122
Polizei (VI Polizeiverordnung)
Geltung sind der Kreisregierung vorzulegen und,
wenn nicht eine frühere Genehmigung erfolgt,
erst nach Ablauf von 30 Tagen vollziehbar. Ueber-
dies sind dieselben in Städten und Märkten mit
magistratischer Verfassung dem Kollegium der
Gemeindebevollmächtigten (Gemeindevertretung),
die Vorschriften der Distriktspolizeibehörden aber
der nächsten Distriktsversammlung vorzulegen.
Als „oberpolizeilich“ werden die WVrschriften der
Kreisregierungen und der Ministerien bezeichnet
(à 1—15 PolSt G).
4. Umfassende, aber im einzelnen wenig ein-
gehend geregelte und selbst in ihren Grundlagen
nicht unzweifelhafte (vgl. Otto Mayer S 180 N. 10)
allgemeine Delegationen zur Normzfeststellun
und Strafandrohung bestehen im Könfgreich
Sachsen. Neben dem Min Inn erscheinen hier
als verordnungsberechtigt die Kreis= und Amts-
hauptmannschaften, letztere nach Beratung mit
dem Bezirksausschuß (OrgG v. 21. 4. 73 8 12
Nr. 1). Das örtliche Pol VRecht bestimmt sich nach
den drei GemO v. 24. 4. 73, der revidierten und
kleinen StO, sowie der revidierten LGO (7 68
Abs2, & 101, 102, bezw. a IV 5 8 Abfj, 3 bezw.
5 70 Abf 3). Danach werden in den rev. Städten
polizeiliche „Regulative" von der Ortspolizei-
behörde, insbesondere dem Stadtrat nach Anhö-
rung der Stadtverordneten erlassen und sofort
dem Kreishauptmann zur Kenntnis gebracht;
in „mittleren und kleinen“ Städten ist der Bürger-
meister mit Zustimmung des Stadtgemeinderats
(Stadtrat und Stadtverordneten) und unter Vor-
lage des Regulativs an den Amtshauptmann ver-
ordnungsberechtigt; für Landgemeinden ist ebenso
der Gemeindevorstand (Bürgermeister) mit Zu-
stimmung des Gemeinderats kompetent. Das
Maximum der von den Verw Behörden anzu-
drohenden Haftstrafe beträgt 14 Tage; der Bür-
germeister in kleinen und mittleren Städten darf
is zu 8 Tagen bezw. 75 Mk., der Landgemeinde-
vorstand bis zu einer Geldstrafe von 30 Mk., nach
den „Sondervorschriften für größere Landgemein-
den“ (G v. 4. 7. 12 a IV 8 80g) von 75 Mk. vor-
schreiten. Im übrigen sind nur die reichsgesetz-
lichen Schranken maßgebend.
5. In Württemberg werden die vorbe-
haltenen polizeilichen Vorschriften „durch Mini-
sterialverfügung“", im Oberamtsbezirk durch die
Bezirkspolizeibehörden, in den Gemeinden durch
die Ortspolizeibehörden erlassen (Pol St GB v.
27. 12. 71 à 51—57). Orts- und bezirkspolizeiliche
Vorschriften vorübergehender Art werden vom
Ortsvorsteher bezw. Oberamtmann allein erlassen,
sortdauernde bedürfen der Zustimmung des Ge-
meinderats (Gem-O v. 28. 7. 06 a 163 Abs 1, 2)
bezw. Bezirksrats (Bezirks O v. 28. 7. 06 a 4 Nr. 7
mit a 43) und müssen auch, gleich wie in Bayern,
dem Oberamt bezw. der Kreisregierung vorgelegt
werden.
6. In Baden werden die ortspolizeilichen
Vorschriften vom Bürgermeister oder der Staats-
polizeibehörde, die bezirkspolizeilichen Vorschriften
aber vom Bezirksamt erlassen. Hinsichtlich der
Zustimmung von Gemeinderat bezw. Bezirksrat
und der Vorlegung an die höhere Verw Behörde
gilt dasselbe, wie in Württemberg. „Verord-
nungen“ werden vom Großherzog oder den betref-
senden Ministerien erlassen, welche überdies aus
dringenden Gründen des öffentlichen Interesses
auch zum Erlaß von orts= und bezirkspolizeilichen
Vorschriften befugt sind.
7. Neben dem hessischen PolStGB von
1871 bestehen im Großherzogtum allgemeine De-
legationen, welche durch die neuere und neueste
Verw esetzgebung näher bestimmt sind. Hiernach
ist der Kreisrat (Einzelbeamter) befugt, unter Zu-
Kimmung des Kreisausschusses und mit Geneh-
migung des Min Inn für den ganzen Kreis oder
Teile desselben oder nach Vernehmung der
Lokalpolizeibehörde und der Gemeindevertretung
und mit Genehmigung des Ministeriums für ein-
zelne Gemeinden, auf welche die LGO Anwen-
ung findet, gültige Pol Vorschriften bei Strafe
bis zu 30 M. zu erlassen (a 64 Kreis= und ProvO
v. 8. 7. 11). Für die Städte besitzt der Stadt-
bürgermeister oder staatliche Lokalpolizeibeamte
eine analoge Befugnis zum Erlaß von „Lokal-
polizeireglements“ nach Anhörung der Stadtver-
ordnetenversammlung und ministerieller Geneh-
migung (a 129b Abs 2 Nr. 2 StO v. 8. 7. 11).
Neben diesen Ermächtigungen besteht dann für
die genannten Behörden noch eine weitere zu
Notverordnungen, welche sich dem Wortlaut des
29 des badischen Pol StG B (oben 5 2 Nr. 3)
anschließt.
8. Für Elsaß---Lothringen wird be-
sonders das Pol BRecht des Bezirkspräsidenten
wichtig, welcher, von speziellen Delegationen ab-
gesehen, auf Grund des Dekrets v. 22. 12. 1789
als ermächtigt gilt, alle zur Erhaltung „de la
süretö, de la salubrité et de la tranquillit
publiques“ erforderlichen Maßnahmen auch im
Verordnungswege zu treffen. Darüber hinaus
wird ihm auch die Befugnis zugeschrieben, die zur
Zuständigkeit des Bürgermeisters gehörigen Ge-
genstände zu regeln, sofern nur die Verordnung
den Kreis der Einzelgemeinde überschreitet. Ver-
ordnungen des Bürgermeisters selbst sind jetzt in
#16 Gemp v. 6. 6. 95 anerkannt; er erläßt sie
im Umfange seiner in den Gesetzen zwar im ein-
zelnen, aber höchst umfassend bestimmten orts-
polizeilichen Zuständigkeit, ohne für die Regel
eine Zustimmung des Gemeinderats zu bedürfen.
Die Verordnungen sind der Aufsichtsbehörde un-
verzüglich einzusenden. An die Stelle des Bürger-
meisters treten in Metz, Straßburg, Mülhausen
weitreichend die staatlichen PolDDirektoren. Dem
Min ist durch die deutsche Gesetzgebung ein Pol B-
Recht auf verschiedenen Einzelgebieten der Pol
eingeräumt worden. Ueberall sind die Delega-
tionen auf die Normfeststellung beschränkt; die
Strafe bestimmt sich im Zweifel direkt nach a 471
Nr. 15 des franz. St GB in Höhe von 80 Pfg. bis
4 Mark.
6. Publikation. Nach ihrer Natur als gesetz-
liche Vorschriften bedürfen die Pol V der ordnungs-
mäßigen Publikation. Dieselbe erfolgt durch Ab-
druck in amtlichen Verkündigungsblättern (Reg-
oder Amtsblättern), zum Teil auch in eigens da-
für bezeichneten Organen der Tagespresse; die
Art der Publikation der von den unteren, nament-
lich den Ortspolizeibehörden ausgehenden Ver-
ordnungen vorzuschreiben, ist vielfach den Auf-
sichtsbehörden übertragen. Regelmäßig sind in
der Publikation die formalen, die Rechtsgültigkeit
der Verordnung bedingenden Momente, nament-
lich die erfolgte Mitwirkung der Selbstverwal-
tungskollegien oder die Genehmigung der vorge-