Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

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Hat die II. K das Gesetz gleich anfangs abgelehnt, 
so besitzt das andere Haus kein Amendierungsrecht, 
denn a 65 Abf 3 bezieht sich lediglich auf Einzel- 
beschlüsse des anderen Hauses. Es kann dann nur 
den Beschluß der II. K im ganzen verwerfen oder 
annehmen. 
In beiden Fällen ist das Verfahren beendigt. 
JO) Lehnt die I. K das Finanzgesetz in der Fassung 
des anderen Hauses ab, so wird hier „durch- 
gestimmt“. Wie in Württemberg, tritt das Zu- 
sammenzählen kraft Gesetzes, somit auch dann 
ein, wenn die II. K nicht will. Die Regierung 
allerdings kann es durch Zurückziehen des Ent- 
wurfes vereiteln. Von dem allgemeinen in §# 6 
erwähnten Durchstimmrechte unterscheidet sich 
dieses dadurch, daß absolute Mehrheit genügt. 
2. Alle diese Vorrechte sind seit dem Verf Aen- 
derungs G v. 3. 6. 11 für einen Fall generell 
durchbrochen. Abs 5 bes neuen a 67 der Verf 
schreibt vor: Erfordert ein Gegenstand einen Ge- 
samtkostenaufwand von mehr als 200 000 Mk., 
der durch Anlehen gedeckt werden soll, so dürfen 
die Mittel nicht im Hauptvoranschlage, sondern 
nur in einer besonderen Vorlage angefordert wer- 
den. Diese Vorschrift war der zweite Preis, den 
die I. K für ihre Zustimmung zur Wahlreform 
forderte. Die Bestimmung hat zur Folge, daß 
die I. K bei der Behandlung gleichberechtigt ist. 
Doch gilt die Vorschrift nicht uneingeschränkt, 3 67 
Absö bleibt außer Anwendung bei Anforderungen, 
die gestellt werden a) zur Erfüllung von Rechts- 
pflichten der Staatskasse (z. B. aus dem Eisenbahn- 
Vertrag mit Preußen), b) zur Durchführung ge- 
setzlich beschlossener Maßregeln und o) zur Deckung 
von Fehlbeträgen der Verwaltung. 
3. Formell bedeutsam ist, daß das erste, was zu 
geschehen hat, nachdem das Finanzgesetz mit dem 
Hauptvoranschlage bei der II. K eingebracht ist, 
vertrauliche Besprechungen zwischen den Aus- 
schüssen beider Häuser sind. 
#5#13. Die Finanzprivilegien in Bayern und 
Sachsen. Hier ist schon nach dem Gesetze die II. K 
auf das Zuerstberatungsrecht beschränkt, aber auch 
dieses Prioritätsrecht ist noch eingeengt. Es hat 
sich in Bayern und Sachsen gewohnheitsrechtlich 
entwickelt, worauf das Oberhaus in Baden, Würt- 
temberg und Hessen jetzt gesetzlich ein Recht hat, 
daß die II. K bereits ihre Beschlüsse über die 
einzelnen Teile des Hauptetats dem anderen 
Hause mitzuteilen hat. 
Jellinek, Der Anteil usw. legt dem Prioritätsrechte 
auch materiellrechtliche Bedeutung bei. Er behauptet S 107, 
überall, wo das System der Priorität der II. K herrsche, 
könnten dieser nicht genehme Finanzmaßregeln gar nicht an 
die I. K gebracht werden. Darin liegt die Meinung, die 
en bloc-Ablehnung der Vorlage durch die II. K hindere 
jedes weitere Berfahren. Davon kann aber keine Rede sein. 
Deun die Gesamtablehnung enthält keine Bernichtung der 
Vorlage, sondern nur die Crklärung eines Weiles, von ihr 
nichts wissen zu wollen; sodann kann der andere Teil doch 
amendieren. Das Oberhaus kann teilweise oder völlige Ab- 
änderung vorschlagen, unter anderem so, daß cs teilweise 
oder völlige Rückkehr zur Reg Vorlage beantragt. Zellineks 
Lehre ist für Staaten angängig, wo, wie in Frankreich, die 
Regierung es ist, welche die von der einen K erledigte Vor- 
lage an die andere gibt. Hieraus läßt sich ableitren: die Ini- 
tiative der Regierung wirkt nur gegen eine Kj lehnt diese 
ab, so ist die Vorlage vernichtet: Hinübergabe an das Cber- 
haus wäre Einbringen einer neuen Vorlage, was unmöglich 
Landtag 
  
  
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sei, weil Finanzvorlagen nur beim Unterhause eingebracht 
werden dürfen. — Wenn das Oberhaus Wiederherstellung 
der Reg Vorlage beantragt, so nimmt es auch kein Initlativ- 
recht in Finanzsachen in Anspruch. Denn Gesetzesinitiative 
bedeutet erste Vorlage eines ganzen Entwurfes. Die noch 
so umfassende Umgestaltung eines vorgelegten Entwurses 
ist nicht Gesetzesinitiative, sondern Gesetzesamendierung. 
Tatsächlich, politisch gibt auch das Prioritäts- 
recht dem Unterhause materielle Ueberlegenheit. 
Das Unterhaus besitzt in dem Erstberatungsrechte 
die Möglichkeit, die Behandlung des Etats so lange 
auszudehnen, daß die I. K von ihrem Budget- 
rechte nur geringen Gebrauch machen, das Amen- 
dierungsrecht kaum ausüben kann, wenn sie nicht 
anch ihrerseits an dem sachwidrigen nicht recht- 
zeitigen Fertigstellen des Etats mitschuldig werden 
wi 
# 14. Sitzungsperioden. Session, Tagung, 
Sitzungsperiode ist der Name für die Beratungs- 
periode. Sie beginnt mit Eröffnung und endigt 
regelmäßig durch Schließung, ausnahmsweise 
durch Ablauf oder vorzeitige Beendigung der 
Legislaturperiode. Durch Vertagung, die auf 
bestimmte oder unbestimmte Zeit erfolgen kann, 
wird die Session nur unterbrochen. Daher gilt 
die K auch als versammelt, während sie vertagt 
ist, obwohl da jedes Zusammentreten als L. ver- 
boten und jeder L.Beschluß nichtig wäre. Wäh- 
rend der Vertagung laufen also Immunität 
und, sofern ein Gesetz (wie das RTDiäten G v. 
21. 5. 066) nichts anderes bestimmt, Diten fort 
[UAbgeordnetel. Eine Notverordnung da- 
beten kann auch während der Vertagung er- 
gehen. 
„Ordentliche“ Session heißt die, welche aus 
einem allgemeinen periodisch wiederkehrenden 
Grunde zu berufen ist. Jede andere Session wird 
waußerordentlich“ genannt. In Preußen (Verf 76) 
und im Reiche (RV 13) ist das P jährlich zu be- 
rufen, spätestens also für den 31. Dezember. 
Wurde der L. in einem Jahre am 12. Januar 
berufen, so bildet den äußersten Termin für das 
nächste Jahr der 31. Dezember. Nahezu aus- 
nahmslos wird dem Pin der ordentlichen Session 
der Etat vorgelegt (in Sachsen muß es geschehen: 
Verf 98, 115). Der ordentliche L. ist daher ge- 
wöhnlich Budget L. Dies setzt voraus, daß die 
ordentliche L. Periode, d. h. der Zeitraum, der 
höchstens zwischen zwei Sessionen liegen darf, und 
die Finanzperiode [U Staatshaushaltl an- 
nähernd gleich bemessen sind. In Preußen und 
im Reiche betragen beide 1 Jahr, nur mit dem 
Unterschiede, daß die eine vom 1. Januar, die 
andere vom 1. April läuft. Ist die Finanzperiode 
kürzer als die L. Periode, so bewirkt dies, daß die 
ordentliche L. Periode tatsächlich auch kürzer wird. 
In Bayern ist die L. Periode dreijährig (Verf VII 
22), die Finanzperiode zweijährig. Bis 1865 war 
die Finanzperiode sechsjährig; also war nicht jede 
ordentliche Session Budgetsession. 
Der Zeitpunkt der Schließung steht im Ermessen 
der Regierung, nicht so die Dauer der Vertagung. 
Im Reiche (RV 26) und in Preußen (Verf 52) 
darf sie ohne Zustimmung des P weder die Frist 
von 30 Tagen übersteigen noch während derselben 
Session wiederholt werden. Vexatorische Unter- 
brechungen sollen unmöglich sein. Stimmt die 
BVV nicht zu, so bleibt der Regierung nur 
die Möglichkeit der Schließung. Damit wird aber 
  
 
	        
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