Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Zollwesen (Veredlungsverkehr) 
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tung erfahren (Färben oder Bedrucken eines 
Gewebes, Polieren oder Bemalen einer Holz- 
oder Metallware u. ä.). Diese Beschränkung ist 
indessen beim aktiven Veredlungsverkehr verlassen 
worden. In seinen Formen vollziehen sich auch 
Tätigkeiten, die nicht die Eigenschaft einer bloßen 
Vervollkommnung haben, sondern sich als voll- 
ständige Gütererzeugung darstellen, z. B. die Ver- 
arbeitung von Reis zu Stärke, von Kakao zu Scho- 
kolade, von Roh-- und Gußeisen zu Eisenwaren, von 
Getreide zu Mehl usw. Der Veredlungsverkehr 
dient in diesen Fällen dazu, die Verarbeitung an 
sich zollpflichtiger Rohstoffe und Halbfabrikate für 
den Auslandsmarkt dadurch zu ermöglichen, daß 
von der ZBelastung dieser Stoffe, die ihren Ab- 
satz ins Ausland hindern würde, abgesehen wird. 
Die Veredlung kann entweder auf Bestellung 
erfolgen; dann bleibt der Besteller Eigentümer 
der Ware und der Veredler leistet seine Arbeit 
im Lohn (Lohnveredlung). Oder der 
Veredler erwirbt die zu veredelnde Ware zu 
Eigentum, wird infolgedessen auch Eigentümer 
des veredelten Erzeugnisses und übernimmt dessen 
Vertrieb auf eigene Rechnung und Gefahr (Ei- 
genveredlung). Beim Veredlungsverkehr 
im engeren Sinne, bei dem die Veredlung ledig- 
lich in einem ergänzenden Arbeitsvorgang besteht, 
handelt es sich überwiegend, wenn auch keines- 
wegs ausschließlich, um Lohnveredlung, bei dem 
Veredlungsverkehr hingegen, der die zgollfreie 
Verarbeitung von Rohstoffen und Halbfabrikaten 
für den Auslandsmarkt ermöglichen soll, in der 
Regel um Eigenveredlung. Volkswirtschaftlich ist 
die Eigenveredlung von größerer Bedeutung als 
die Lohnveredlung. · 
II. Da jeder zollfreie Veredlungsverkehr eine 
Durchbrechung des ZSystems darstellt, bedarf es 
bei jeder Zulassung eines solchen der Prüfung, 
ob die Freistellung von ZBelastung mit dem 
durch den ZTarif gewährleisteten Schutz des hei- 
mischen Gewerbes vereinbar ist. Ein passiver 
Veredlungsverkehr soll schon nach # 115 
VBG nur in besonderen Fällen zugelassen 
werden; in der Veredlungsordnung (5 3) ist dies 
dahin erläutert, daß die Zulassung nur ausnahms- 
weise erfolgen darf, insbesondere wenn die in 
Betracht kommenden Veredlungsarbeiten zurzeit 
im Inlande entweder gar nicht oder nicht in ge- 
nügendem Umfange oder nicht in gleicher Güte 
bewirkt werden können, oder wenn es sich um die 
Vornahme von Versuchen zur Erprobung von 
neuen Verfahren oder Mustern handelt. Der 
aktive Veredlungsverkehr ist nicht 
an so enge Schranken gebunden. Immerhin soll 
auch er nur zugelassen werden, wenn er für die 
an der Veredlung beteiligten Erwerbszweige 
wesentliche Vorteile erwarten läßt, und entweder 
eine Benachteiligung anderer heimischer Erwerbs- 
zweige nicht zu befürchten ist oder die zu erwarten- 
den Vorteile gegenüber etwaigen Nachteilen so 
überwiegen, daß die Zulassung vom Standpunkte 
des gesamten heimischen Wirtschaftslebens den 
Vorzug verdient (Veredl. O 8 2). 
Obhiernach die Voraussetzungen für einen 
Veredlungsverkehr vorliegen, entscheidet letzten 
Endes der Bundesrat. Nach der Veredlungsord- 
nung soll seine Stellungnahme stets herbeigeführt 
werden, wenn es sich um die Zulassung eines 
ständigen, im Zollgebiet noch nicht gestatteten 
  
Veredlungsverkehrs handelt (§§# 5, 6). Auch kann 
ihm jederzeit die Entscheidung darüber unterbreitet 
werden, ob die Voraussetzungen für einen — 
sei es vom Bundesrat auf Grund der Veredlungs- 
ordnung zugelassenen, sei es von früher her be- 
stehenden — Veredlungsverkehr noch zutreffen 
(55 7, 8). Unbeschadet dieser generellen Stellung- 
nahme des Bundesrats entscheidet über Ge- 
währung eines zollfreien Veredlungsverkehrs im 
Einzelfalle die oberste Landesfinanzbehörde, die 
diese Zuständigkeit ganz oder teilweise auf die 
Direktivbehörden übertragen kann (§ 1). Die Be- 
schlußfassung des Bundesrats hat für die einzel- 
staatlichen Z Verwaltungen die Folge, daß sie 
einen vom Bundesrat für unzulässig bezeichneten 
Veredlungsverkehr nicht zulassen dürfen, dagegen 
hinsichtlich eines für zulässig erklärten Veredlungs- 
verkehrs die Freiheit der Entschließung darüber 
behalten, ob sie ihn in ihrem Gebiet zulassen wollen 
oder nicht. 
Eine Vereinfachung ist für den die Wieder- 
herstellung abgenutzt oder schadhaft gewordener 
Gegenstände bezweckenden Veredlungsverkehr, den 
Ausbesserungsverkehr, dadurch vor- 
gesehen, daß die Entscheidung auf die Hauptämter 
übertragen und von der Prüfung abgesehen wer- 
den kann, ob die vorerwähnten wirtschaftlichen 
Woraussetungen eines Veredlungsverkehrs vor- 
iegen. 
1II. Der ZNachlaß im Veredlungsverkehr ist 
von dem Nachweise abhängig, daß die der ZBe- 
hörde nach erfolgter Veredlung vorgeführte Ware 
übereinstimmt mit der zur Veredlung abgefertig- 
ten Ware, daß deren Nämlichkeit (Identität) 
feststeht. In der Ueberwachung der Festhaltung der 
Nämlichkeit liegt die wesentlichste Aufgabe der 
ZBehörden bei der Durchführung von Vered- 
lungsverkehren. Die Kontrollen gestalten sich 
je nach der Art des Veredlungsvorgangs verschie- 
den. Oft wird die zur Veredlung bestimmte Ware 
durch die Veredlungsarbeit in ihrem Wesen und 
ihrer Gestalt so wenig veröndert, daß die Mög- 
lichkeit besteht, sie in der veredelten Ware deutlich 
wiederzuerkennen. In anderen Fällen stellt die 
Ware nach der Veredlung etwas vollständig Neues 
dar, wobei eine Wiedererkennung der in sie über- 
geführten unveredelten Ware ausgeschlossen ist 
(Reis und Stärke, Kakao und Schokoladewaren 
u. ä.). In Fällen der ersteren Art sind die Kon- 
trollen darauf zu richten, die Wiedererkennbarkeit 
zu sichern. Zu dem Zwecke sind die zur Veredlung 
bestimmten Gegenstände in der Regel mit Stem- 
peln, Siegeln, Bleien u. dgl. zu kennzeichnen. 
Wo dies nicht angeht oder mit unverhältnismäßi- 
gen Schwierigkeiten verknüpft ist, kann die Auf- 
nahme einer genauen Beschreibung, die Zurück- 
behaltung von Mustern oder eine ähnliche Maß- 
nahme als genügend angesehen werden (Veredl.O 
§+ 12). In den Fällen, in denen die Möglichkeit 
der Wiedererkennbarkeit durch die Bearbeitung 
der zur Veredlung bestimmten Ware ausge- 
schlossen wird, kann sich der ZBeamte die Ueber- 
zeugung von der Nämlichkeit der Waren in der 
Regel nur durch amtliche Kontrolle verschaffen. 
Beim passiven Veredlungsverkehr ist diese aus- 
geschlossen, da die Veredlung im Auslande vor 
sich geht und sich infolgedessen der Ueberwachung 
durch deutsche ZBeamte entzieht. Deshalb ist 
die Zulassung eines passiven Veredlungsverkehrs 
  
 
	        
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