Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Polizei (VI Polizeiverordnung) 
  
Geltung sind der Kreisregierung vorzulegen und, 
wenn nicht eine frühere Genehmigung erfolgt, 
erst nach Ablauf von 30 Tagen vollziehbar. Ueber- 
dies sind dieselben in Städten und Märkten mit 
magistratischer Verfassung dem Kollegium der 
Gemeindebevollmächtigten (Gemeindevertretung), 
die Vorschriften der Distriktspolizeibehörden aber 
der nächsten Distriktsversammlung vorzulegen. 
Als „oberpolizeilich“ werden die WVrschriften der 
Kreisregierungen und der Ministerien bezeichnet 
(à 1—15 PolSt G). 
4. Umfassende, aber im einzelnen wenig ein- 
gehend geregelte und selbst in ihren Grundlagen 
nicht unzweifelhafte (vgl. Otto Mayer S 180 N. 10) 
allgemeine Delegationen zur Normzfeststellun 
und Strafandrohung bestehen im Könfgreich 
Sachsen. Neben dem Min Inn erscheinen hier 
als verordnungsberechtigt die Kreis= und Amts- 
hauptmannschaften, letztere nach Beratung mit 
dem Bezirksausschuß (OrgG v. 21. 4. 73 8 12 
Nr. 1). Das örtliche Pol VRecht bestimmt sich nach 
den drei GemO v. 24. 4. 73, der revidierten und 
kleinen StO, sowie der revidierten LGO (7 68 
Abs2, & 101, 102, bezw. a IV 5 8 Abfj, 3 bezw. 
5 70 Abf 3). Danach werden in den rev. Städten 
polizeiliche „Regulative" von der Ortspolizei- 
behörde, insbesondere dem Stadtrat nach Anhö- 
rung der Stadtverordneten erlassen und sofort 
dem Kreishauptmann zur Kenntnis gebracht; 
in „mittleren und kleinen“ Städten ist der Bürger- 
meister mit Zustimmung des Stadtgemeinderats 
(Stadtrat und Stadtverordneten) und unter Vor- 
lage des Regulativs an den Amtshauptmann ver- 
ordnungsberechtigt; für Landgemeinden ist ebenso 
der Gemeindevorstand (Bürgermeister) mit Zu- 
stimmung des Gemeinderats kompetent. Das 
Maximum der von den Verw Behörden anzu- 
drohenden Haftstrafe beträgt 14 Tage; der Bür- 
germeister in kleinen und mittleren Städten darf 
is zu 8 Tagen bezw. 75 Mk., der Landgemeinde- 
vorstand bis zu einer Geldstrafe von 30 Mk., nach 
den „Sondervorschriften für größere Landgemein- 
den“ (G v. 4. 7. 12 a IV 8 80g) von 75 Mk. vor- 
schreiten. Im übrigen sind nur die reichsgesetz- 
lichen Schranken maßgebend. 
5. In Württemberg werden die vorbe- 
haltenen polizeilichen Vorschriften „durch Mini- 
sterialverfügung“", im Oberamtsbezirk durch die 
Bezirkspolizeibehörden, in den Gemeinden durch 
die Ortspolizeibehörden erlassen (Pol St GB v. 
27. 12. 71 à 51—57). Orts- und bezirkspolizeiliche 
Vorschriften vorübergehender Art werden vom 
Ortsvorsteher bezw. Oberamtmann allein erlassen, 
sortdauernde bedürfen der Zustimmung des Ge- 
meinderats (Gem-O v. 28. 7. 06 a 163 Abs 1, 2) 
bezw. Bezirksrats (Bezirks O v. 28. 7. 06 a 4 Nr. 7 
mit a 43) und müssen auch, gleich wie in Bayern, 
dem Oberamt bezw. der Kreisregierung vorgelegt 
werden. 
6. In Baden werden die ortspolizeilichen 
Vorschriften vom Bürgermeister oder der Staats- 
polizeibehörde, die bezirkspolizeilichen Vorschriften 
aber vom Bezirksamt erlassen. Hinsichtlich der 
Zustimmung von Gemeinderat bezw. Bezirksrat 
und der Vorlegung an die höhere Verw Behörde 
gilt dasselbe, wie in Württemberg. „Verord- 
nungen“ werden vom Großherzog oder den betref- 
senden Ministerien erlassen, welche überdies aus 
dringenden Gründen des öffentlichen Interesses 
  
  
  
auch zum Erlaß von orts= und bezirkspolizeilichen 
Vorschriften befugt sind. 
7. Neben dem hessischen PolStGB von 
1871 bestehen im Großherzogtum allgemeine De- 
legationen, welche durch die neuere und neueste 
Verw esetzgebung näher bestimmt sind. Hiernach 
ist der Kreisrat (Einzelbeamter) befugt, unter Zu- 
Kimmung des Kreisausschusses und mit Geneh- 
migung des Min Inn für den ganzen Kreis oder 
Teile desselben oder nach Vernehmung der 
Lokalpolizeibehörde und der Gemeindevertretung 
und mit Genehmigung des Ministeriums für ein- 
zelne Gemeinden, auf welche die LGO Anwen- 
ung findet, gültige Pol Vorschriften bei Strafe 
bis zu 30 M. zu erlassen (a 64 Kreis= und ProvO 
v. 8. 7. 11). Für die Städte besitzt der Stadt- 
bürgermeister oder staatliche Lokalpolizeibeamte 
eine analoge Befugnis zum Erlaß von „Lokal- 
polizeireglements“ nach Anhörung der Stadtver- 
ordnetenversammlung und ministerieller Geneh- 
migung (a 129b Abs 2 Nr. 2 StO v. 8. 7. 11). 
Neben diesen Ermächtigungen besteht dann für 
die genannten Behörden noch eine weitere zu 
Notverordnungen, welche sich dem Wortlaut des 
29 des badischen Pol StG B (oben 5 2 Nr. 3) 
anschließt. 
8. Für Elsaß---Lothringen wird be- 
sonders das Pol BRecht des Bezirkspräsidenten 
wichtig, welcher, von speziellen Delegationen ab- 
gesehen, auf Grund des Dekrets v. 22. 12. 1789 
als ermächtigt gilt, alle zur Erhaltung „de la 
süretö, de la salubrité et de la tranquillit 
publiques“ erforderlichen Maßnahmen auch im 
Verordnungswege zu treffen. Darüber hinaus 
wird ihm auch die Befugnis zugeschrieben, die zur 
Zuständigkeit des Bürgermeisters gehörigen Ge- 
genstände zu regeln, sofern nur die Verordnung 
den Kreis der Einzelgemeinde überschreitet. Ver- 
ordnungen des Bürgermeisters selbst sind jetzt in 
#16 Gemp v. 6. 6. 95 anerkannt; er erläßt sie 
im Umfange seiner in den Gesetzen zwar im ein- 
zelnen, aber höchst umfassend bestimmten orts- 
polizeilichen Zuständigkeit, ohne für die Regel 
eine Zustimmung des Gemeinderats zu bedürfen. 
Die Verordnungen sind der Aufsichtsbehörde un- 
verzüglich einzusenden. An die Stelle des Bürger- 
meisters treten in Metz, Straßburg, Mülhausen 
weitreichend die staatlichen PolDDirektoren. Dem 
Min ist durch die deutsche Gesetzgebung ein Pol B- 
Recht auf verschiedenen Einzelgebieten der Pol 
eingeräumt worden. Ueberall sind die Delega- 
tionen auf die Normfeststellung beschränkt; die 
Strafe bestimmt sich im Zweifel direkt nach a 471 
Nr. 15 des franz. St GB in Höhe von 80 Pfg. bis 
4 Mark. 
6. Publikation. Nach ihrer Natur als gesetz- 
liche Vorschriften bedürfen die Pol V der ordnungs- 
mäßigen Publikation. Dieselbe erfolgt durch Ab- 
druck in amtlichen Verkündigungsblättern (Reg- 
oder Amtsblättern), zum Teil auch in eigens da- 
für bezeichneten Organen der Tagespresse; die 
Art der Publikation der von den unteren, nament- 
lich den Ortspolizeibehörden ausgehenden Ver- 
ordnungen vorzuschreiben, ist vielfach den Auf- 
sichtsbehörden übertragen. Regelmäßig sind in 
der Publikation die formalen, die Rechtsgültigkeit 
der Verordnung bedingenden Momente, nament- 
lich die erfolgte Mitwirkung der Selbstverwal- 
tungskollegien oder die Genehmigung der vorge-
	        
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