Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Lehnrecht 
  
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gegen jährliche Geldzahlung mit einigen Aus- Kosten nicht auf; die nicht allodifizierten L ersetzen 
nahmen an, ohne daß aber das Gesetz voll durch- 
geführt wurde. Die im Verfolg der französischen 
Revolution ergehende Gesetzgebung des 19. Jahr- 
hunderts brachte dann aber in der Hauptsache die 
Beseitigung der L und zwar wurde jetzt auch die 
Beseitigung der Gebundenheit gegenüber den 
Anwärtern angestrebt und fast überall durchge- 
führt, so daß nur noch Reste der alten L Verhält- 
nisse existieren. Das Reichsrecht hat nicht einge- 
griffen, vielmehr erhält a 59 und a 1812 Ec# 
z. BG#B das partikuläre LR aufrecht (vgl. dazu 
die Kommentare insbesondere von Planck, Nied- 
ner und Staudinger). 
I. In Preußen hat die Verf a 40 und 41 
die Neuerrichtung von L untersagt und die Ab- 
schaffung der bestehenden in Aussicht gestellt; 
ausgenommen sind die Thron, d. h. die L, welche 
nicht durch den LHof sondern durch den Landes- 
herrn selbst vor dem Thron verliehen werden 
(Sagan, Oels, Troppau, Jägerndorf, Fürstentum 
Krotoschin, ferner die L der mediatisierten Fürsten 
von Solms-Braunfels, Hohensolms, Stolberg (d. h. 
Stolberg-Stolberg, Stolberg-Roßla, nicht Werni- 
gerodel, Wittgenstein, Wied) sowie die außerhalb 
des Staats gelegenen (wie Troppau, Jägerndorf). 
Die Lperrlichkeit wurde allgemein, mit Ausnahme 
der Abgaben, aufgehoben durch „pas G v. 2.3. 50 
82nLund §5; das Gv. 5. 6. 52 stel 2e die Auf- 
lösung des L Verbandes in Aussicht. Für einzelne 
Provinzen oder deren Teile ergingen dement- 
sprechend besondere ergänzende Gesetze; für die 
neueren Provinzen gelten zum Teil noch derartige 
Gesetze aus der vorpreußischen Zeit;z in allen diesen 
Gesetzen ist die Aufhebung der LSukzession und 
des Agnatenverbandes unter Verwandlung des 
L in Allod oder in Fideikommiß (] ermöglicht. 
Ostpreußen, G v. 23. J. 57, 16. 3. 77 (Westpreußen hat 
keine L), Pommern, G v. 10. 6. 56, 4. 3. 67, 27. 6. 75, Neu- 
vorpommern, 8 v. 18. 2. 1811 (11. 10. 1810), Brandenburg, 
Gv. 15. 5. 52 (Kurmark!), 23. 7. 75, Provinz Sachsen, G 
v. 28. 3. 77 und (Altmark) G v. 23. 7. 75,. Schlesien, Gv. 
19. 6. 76, Westfalen, G’v. 3. 5. 76, Rheinprovinz, Kaiser= 
liche (franz.) Dekrete v. 11. 1. 1809, 9. 12. 1811, 28. 3. 1800, 
Hohenzollern, G v. 28. 5. 60, Lauenburg, Gv. 8. 3. 76, Han- 
nover, G v. 13. 4. 36, 19. 7. 48, 24. 1. 51 (Arenberg-Meppen) 
B v. 3. 10. 1809, V v. 24. 5. 1822 und 31. 12. 1827, Hessen- 
Nassau, Gv. 26. 8. 48 und 20. 6. 50 (Kurhessen), Gv. 2. 5. 
49 (ehemals Großhz. hessische Gebietsteile), G v. 4. 6. 48 
(ehemals bayer.), Gv. 5. 6. 52 (Nassau). 
In den nicht genannten preußischen Gebiets- 
teilen bestehen entweder keine L (so Westpreußen, 
ehemals Hamburgisches Gebiet) oder es gelten 
lediglich die allgemeinen Gesetze von 1850 und 
1852 (Posen). 
Lehnshöfe sind in den alten Provinzen 
die Oberlandesgerichte (V v. 2. 1. 49 8 25; AG 
z. GVG v. 24. 4. 78 5 49), ausnahmsweise die 
Landgerichte (Gv. 3. 5. 76, 28. 3. 77, vgl. G v. 
26. 5. 73), in Schleswig ebenfalls das Oberlandes- 
gericht (AEG z. GVG F 49 Nr. 2 mit preuß. FGG 
à 130 Nr. VII), dagegen in Hannover (AE v. 
29. 8. 84), Kassel und Wiesbaden (AE v. 11. 4. 68) 
die Bezirksregierungen. Thron L verwalten die 
Min Inn und der Justiz gemeinsam (V v. 3. 10. 48, 
11. 4. 68). 
Praktisch sind in Preußen L noch vielfach 
infolge des langsamen Vorschreitens der Allodi- 
fikation; die Vasallen lösen z. T. wegen der 
  
— — — — — — — 
  
das Fideikommiß. 
Nach freundlicher amtlicher Auskunft der betr. LHöfe 
bestehen in der Provinz Hannover zur Zeit noch 32 L, 
und zwar 18 an Grundstücken, 2 an Grundstücken verbunden 
mit Aemtern, 2 an Grundstücken mit Kapitalien, 3 an 
Kapitalien, 6 an Aemtern, 1 an Rechten; in Wiesbaden 
ist dagegen alles allodifiziert, ebenso in Kassel, wo 
aber noch 4 Aemter L (Erbmarschall, Kämmerer, Küchen- 
meister, Schenk) bestehen, von denen jedoch nur das Erb- 
kämmererL noch mit einem Nutzungsrecht an einem Kapital 
verbunden ist. Im Bezirk des Kammergerichts 
werden noch 108 L verwaltet, die Allodifikation schreitet lang- 
sam vorwärts (1907: 2 L Stämme, 1908: 1 L Gut und 5 
L Stämme, 1910: 1 und 3, 1911: 2 L Güter, 1912: 1 L Gut, 
1 L Stamm); das Oberlandesgericht Breslau beauf- 
sichtigt nur drei Thron L (Sagan, Katscher, das Liechten. 
steinsche Thron L, betr. die beiden letzteren auch nur die 
Geldmassen); im Bezirk des Oberlandesgerichts Posen 
besteht nur das Thron L Krotoschin des Fürsten Thurn und 
Taxis; im Bezirk des Oberlandesgerichts Stettin sind 
die L noch sehr zahlreich, es bestehen in Alt--Borpommern 
noch 16 L (auf 20 Gütern sowie 4 Aemter- und 1 Geld L) 
und in Hinterpommern noch 30 L (auf 84 Gütern sowie 
3 Aemter L und 2 Geld L), während zu Beginn der Allodifi- 
kation in Alt-Borpommern 25 L auf 103 Gütern und in 
Hinterpommern 41 L auf 520 Gütern bestanden; im Be- 
zirk des Oberlandesgerichtt Königsberg haben die 
früher sehr zahlreichen L fast alle ihre L Qualität verloren, 
und zwar meist infolge Subhastation nach den Napoleonischen 
Kriegen, es bestehen nur noch 2 L Güter (Friedrichsstein- 
Wehnefeld und Wildenhoff) sowie 4 L Stammgutmassen 
(im Gesamtbetrag von ca. 170 500 Mk.); im Bezirk des 
Oberlandesgerichts Naumburg sind die L Verbände bis 
auf unerhebliche Ausnahmen, die alt- und kurmärkische 
L Stämme betreffen, ausgelöst, namentlich wahrscheinlich 
restlos für L Grundstücke; êAemter L bestehen nicht. Das 
Oberlandesgericht Hamm bewahrt noch 13 weggelegte 
Akten aus dem Bezirk Arnsberg, andere sind an die Land- 
gerichte Dortmund, Hagen, Münster abgegeben, in deren 
Bezirken noech L zu bestehen scheinen. Das Oberlan'es- 
gericht Kiel verwaltet drei LMassen (Schackenburg, Re- 
ventlow. Sandberg und das Plessensche Präzipuum), die 
aber vielleicht nur modifizierte Fideikommisse sind. 
II. In Bayern ist durch LEdikt v. 7. 7. 1808, 
G v. 15. 8. 1828 und insbesondere G v. 4. 6. 48 
die Allodifikation ausgesprochen, sowic angeord- 
net, daß nach dem Aussterben der Erbfolgebe- 
rechtigten das L sich civiliter vererbt; von der 
Allodifikation ausgeschlossen sind Thron L und ge- 
wisse auf Kal Dotation oder auf Staatsverträgen 
beruhende Lehen. 
III. In Sachsen ist die Ablösung durch Kgl De- 
klaration v. 22. 5. 72 erfolgt, der L Verband ist 
aber z. T. bestehen geblieben; es gibt (nach einer 
gütigen Auskunft des Kal Sächsischen Justiz Min) 
noch 1 echtes L, bei dem die Ober Lerrlichkeit 
(resolutiv bedingt) noch besteht (Solms-Wilden- 
fels) und an unechten L mit Fortbestehen des 
L Verbandes 41 sowie 5 LStämme (gegen ca. 100 
Lim Jahre 1879 nach der Mitteilung Neubauers); 
das letzte AemterL ist 1910 gelöscht worden. Aehn- 
liche Grundsätze befolgte Württemberg im 
Gv. 14. 4. 48 und 8. 10. 74 sowie Baden im 
Konstitutionsedikt v. 12. 8. 1807; Gv. 9. 8. 62 
und 19. 4. 56, wo die L stammgutartigen Charakter 
angenommen haben. 
IV. Für Großherzogtum Hessen: G v. 2. ö. 40, 
Mecklen burg Schwerin und Mecklenburg-
	        
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