Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Mühlen 
ringen Kapitals, die Unentbehrlichkeit dieser M. 
für die Bereitung größerer Mengen des wichtigsten 
Nahrungsmittels sowohl im allgemeinen wie 
namentlich in den Burgen und Städten, die viel- 
fach auch als Zufluchtsorte für die Landbevölkerung 
dienten, und die Notwendigkeit, für solche An- 
lagen, die im Gemeingebrauche stehenden Sachen 
Wasser und Wind, die vielfach als den Obrigkeiten 
gehörig betrachtet wurden, als Triebkräfte zu 
gebrauchen,— alle diese Umstände riefen im Mittel- 
alter ein Sonderrecht der M. hervor, das in den 
einzelnen Teilen Deutschlands sehr verschieden 
geregelt war. Es betraf. hauptsächlich die Wss M, 
in gewissen Beziehungen auch die Wd M: Hand- 
oder Göpel= (durch Tiere bewegte) M. höchstens 
insofern, als derartige M. entweder überhaupt 
(z. B. in Teilen Ostpreußens, 3 d. Sav. St 
Germ. Abt. 28, 68) oder als Gewerbebetriebe 
verboten waren, die den konzessionierten WssM 
und Wd M Konkurrenz machten. Auf Dampf M. 
ist es nie angewandt worden. · 
Das M. Recht wurde in älterer Zeit vornehmlich 
in besonderen M.Ordnungen, außerdem auch 
in Weistümern, Stadt= und Landrechten, Landes- 
ordnungen und PolOrdnungen, in neuerer Zeit 
vielfach in besonderen Abschnitten umfassender 
Gesetze, namentlich solchen über gewerbe= oder 
wasserrechtliche Verhältnisse geordnet. Indes hat 
dies seit den letzten Jahrzehnten des 19. Jahr- 
hunderts aufgehört. Das M. Recht als Spezialrecht 
i. e. S. wird immer mehr zur Antiquität. Zum 
größten Teil haben die früheren Bestimmungen 
ihre Kraft verloren, weil sie der Technik und Volks- 
wirtschaft der Gegenwart nicht mehr entsprechen. 
So sind die Bannrechte, kraft deren der 
Berechtigte die Errichtung von M. in einem be- 
stimmten Bezirke verbieten konnte, und die 
Zwangsrechte, kraft deren die Einwohner 
eines bestimmten Bezirks oder einzelne Klassen 
derselben zum Mahlen ihres Getreides eine be- 
stimmte M. benutzen mußten, in Preußen durch 
Edikt v. 28. 10. 1810 (GÖS S 95), dem ähnliche 
Gesetze in anderen deutschen Staaten folgten, im 
ganzen Reichsgebiete aber 1869 durch GewO 97 
beseitigt worden. Damit sind auch die mit diesen 
Rechtsinstituten in Verbindung stehenden Vor- 
schriften über die Reihenfolge in der Bedienung 
der Mahlgäste aufgehoben. Die einzelstaatlichen 
Gewerbeordnungen und für das ganze Reich 
GewO #;8 72 haben aber auch die früher bestehen- 
den polizeilichen Taxen (J über die Natural= und 
Geldleistungen („Mahlmetze“ und „Mahllohn") für 
die Verarbeitung des Getreides zu Mehl beseitigt. 
Hingegen hatsich das besondere Recht der Wss M zu 
einem selbständigen Sonderrechte aller Arten von 
Wasserbetriebswerken entwickelt; in ihm besitzen 
nicht die M., sondern die mit Stauanlagen (W ver- 
sehenen Werke noch eigene, nicht allen Wasserbe- 
triebswerken gemeinsame Bestimmungen. Ebenso 
geben die neueren Gesetze statt für Wd Min der 
Reget Vorschriften für „durch Wind bewegte Trieb= 
werke. 
Demnach können vom Spezialrechte der M. 
i,. e. S. als geltendes Recht fast ausschließlich ver- 
einzelte Vorschriften über Wies M aus Gebieten 
mitgeteilt werden, in denen in neuerer Zeit 
keine Regelung des Wasserrechts stattgefunden hat. 
Unter Wss M werden in dieser Hinsicht lediglich 
mit Hilfe von Wasserkraft betriebene Anlagen ver- 
  
  
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standen, die aus Hülsenfrüchten durch Trennung 
der Hülse von ihrem Kerne bezw. außerdem durch 
Zerreibung dieses Kernes Verbrauchsartikel des 
täglichen Bedarfs herstellen, also Mehl-, Gries-, 
Grütze-, Schrot-, Malz= und OelM., dagegen nicht 
Schleif-, Polier-, Bohr= usw. M. 
Einzelne Bestimmungen sind besonders den 
Schiffsmühlen gewidmet, nämlich Wss M, 
bei denen in einen Strom gesenkte Räder auf 
Kähnen befindliche Mühlwerke treiben. 
§ 3. Das Reichsrecht überläßt die M. dem 
Landesrechte; bezüglich des Privatrechts EG 
BGa5, 164; §J 23 Abs 1 GewO; bezüglich 
der „Stauanlagen (/7) für Wassertriebwerke“. Für 
M. kommt auch §s 23 Abs 3 Gewp in Betracht, 
kraft dessen auch das einzelstaatliche Verwecht 
bezüglich der Wses M in Kraft bleibt. Nicht speziell 
die Wss M, sondern die zu Wassertriebwerken aller 
Art gehörenden Wasserbauten und der für sie 
errichtete Merkpfahl stehen nach St B §s 274, 
321, 325, 326 unter besonderem Strafrechtsschutz. 
Für WdM ist § 28 GewO von Bedeutung (Ent- 
fernung von benachbarten fremden Grundstücken 
und öffentlichen Wegen), der sich aber nicht auf die 
Wiedererrichtung zerstörter Anlagen (O#V## 10, 
283) bezieht. Ueber die für Getreide M. erlassenen 
Arbeiterschutzvorschriften und die ausnahmsweise 
Zulassung der Sonn= und Festtagsarbeit in Trieb- 
werken, die durch Wind oder unregelmäßige 
Wasserkraft bewegt werden, X Arbeiterschutz § 8 
II 3b, S160 und III d 2„, S 162, über das 
Verbot weiterer Konzessionierung von Schiffs M. 
im Rhein durch die Rheinschiffahrtsakte a 30 
Rheinschiffahrt. « 
§4.Prenßeu. 
RechtoqucllcmALRUIZULWMGübcrdieBei 
nutzung der Privatflüsse v. 28. 2. 43, durch B v. H. 1. 45 
(G35) auch im Bezirk des Appellationsgerichtshofes zu 
Köln eingeführt; Edikt v. 28. 10. 1810 über die M. Gerechtig- 
keit und Aufhebung des M. Zwanges und G wegen des Wasser- 
stauens der M. und der Benutzung der Vorflut v. 15. 11. 
1811 sowie zahlreiche für kleinere Gebiete erlassene Gesetze 
und Verordnungen (F. Frank, Gesetze betr. Wasserr. und 
Wasserpolizei im preuß. Staate 1888). An Stelle dieser 
Rechtsquellen wird demnächst ein einheitliches W G treten?½). 
a) Anlage einer Wassermühle. 
Zur Anlage eines Wassertriebwerks ist bei Privat- 
flüssen berechtigt, wer als Anlieger des Flusses 
die rechtliche Verfügungsgewalt über den Boden 
hat; unter Einhaltung der Schranken aus beson- 
deren Rechtstiteln (Dienstbarkeit, Vertrag usw.) 
oder Gesetz für anderes. In dieser Beziehung 
ist die nach GewO # 16 erforderliche Genehmigung 
zur Errichtung von Stauwerken auch für das 
Triebwerk selbst und sein Zubehör sowie bei einer 
M. ohne Stauwerk erforderlich. Für die Erteilung 
der Genehmigung muß maßgebend sein, daß durch 
die Errichtung der M. Rechte anderer Personen 
nicht geschmälert werden. Vor der Erteilung 
müssen deshalb die benachbarten M. Berechtigten 
und jeder gehört werden, dem sonst infolge des 
Baus oder auch der Veränderung einer M. durch 
Wasserentziehung Schaden erwachsen könnte. Der 
zu befürchtende Verlust von Mahlgästen berechtigt 
1) Bei Abschluß der Korrektur (Ende April 1913) ist 
das Wassergesetz noch nicht verkündet. Inwieweit der Rechts- 
stand durch das Wceh geändert wird, ist aus einem Nach- 
trage am Schlusse des 3. Bandes zu ersehen. [(D. O.]
	        
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