Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Luxussteuern 
  
weiteren Begriff von L gehörige Belastungen des 
Besitzes oder Konsums der wohlhabenden Schich- 
ten, z. B. von Parks oder feinerer Qualitäten von 
Waren (Schaumwein), fallen aus dem gewöhn- 
lichen Begriff der LSt heraus, der ziemlich 
kasuistisch nur eine geringe Zahl von speziellen 
Aufwandserscheinungen umfaßt. Die Tendenz 
der LSt ist hierbei, eine ergänzende Sonderbe- 
lastung der Wohlhabenden zu erreichen und da- 
durch als sozialer Ausgleich zu wirken. Zweifel- 
haft ist es, ob die LSt dem L entgegenwirken 
sollen und können. Nur teilweise besteht diese 
Tendenz; meist handelt es sich um reine Finanz- 
interessen, die zu ihrer Erhebung führen. Einige 
Autoren sordem eine starke Ausdehnung der LSt, 
doch lassen sich hiergegen volkswirtschaftliche, 
steuerpolitische und technische Gründe geltend 
machen. 
Eher als für den Staat eignen sich die LSt 
für die Gemeinden. In den deutschen St S- 
stemen spielen nur wenige eine Rolle. Je 
nach der Abgrenzung der Begriffe direkter und 
indirekter St wird man die LSt zu diesen oder 
jenen rechnen. Unter dem Gesichtspunkt der 
Ueberwälzungslehre handelt es sich meist um 
direkte Aufwand St, die der Zahler selber trägt, 
nach der Verw erminologie um indirekte nach 
Tarifen erhobene St. Die gesetzliche Zurechnung 
zu den einen oder anderen ist mit Bezug auf die 
Wahlrechte nicht unwesentlich. 
Geschichtlich tauchen die L St als Mittel der Be- 
kämpfung des L um die Wende des 16. Jahrhun- 
derts auf. Holland führte im 17. Jahrhundert St 
auf Wagen und Dienstboten ein. Im 18. Jahrhun- 
dert bildeten England und Frankreich die LSt als 
Finanzquellen weiter aus. Preußen, das bereits 
1698 eine Karossen- und Perücken St in Berlin ein- 
führte, nahmin die Akziseordnung verschiedene LSt 
auf und suchte, ähnlich wie Frankreich nach dem Krieg 
von 1870/71, sich in den Finanznöten des Jahres 
1810 durch LSt, und zwar durch progressive St 
auf Dienstboten, Hunde, Reit= und Kutschpferde 
sowie Wagen steigende Einnahmen zu verschaffen. 
Das pr. Edikt v. 28. 10. 1810 (GS 33) wurde aber 
nach wenigen Jahren aufgehoben. Auch die übri- 
en deutschen Staaten gri en die LSt auf. Gegen 
de des 18. und im Laufe des 19. Jahrhunderts 
wurden vielfach St auf Wagen, Pferde, Hunde, 
Billards, Kegelbahnen, Dienstboten, Landhäuser, 
Nachtigallen eingeführt. Die Besteuerung von 
Lustbarkeiten zeigt sich früh (1796) in Hamburg 
(allgemeine Vergnügungs t), in Elsaß-Lothringen, 
in Lübeck (1810), in Bremen (1814) sie findet ihre 
systematische Ausgestaltung aber erst in der 
neuesten Zeit. Dieser gehört naturgemäß auch 
erst die Besteuerung von Fahrrädern und Auto- 
mobilen an. 
II. Die deutschen Luxussteuern. 
Gegenwärtig spielen in Deutschland, abgesehen. 
von der Schaumwein St J#|1, eine Rolle: 1. die 
Hunde St; 2. die Nachtigallen St; 3. die Automobil- 
und Fahrrad St (vereinzelt Wagen- und Pferde St), 
4. die Lustbarkeits St. Die Zuständigkeit ist nach 
St Art und Staat sehr verschieden (s. u.). # 
Preußen sind aus der Reihe der LSt folgende 
Arten „von indirekten Gemeindesteuern“, die an 
sich nicht aus dem Rahmen des KommAbgG z 13 
fallen würden, für ungeeignet zur Genehmigung 
erklärt worden: St auf das Halten von Klavieren, 
  
Fahrrädern, Equipagen, Pferden. MinE v. 
22. 12. 94 (MBI 1895, 15). Durch Min E v. 5. 6. O9 
(Ml 149) sind in Preußen kommunale Automo- 
bilSt untersagt. 
III. Wegen der Schutzgebiete ] Kolonial-- 
finanzen 8 6. 
# 2. Hundestenern im allgemeinen. Die 
Hunde St werden zwar außer aus finanzpolitischen 
auch aus polizeilichen Gründen erhoben, doch wird 
man sie trotzdem zu den wirklichen St und zwar 
zu den Aufwand St, und unter diesen zu den LSt 
rechnen können, trotzdem in ihnen zum Teil eine 
Gebühr steckt. Das Halten von Hunden erscheint 
in den steuerpflichtigen Fällen als entbehrlicher 
Aufwand, der als L erfaßt wird. Die Hunde St eig- 
nen sich besonders zur Gemeinde StlTUÜ, doch finden 
sie sich im Deutschen Reich als Staats= wie als 
Gemeindeabgaben und als Verbindung beider. 
Teilweise wird die vom Staat erhobene St den 
Gemeinden oder anderen Kommunalkörpern über- 
wiesen, teilweise erheben die Gemeinden prozen- 
tuale Zuschläge, teilweise ist der Gemeindeanteil 
Zweck St für die Armenpflege. Die Bezeichnung 
des St Subjektes ist nicht überall klar, als solches 
kommen Eigentümer, Besitzer und Hundehalter 
in Betracht (s. Schubert), doch ist der Besitzer 
wohl das geeignetste Subjekt. Auch kann der Besitz 
des Hundes wie der Hund selbst St Objekt sein. 
Die St Sätze sind entweder a) gar nicht oder 
b) nach der Bestimmung der Hunde oder o) nach 
Ortsklassen oder d) nach Zahl der Hunde in einem 
Haushalt abgestuft. Auch werden diese Prinzipien. 
kombiniert und bisweilen die Größe der Hunde 
berücksichtigt. — StBefreiungen sind vorgesehen 
aus staats-- und völkerrechtlichen Gründen für 
Hunde, die im Besitze von fremden Diplomaten 
sind, ferner für ganz junge Hunde, bisweilen so- 
lange sie gesäugt werden, sowie mit Rücksicht auf 
die Verwendung der Hunde, besonders solcher, 
die öffentlichen Behörden gehören und zu öffent- 
lichen Aufgaben dienen, boch gehen einzelne Gesetze 
bezw. St Ordnungen viel weiter in der Befreiung 
(Preußen, Hessen). 
.L. Preußen. Von altersher war in Preußen 
die Hunde St eine Kommunal t, und zwar war 
den Städten der alten Provinzen durch KabO 
v. 29. 4. 1829, den Landgemeinden durch KabO 
v. 18. 10. 34 die Einführung einer St bis 9 Mk. 
für jeden nicht zur Bewachung oder zum Gewerbe- 
betrieb unentbehrlichen Hund zugebilligt. — 
Tuch die meisten übrigen Gebietsteile des heutigen 
Preußen besaßen Hunde St. Durch das Komm- 
Abg G v. 14. 7. 93 (GS 152), I## 2, 16, 93, in 
Kraft getreten zum I1. 4. 95, sowie a 3 dbes Abänd. G 
v. 30. 7. 95 (GE 409), sowie Ausf. Anw zum 
Kommbg v. 10. 5. 94, a 12 nebst Anlage 
(Muster St Ordnung) wurde die Hunde St in 
Preußen gesetzlich geregelt. Der für die Kreise 
maßgebende § 93 wurde durch den § 6 Ziff. 3 
des Kreis= und Provinzialabgaben G v. 23. 4. 06 
(GS 169) (Ausf. Anw v. 29. 9. 06) ersetzt. Auf 
Grund des Kommunal-Abgabengesetzes sind die 
Gemeinden zur Erhebung von St auf „das Halten 
von Hunden" befugt. Diese können nur durch der 
Genehmigung unterliegende St Ordnungen ein- 
geführt werden (Ss 16, 18, 77), à 12 der Ausf. Anw 
und Muster StO. „Halten“ bedeutet nicht not- 
wendig Eigentum OVG v. 10. 4. 99), jedoch ge- 
hört zum Anspruch einer Gemeinde auf die St 
 
	        
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