Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

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2. Auch im Verhältnis einer PolV zu anderen, 
denselben Gegenstand betreffen- 
den Gesetzen oder Pol V einer höheren Behörde 
ilt im allgemeinen der Satz, daß in die erstere 
Pei Strafe der Nichtigkeit Bestimmungen nicht 
aufgenommen werden dürfen, welche derartigen 
übergeordneten Rechtsvorschriften widersprechen. 
Doch steht nichts entgegen, daß das einzelne dele- 
gierende Gesetz, soweit seine eigene Kraft reicht, 
einer Pol V die Fähigkeit verleiht, auch solche Be- 
stimmungen für ihren Bereich in Kraft zu setzen, 
welche von bisher geltenden Gesetzen oder höheren 
Pol V abweichen (vgl. allgemein hinsichtlich der 
reichsgesetzlichen Delegationen oben § 2 Nr. 1). 
3. Anders stellt sich dagegen das Verhältnis der 
Pol V zu Anweisungen oder Verw Verordnungen 
(Instruktionen), durch welche innerhalb des 
Verworganismus die höhere Behörde, soweit 
nach den Organisationsgesetzen ihre diesbezüg- 
liche Befugnis reicht ( Polizeibehörden!], einer 
unteren verordnungsberechtigten über den Inhalt 
der von ihr zu erlassenden PolV Zweckmäßigkeits- 
vorschriften erteilt. Die Beobachtung derselben ist 
für die untere Behörde Sache der Amtspflicht; 
die Nichtbeachtung kann eventuell die Außer- 
kraftsetzung der Pol V durch die höhere Behörde 
von Amts wegen oder auf Beschwerde zur Folge 
haben; so lange sie aber besteht, ist sie und nicht die 
Instruktion, die öffentlich ja gar nicht bekannt ge- 
macht zu sein braucht, für den Untertan und den 
Richter maßgebende Rechtsvorschrift. Nur in die- 
ser Weise ist die so oder ähnlich sich findende Vor- 
schrift: „Es dürfen in die polizeilichen Vorschriften 
keine Bestimmungen ausgenommen werden, wel- 
che mit den Gesetzen oder den Verordnungen einer 
höheren Instanz in Widerspruch stehen“ (z. B. 
preuß. Pol G § 15, bad. Pol StGB 75 24 Abs 1) 
zu verstehen (anders Friedrichs 241 und die dort 
angeführten Erk. des preuß. Kammergerichts). 
#&# 4. Gegenstand und Inhalt der Polizeiver= 
ordnung. 
1. Gegenstand und Inhalt der in der Pol V ent- 
haltenen Norm d. h. das durch sie zu regelnde 
Lebensverhältnis und die Art der Befehle, durch 
welche diese Regelung erfolgt, bestimmen sich, so- 
weit es sich um spezielle Delegationen handelt, 
nach den in diesen enthaltenen Normen. Soweit 
dagegen allgemeine Delegationen auf den „poli- 
zeilichen" Wirkungskreis einer Behörde ausdrück- 
lich oder stillschweigend sich beziehen, wird Begriff 
und Umfang der „Polizei“ und ihrer Arten, 
Sicherheits-, Wohlfahrts-, Verw Polizei, Orts- 
und Landespolizei von entscheidender Bedeutung 
I#Polizei I, Sicherheitspolizei, Polizeiliche Ver- 
fügungen II. Dabei kommt für die Praxis des 
preußischen Rechts ganz besonders in Betracht, 
daß die Judikatur des Oberverwaltungsgerichts 
und, ihr im wesentlichen folgend, auch die des 
Kammergerichts, entgegen dem in meinen 
Schriften vertretenen Standpunkt /7 Polizei §K 1 
II Nr. 3, 41, den & 10 II 17 AvR, der das 
„Amt der Polizei“ im Sinne der älteren Sicher- 
heitspolizei beschreibt, als maßgebende Norm 
auch für das Pol BRecht zur Anwendung bringen. 
In dieser Hinsicht und insbesondere für den 
damit, abgesehen von Spezialgesetzen, gegebe- 
nen Ausschluß der Wohlfahrts Pol aus dem 
preußischen Pol VRechte kommt daher das im 
Art. „Polizciliche Verfügungen“ [11 88 2— 
  
  
  
  
Polizei (VI. Polizeiverordnung) 
Entwickelte entsprechend auch für Pol V in Be- 
tracht. Doch ist immerhin festzustellen, daß den 
über diesen Rahmen hinausreichenden Lebens- 
bedürfnissen nicht allein die Gerichte selbst nicht 
selten durch eine weitherzige Stellungnahme ge- 
genüber den flüssigen Begriffen gerecht geworden 
sind (vgll meinen „Polizeibegriff“ Anm. 306), 
sondern daß auch die preußische Gesetzgebung neue, 
über den 5& 10 II 17 hinausreichende Spezialdele- 
gationen zu schaffen sich veranlaßt gesehen hat, 
z. B. im Hinblick auf die Zurechnung der ästheti- 
schen Interessen zur Wohlfahrts Pol das G gegen 
die Verunstaltung landschaftlich hervorragender 
Gegenden v. 2. 6. 02/ Polizeiliche Verfügungen 
8 3 Nr. 2)] oder zwecks Begründung positiver poli- 
zeilicher Dienstpflichten (uvgl. ebenda § 4 Nr. 2) 
das G betr. die Befugnis der Pol Behörden zum 
Erlaß von Pol V über die Verpflichtung zur Hilfe- 
leistung bei Bränden, v. 21. 12. 04. 
2. Von dem Inhalte einer in der Pol B ent- 
haltenen Strafandrohung kann nur da die Rede 
sein, wo das delegierende Gesetz den Ausspruch 
einer solchen der Behörde selbständig überträgt 
(§F§ 2 Nr. 2). Soweit dies der Fall ist, bleibt die 
letztere an dieienigen rechtlichen Schranken ge- 
bunden, welche die Delegation in bezug auf die 
Wahl der Strafart, sowie das Strafmaß nach 
Maximum und Minimum aufgestellt hat. Soweit 
es sich aber um eine landesgesetzliche Delegation 
handelt, ist diese selbst nur in demjenigen Rahmen 
guttig, welchen die allgemeinen Strafgesetze des 
eichs für die Ausübung eines Landesstrafrechts 
beobachtet wissen wollen. Nach dieser Richtung 
wird der § 5 des Es z. StGB von maßgebender 
Bedeutung, wonach in landesgesetzlichen Vor- 
schriften übeer Materien, welche nicht Gegenstand 
des St U sind, nur Gefängnis bis zu 2 Jahren, 
Haft, Geldstrafe, Einziehung einzelner Gegen- 
stände und die Entziehung öffentlicher Aemter an- 
gedroht werden darf. 
5. Beteiligte Behörden. Welchen Staats- 
oder auch Gemeinde-Behörden das Recht zum 
Erlaß von Pol V delegiert ist, entscheidet sich im 
einzelnen nach den maßgebenden Reichs= und 
Landesgesetzen. Allein außer diesen erlaßberech- 
tigten Behörden selbst, von denen im Rechtssinne 
die Sanktion der Pol V d. h. der in ihr enthaltene 
Gesetzesbefehl ausgeht, sind in gewissem Um- 
fange auch andere Behörden beim Zustandekom- 
men der Verordnung nach gesetzlicher Vorschrift 
beteiligt. In Betracht kommt zunächst eine der 
erlaßberechtigten übergeordnete höhere Behörde, 
insoweit Bestimmungen bestehen, nach welchen 
der letzteren die Verordnung vor Erlaß zur Geneh- 
migung vorgelegt werden muß. Nach dem bayri- 
schen, württembergischen und badischen Pol St GB 
wird dies namentlich für polizeiliche Vorschriften, 
„welche eine für fortdauernde Geltung bestimmte 
Anordnung enthalten“, wichtig, denen die aus 
vorübergehendem Anlaß z. B. für ein Volksfest 
zu erlassenden gegenüberstehen. Von größter 
Wichtigkeit ist aber die, namentlich von den neue- 
ren preußischen Reformgesetzen in weitestem Um- 
fange erforderte, Zustimmung oder doch Verneh- 
mung gewisser Selbstverwaltungskollegien, in 
deren Mitwirkung das preußische Recht gegenüber 
seinen weitgefaßten allgemeinen Delegationen 
die (ausreichende?) Gewähr für eine maßvolle 
Ausübung des Pol Bechts erblicken will. Eine
	        
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