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Polizei (III. Behörden und Beamte)
wiegend in Preußen, zum Ausdruck gebracht. Auch neuerdings ist die Kreis Pol des Landrats
wurde bereits a. a. O. angedeutet, daß derselbe
keineswegs mit dem Gegensatz von Staats= und
Gemeindeverwaltung oder dem von Staats- und
Gemeindebehörden zusammenfällt. Vielmehr
wird der natürliche Gedanke, daß die Orts Pol als
die Pol der örtlichen Interessen auch von den Or-
anen der Ortsgemeinden als Gemeindeangele-
egenheit verwaltet wird, wie er in § 184 litt. b
der RV v. 1849 (vgl. auch a 104 Nr. 3 der oktroyier-
ten preuß. Verf v. 5. 12. 48) zum Ausdruck ge-
kommen war, in der positiven Gesetzgebung durch
das Prinzip des staatlichen Polizeimonopols
durchkreuzt, welches, ruhend auf der theoretisch-
politischen Anschauung, daß Herrschen und Zwin-
gen ein Spezifikum des Staats, dieser daher allein
ein obrigkeitlicher, die Gemeindel sl dagegen nur
ein wirtschaftlicher Verband sei, in Preußen seit
der StO v. 1808 in konsequentester Weise durch-
eführt worden ist und von dort aus auch die
Rechte der übrigen größeren Staaten sich mehr
oder weniger entschieden erobert hat. Das damit
gegebene Prinzip, daß alle örtliche Pol Verwal-
tung nicht im Namen und Auftrage der Gemeinde,
sondern des Staates erfolgt, zeigt seine praktischen
Wirkungen namentlich in der weitgehenden Ein-
richtung staatlicher Ortspolizeibehörden, einer Ab-
drängung der kollegialen Gemeindeorgane von
der Por#erwaltung und einer bis zur einfachen
amtlichen Unterordnung sich steigernden Einwir-
kung der höheren Staatspolizeibehörden auf den
Inhalt der ortspolizeilichen Tätigkeit auch da, wo
dieselbe von Gemeindeorganen verwaltet wird.
Dagegen werden auf dem Gebiete der Kostentra-
gung die gebotenen Folgerungen regelmäßig nicht
gezogen, insofern der Gemeinde die Kosten der von
ihr im Staatsauftrage verwalteten Pol ganz und
die Kosten der staatsbehördlichen Ortspolizei we-
nigstens zum Teil auferlegt werden. Eine geeig-
nete Zurückdrängung jenes, im Grunde doktri-
nären und in seinen Konsequenzen wahrer Selbst-
verwaltung feindlichen Prinzips des staatlichen
Pol Monopols, die sich neuerdings auch in Preu-
ßen bemerkbar macht, ist darin zu finden, daß nach
den Zwecken der polizeilichen Tätigkeit ge-
schieden und der staatliche Charakter der Pol in
vollem Umfange wesentlich nur noch bei der Si-
cherheits Pol I Polizei III im neueren Sinne zur
Geltung gebracht, dagegen bei der sog. Verw Pol
der Gemeinde eine größere Freiheit gewährt wird.
# 2. Preußen. Der Grundsatz, daß alle Pol
Staatssache ist und „im Namen des Königs"“ aus-
geübt wird (z. B. Pol G v. 11. 3. 50 5+ 1 Absf 1,
östl. Kr O § 46 Abfs 1), ist strengstens durchge führt
und zwar auch da, wo die Ausübung durch Ge-
meindeorgane erfolgt. Demgemäß bildet die
ganze Pol Verwaltung einen einheitlichen Organis-
mus, in welchem die unteren Behörden den An-
weisungen der dafür zuständigen höheren — ab-
gesehen von der garantierten Unabhängigkeit der
beim Erlaß von Pol Verordnungen mitwirkenden
Selbstverwaltungskollegien (Rosin, Pol BR 219)
— unterworfen sind (§5 1 Abs 2 Pol G v. 11. 3. 50).
An der Spitze der allgemeinen Pol Verwaltung
steht der Minister des Innern. Die
Landes Pol konzentriert sich hauptsächlich im
Regierungs-Präsidenten, neben dem
der ihm übergeordnete Oberpräsident in Pol-
Sachen nach Außen hin mehr zurücktritt. Erst
zu selbständigerer Geltung gelangt (Rosin 205).
Die Orts Pol in Städten steht nach den mei-
sten preußischen Städteordnungen (z. B. s 62 IL, 1
mit Abs 2 der östl. StO v. 30. 5. 53) dem
Bürgermeister oder einem andern, mit Ge-
nehmigung des Reg Präsidenten bestellten Magist-
ratsmitgliede zu. In Hannover tritt der Ma-
gistrat selbst in die erste Reihe. Auf dem
Lande ist die Organisation, nach Aufhebung
der gutsherrlichen Pol Gewalt, sehr mannigfal-
tig. In den östlichen Provinzen (außer Posen)
verwaltet im Amtsbezirk [Jl als staatlichem
Verw Bezirk der dem englischen Friedensrichter
nachgebildete Amtsvorsteher die Pol (5 59 Nr. 1
östl. KrO), der sich der Gemeinde- und Gutsvor-
steher als seiner (im wesentlichen unselbständigen)
Organe bedient (§ 65 östl. Kr O; §s# 90, 91, 122
östl. LGO v. 3. 7. 91). Auch auf Schleswig-Hol-
stein ist der Amtsvorsteher übertragen. In der Pro-
vinz Posen [/) ist an Stelle desselben der berufs-
amtliche Distriktskommissar bestehen geblieben.
In den, regelmäßig mehrere Landgemeinden zu-
sammenfassenden westfälischen Aemtern und rhei-
nischen Landbürgermeistereien nehmen Amtmän-
ner und Landbürgermeister eine dem Amtsvor-
steher sich nähernde Stellung ein; nur in Hessen-
Nassau und Hohenzollern ist der Bürgermeister
der Einzelgemeinde zuständig. In Hannover ist
der Landrat ländliche Ortspolizeibehörde: die Ein-
führung des Amtsvorstehers ist Kgl Verordnung
vorbehalten.
In gesetzlichem Umfange können statt der
Gemeindeorgane staatliche Behörden
oder Beamte mit der Verwaltung der Pol vom
Min Inn beauftragt werden, so in den altländischen
Provinzen in Gemeinden, wo sich eine Bezirks-
regierung oder ein Landgericht befindet, sowie in
Festungen und in Gemeinden von mehr als
10 000 Einw., und auch in andern Gemeinden
kann aus dringenden Gründen dieselbe Einrich-
tung zeitweise eingeführt werden (§ 2 PolG v.
1850). Die Befugnis zur ständigen Umgestaltung
der Pol Verwaltung in diesem Sinne ist, unter der
Bedingung der Mitwirkung gewisser Selbstver-
waltungsorgane, durch G v. 19. 7. 11 auch auf
solche Gemeinden und Gutsbezirke in den Reg-
Bezirken Düsseldorf, Arnsberg und Münster aus-
gedehnt worden, bei denen die Voraussetzungen
des #2 zit. nicht zutreffen, dies jedoch unter Be-
schränkung auf die „Sicherheitspolizei“ (JI. Das
Gleiche gilt nach Gv. 19. 6. 12 auch im Reg-Bezirk
Oppeln und zwar unter Erstreckung auf die Ge-
sundheits Pol. Für die neuen Landesteile ent-
scheidet die dort bestehende Gesetzgebung (§ 2
der V über die Pol Verwaltung v. 20. 9. 67;
Friedrichs PolG S 68); nach §& 89 der schleswig-
holsteinischen St O v. 14. 4. 69 ist die Befugnis
gleichfalls auf die Sicherheits Pol beschränkt.
Auch sonst können einzelne Zweige der
örtlichen Pol Verwaltung, z. B. die Bau Pol von
der Uebertragung an Staatsbehörden ausgenom-
men werden (§F2 V v. 1867; 6 Gv. 20. 4. 92;
Zuständigkeitsgrenzen z. B. Entsch OV#G 61, 313).
Nach Maßgabe alles dessen bestehen kgl Pol Ver-
waltungen (Pol Präsidien, Pol Direktionen) in einer
größeren Reihe von Städten, so in Breslau,
Königsberg, Danzig, Kiel, Hannover, Frankfurt
a. M., Kassel, Hanau, Saarbrücken u. s. f. Eine