzüge zu. Vor allem haben sie An-
spruch auf eine ihrer Stellung bezw. dem Titel des
Staatsoberhauptes angepaßte Titulaturnach
näherer Maßgabe des Hausrechts resp. landesherr-
licher Anordnung. Ferner gebührt ihnen, sobald sie
seloständig etabliert sind, ein besonderer Hof-
staat.
i) Den Mitgliedern des l. H. als solchen („ohne
Landesherrliches Haus
daß sie schuldig wären, dafür Dienste zu leisten“")
stehen vermögensrechtliche Anspruü-
che gegenüber dem Landesherrn
oder dem Staate zu IX Apanagenl.
# 4. Beschränkungen durch die Hausgewalt
des Landesherrun. Die dem Landesherrn über die
Mitglieder seines Hauses zustehende Hausge-
walt (F§85 2, 3) ist wesentlich bestimmt, das An-
sehen des l. H. und damit die Würde der Krone
sowie die Ruhe und Ordnung innerhalb des Hauses
aufrecht zu erhalten (vgl. besonders bayer. Fa-
milienstatut von 1819 Tit. IV 3; sächs. Haus G
von 1837 § 4; württ. HausG von 1828 a 10;
oldenburg. Haus G von 1872 a 6). Dieselbe besteht
in einer, die Selbständigkeit der Familienmitglieder
beschränkenden Oberaufsicht. Im Falle
einer Regentschaft (#| kommt dem Regenten die
selbständige Ausübung auch der in der Hausge-
walt enthaltenen Befugnisse zu.
Nach den neueren Hausgesetzen, mit denen die
Observanz insbesondere des preußischen Königs-
hauses übereinstimmt, äußert sich die Unterordnung
unter die Hausgewalt hauptsächlich in folgenden
speziellen Beschränkungen der Mit-
glieder des Hauses:
a) Sie bedürfen zu ihrer Vermählung
der Zustimmung des regierenden Familienhauptes.
Regelmäßig ist die ohne solchen Konsens ge-
schlossene Ehe zwar gültig (anders nach dem sächs.
Haus G von 1837 5 9), aber Gattin und Kinder
werden nicht Glieder des l. H. und haben nicht
die mit dieser Mitgliedschaft verbundenen recht-
lichen Vorteile (loben § 3). Ferner sind die Ehe-
verträge der Mitglieder des Hauses nichtig,
wenn sie nicht die Zustimmung des Familienhaup-
tes erlangt haben (in Preußen werden die Ehe-
verträge der Prinzen und Prinzessinnen des
Kgl Hauses im Namen des Königs abgeschlossen).
b) Für den Aufenthalt in fremden
Staaten bedürfen die Mitglieder des Hauses
der Erlaubnis des Familienhauptes. Dieses Er-
fordernis gilt noch — ungeachtet des Freizügigk. G
v. 1. 11. 67 — für den Aufenthalt auch in einem
anderen deutschen Einzelstaate.
c) Die Erziehung aller Prinzen und
Prinzessinnen des Hauses, ebenso die Vor-
mundschaften über sie, unterstehen der Auf-
sicht des Landesherrn. In Preußen ist der König
von Rechts wegen Vormund bezw. Kurator aller
einer Vormundschaft bezw. Kuratel bedürftigen
Glieder des Königshauses; jedoch kann mit seiner
Genehmigung die Vormundschaft bezw. Kuratel
anderen Personen übertragen werden, in welchem
Falle ihm die Obervormundschaft verbleibt.
d) Der Landesherr hat das Personal der Hof-
staaten der Mitglieder seines Hauses zu er-
nennen resp. zu bestätigen oder wenigstens ein
neecht der Ausschließung ihm nicht genehmer Per-
onen.
e.) Gegen Mitglieder des Hauses, welche Bestim-
mungen der Hausgesetze oder Anordnungen des
Familienhauptes verletzen oder ein mit der Ehre
des Hauses nicht vereinbares Verhalten beobachten,
hat der Landesherr ein Dis ziplinarrech t,
nicht aber das Recht der Verhängung von eigent-
lichen (peinlichen) Strafen.
z 5. Das Ministerinm des landesherrlichen
Hauses. In zahlreichen deutschen Staaten besteht
als oberste Behörde für die Wahrnehmung der An-