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2. Auch im Verhältnis einer PolV zu anderen,
denselben Gegenstand betreffen-
den Gesetzen oder Pol V einer höheren Behörde
ilt im allgemeinen der Satz, daß in die erstere
Pei Strafe der Nichtigkeit Bestimmungen nicht
aufgenommen werden dürfen, welche derartigen
übergeordneten Rechtsvorschriften widersprechen.
Doch steht nichts entgegen, daß das einzelne dele-
gierende Gesetz, soweit seine eigene Kraft reicht,
einer Pol V die Fähigkeit verleiht, auch solche Be-
stimmungen für ihren Bereich in Kraft zu setzen,
welche von bisher geltenden Gesetzen oder höheren
Pol V abweichen (vgl. allgemein hinsichtlich der
reichsgesetzlichen Delegationen oben § 2 Nr. 1).
3. Anders stellt sich dagegen das Verhältnis der
Pol V zu Anweisungen oder Verw Verordnungen
(Instruktionen), durch welche innerhalb des
Verworganismus die höhere Behörde, soweit
nach den Organisationsgesetzen ihre diesbezüg-
liche Befugnis reicht ( Polizeibehörden!], einer
unteren verordnungsberechtigten über den Inhalt
der von ihr zu erlassenden PolV Zweckmäßigkeits-
vorschriften erteilt. Die Beobachtung derselben ist
für die untere Behörde Sache der Amtspflicht;
die Nichtbeachtung kann eventuell die Außer-
kraftsetzung der Pol V durch die höhere Behörde
von Amts wegen oder auf Beschwerde zur Folge
haben; so lange sie aber besteht, ist sie und nicht die
Instruktion, die öffentlich ja gar nicht bekannt ge-
macht zu sein braucht, für den Untertan und den
Richter maßgebende Rechtsvorschrift. Nur in die-
ser Weise ist die so oder ähnlich sich findende Vor-
schrift: „Es dürfen in die polizeilichen Vorschriften
keine Bestimmungen ausgenommen werden, wel-
che mit den Gesetzen oder den Verordnungen einer
höheren Instanz in Widerspruch stehen“ (z. B.
preuß. Pol G § 15, bad. Pol StGB 75 24 Abs 1)
zu verstehen (anders Friedrichs 241 und die dort
angeführten Erk. des preuß. Kammergerichts).
# 4. Gegenstand und Inhalt der Polizeiver=
ordnung.
1. Gegenstand und Inhalt der in der Pol V ent-
haltenen Norm d. h. das durch sie zu regelnde
Lebensverhältnis und die Art der Befehle, durch
welche diese Regelung erfolgt, bestimmen sich, so-
weit es sich um spezielle Delegationen handelt,
nach den in diesen enthaltenen Normen. Soweit
dagegen allgemeine Delegationen auf den „poli-
zeilichen" Wirkungskreis einer Behörde ausdrück-
lich oder stillschweigend sich beziehen, wird Begriff
und Umfang der „Polizei“ und ihrer Arten,
Sicherheits-, Wohlfahrts-, Verw Polizei, Orts-
und Landespolizei von entscheidender Bedeutung
I#Polizei I, Sicherheitspolizei, Polizeiliche Ver-
fügungen II. Dabei kommt für die Praxis des
preußischen Rechts ganz besonders in Betracht,
daß die Judikatur des Oberverwaltungsgerichts
und, ihr im wesentlichen folgend, auch die des
Kammergerichts, entgegen dem in meinen
Schriften vertretenen Standpunkt /7 Polizei §K 1
II Nr. 3, 41, den & 10 II 17 AvR, der das
„Amt der Polizei“ im Sinne der älteren Sicher-
heitspolizei beschreibt, als maßgebende Norm
auch für das Pol BRecht zur Anwendung bringen.
In dieser Hinsicht und insbesondere für den
damit, abgesehen von Spezialgesetzen, gegebe-
nen Ausschluß der Wohlfahrts Pol aus dem
preußischen Pol VRechte kommt daher das im
Art. „Polizciliche Verfügungen“ [11 88 2—
Polizei (VI. Polizeiverordnung)
Entwickelte entsprechend auch für Pol V in Be-
tracht. Doch ist immerhin festzustellen, daß den
über diesen Rahmen hinausreichenden Lebens-
bedürfnissen nicht allein die Gerichte selbst nicht
selten durch eine weitherzige Stellungnahme ge-
genüber den flüssigen Begriffen gerecht geworden
sind (vgll meinen „Polizeibegriff“ Anm. 306),
sondern daß auch die preußische Gesetzgebung neue,
über den 5& 10 II 17 hinausreichende Spezialdele-
gationen zu schaffen sich veranlaßt gesehen hat,
z. B. im Hinblick auf die Zurechnung der ästheti-
schen Interessen zur Wohlfahrts Pol das G gegen
die Verunstaltung landschaftlich hervorragender
Gegenden v. 2. 6. 02/ Polizeiliche Verfügungen
8 3 Nr. 2)] oder zwecks Begründung positiver poli-
zeilicher Dienstpflichten (uvgl. ebenda § 4 Nr. 2)
das G betr. die Befugnis der Pol Behörden zum
Erlaß von Pol V über die Verpflichtung zur Hilfe-
leistung bei Bränden, v. 21. 12. 04.
2. Von dem Inhalte einer in der Pol B ent-
haltenen Strafandrohung kann nur da die Rede
sein, wo das delegierende Gesetz den Ausspruch
einer solchen der Behörde selbständig überträgt
(§F§ 2 Nr. 2). Soweit dies der Fall ist, bleibt die
letztere an dieienigen rechtlichen Schranken ge-
bunden, welche die Delegation in bezug auf die
Wahl der Strafart, sowie das Strafmaß nach
Maximum und Minimum aufgestellt hat. Soweit
es sich aber um eine landesgesetzliche Delegation
handelt, ist diese selbst nur in demjenigen Rahmen
guttig, welchen die allgemeinen Strafgesetze des
eichs für die Ausübung eines Landesstrafrechts
beobachtet wissen wollen. Nach dieser Richtung
wird der § 5 des Es z. StGB von maßgebender
Bedeutung, wonach in landesgesetzlichen Vor-
schriften übeer Materien, welche nicht Gegenstand
des St U sind, nur Gefängnis bis zu 2 Jahren,
Haft, Geldstrafe, Einziehung einzelner Gegen-
stände und die Entziehung öffentlicher Aemter an-
gedroht werden darf.
5. Beteiligte Behörden. Welchen Staats-
oder auch Gemeinde-Behörden das Recht zum
Erlaß von Pol V delegiert ist, entscheidet sich im
einzelnen nach den maßgebenden Reichs= und
Landesgesetzen. Allein außer diesen erlaßberech-
tigten Behörden selbst, von denen im Rechtssinne
die Sanktion der Pol V d. h. der in ihr enthaltene
Gesetzesbefehl ausgeht, sind in gewissem Um-
fange auch andere Behörden beim Zustandekom-
men der Verordnung nach gesetzlicher Vorschrift
beteiligt. In Betracht kommt zunächst eine der
erlaßberechtigten übergeordnete höhere Behörde,
insoweit Bestimmungen bestehen, nach welchen
der letzteren die Verordnung vor Erlaß zur Geneh-
migung vorgelegt werden muß. Nach dem bayri-
schen, württembergischen und badischen Pol St GB
wird dies namentlich für polizeiliche Vorschriften,
„welche eine für fortdauernde Geltung bestimmte
Anordnung enthalten“, wichtig, denen die aus
vorübergehendem Anlaß z. B. für ein Volksfest
zu erlassenden gegenüberstehen. Von größter
Wichtigkeit ist aber die, namentlich von den neue-
ren preußischen Reformgesetzen in weitestem Um-
fange erforderte, Zustimmung oder doch Verneh-
mung gewisser Selbstverwaltungskollegien, in
deren Mitwirkung das preußische Recht gegenüber
seinen weitgefaßten allgemeinen Delegationen
die (ausreichende?) Gewähr für eine maßvolle
Ausübung des Pol Bechts erblicken will. Eine