Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
Polizei (VII. Strafverfügungen) 
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Baden gilt übereinstimmend dieselbe Frist, wie 
für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung; in 
Württemberg wird für die Rechtfertigung eine 
weitere Woche gewährt. Auch eine Restitution 
gegen Fristversäumnis ist nach Maßgabe der 
St PO zugelassen. Die Einlegung der Beschwerde 
erfolgt mündlich oder schriftlich bei der Behörde, 
welche die Verfügung erlassen hat. Die Be- 
schwerde hat Suspensiveffekt. Die Entscheidung 
erfolgt, von den besonderen PolBehörden abge- 
sehen, in Württemberg durch die Kreisregierung 
bezw. das Oberamt, in Baden durch den Landes- 
kommissär bezw. das Bezirksamt. Durch diese 
Instanzen kann namentlich die Beschwerde zurück- 
gewiesen oder die Verfügung aufgehoben oder 
die Strafe gemildert werden. Auch eine Aufhe- 
bung der Verfügung durch die Oberbehörde von 
Amts wegen erscheint statthaft; in Baden kann das 
Bezirksamt von dieser Befugnis namentlich dann 
Gebrauch machen, wenn es die Akten vom Bür- 
germeister, gegen dessen Verfügung der Antrag 
auf gerichtliche Entscheidung gestellt ist, zur Wei- 
terbeförderung an die Staatsanwaltschaft erhal- 
ten hat. Auch steht in Baden dem Bezirksamt die 
Befugnis zu, auf Beschwerde die Verfügung des 
Bürgermeisters aufzuheben, um selbst in einer 
neuen Verfügung von seiner weiteren Strafgewalt 
Gebrauch zu machen. Im übrigen erscheint eine 
reformatio in pejus ausgeschlossen. 
5 5. Wirkung einer polizeilichen Strafverfü- 
gung. 
1. Unterbrechung der Verjäh- 
rung. Nach reichsgesetzlicher Bestimmung (*5 453 
Abs 4 St PO) wirkt eine Strafverfügung, welches 
auch ihr späteres Schicksal sein möge, in betreff 
der Unterbrechung der Verjährung, wie eine rich- 
terliche Handlung. Es wird das aber nach richti- 
ger Ansicht nur von der dem Beschuldigten be- 
kanntgemachten (Abs 3) Straf V#g zu gelten haben 
landers Entw # 433sj. « 
2. Vollstreckung. Wann eine pol. Straf- 
Vfsg als solche vollstreckbar wird, ist in den Landes- 
gesetzen regelmäßig eingehend bestimmt [Entw 
5 441 Abs 11. Namentlich treten die Fälle hervor, 
daß der Beschuldigte auf einen Rechtsbehelf ver- 
zichtet oder die Frist für ihn hat verstreichen 
lassen oder den eingelegten zurückgenommen hat, 
oder endlich mit seiner Beschwerde zurückgewie- 
sen worden ist. Die Vollstreckung erfolgt in den 
hier betrachteten Staaten ausschließlich durch die 
Pol Behörde [Entw und Komm B f 441 Abs 2: 
analoge Anwendung der auf gerichtliche Geld- 
strasen und Verweise bezüglichen Vollstreckungs- 
vorschriften]; Beschwerden in der Vollstrecungs- 
instanz gehen an die vorgesetzte Behörde. Als 
solche sind auch, und zwar selbst in denjenigen 
Staaten, welche gegen die Verfügung sonst nur 
den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zulassen, 
diejenigen Einwendungen des Beschuldigten zu- 
behandeln, in denen er die Nichtigkeit der 
Strafverfügung, namentlich wegen Ueberschrei- 
tung der polizeilichen Kompetenz behauptet und 
aus diesem Grunde die Einstellung der Voll- 
strechung verlangt. Ein Angehen des Gerichts 
findet nach Ablauf der einwöchigen Frist auch in 
diesen Fällen nicht statt. 
". Streitig ist das Verfahren, wenn eine auf Geld- 
strafe lautende vollstreckbar gewordene Verfügung 
nicht zugleich die im Unvermögensfalle eintretende 
Haftstrafe enthält. Am verbreitetsten und folge- 
richtigsten ist die Meinung, welche in diesem Falle 
den Erlaß einer neuen, die Umwandlung ausspre- 
chenden Strafverfügung fordert, deren mit den 
gewöhnlichen Rechtsmitteln zulässige Anfechtung 
auf die Umwandlungsfrage beschränkt bleibt. Ein 
sächsischer Min E v. 28. 10. 79 (Walter 59, v. d. 
Mosel 836 Sp. 2) verweist die Umwandlung auf 
den Verwaltungsweg. 
Der Vollstreckung unterliegen gleichzeitig die 
Kosten des polizeilichen Festsetzungs= und des 
Vollstreckungsverfahrens selbst. Während Würt- 
temberg und Baden für die Kostenfrage schlechthin 
auf s#§ 496 ff St PO verweisen, lassen Preußen 
und Sachsen für das Festsetzungsverfahren nur 
bare Auslagen liquidieren. Darüber, wer die ein- 
gezogene Geldstrafe erhält, namentlich Staat oder 
Gemeinde, oder die uneinbringlichen Kosten zu 
tragen hat, bestimmen die Landesgesetze. 
f. Verbrauch der Strafklage (ma- 
terielle Rechtskraft). Eine Zurücknahme oder 
selbst von der höheren Behörde vollzogene Auf- 
hebung der Verfügung ist keine Freisprechung und 
steht daher einer neuen Strafverfolgung nicht im 
Wege. Dagegen ist es sehr streitig, ob und inwie- 
weit eine vollstreckbar gewordene pol. Straf V#g 
materielle Rechtskraft begründet. Einzelne Lan- 
desgesetze (Preußen § 10, Württemberg a 24) be- 
stimmen, daß „wegen der nämlichen Handlung 
eine fernere Anschuldigung nicht stattfindet, es 
sei denn, daß die Handlung keine Uebertretung, 
sondern ein Vergehen oder Verbrechen darstellt"“, 
erstrecken also die materielle Rechtskraft nur, aber 
auch auf das ganze Gebiet der Uebertretungen. 
Es erscheint das sachgemäß und entspricht auch 
am meisten der nicht ganz einheitlichen Judikatur 
des Reichsgerichts (Strafs. 41, 165 ff; vgl. auch 
43, 168 f). Bei neuer Verurteilung verliert die 
Straf Vfg ihre Kraft (Preußen § 10 Abs 2); die 
etwa schon verbüßte Haft wird zu berücksichtigen 
sein (Näheres Schicker 382). [Entw §s 443: Ander- 
weite Verfolgung im ordentlichen Verfahren, wenn 
„die Tat der Strafbefugnis der Behörde entzogen 
war“; Verhütung doppelter Bestrafung nach 
§i430 Abf 2, 3.]) 
4. Streitig ist auch die Frage, ob eine ergangene 
pol. Straf VFg mit ihrer Bekanntmachung Rechts- 
hängigkeit begründet. Auch diese Frage 
wird in entsprechendem Umfange zu bejahen sein. 
# 6. Anhang: Schutzgebiete. Für die Schutz- 
gebiete Afrikas und der Südsee ist unterm 14.# 7. 
05 (RGBl 717) eine Kais. V betr. Zwangs= und 
Strafbefugnisse der VerwBehörden ergangen, 
welche unter II ## 23 ff auch die Einrichtung der 
pol. Straf Bfg übernimmt. Die Befugnis zum 
Erlaß solcher steht denienigen Behörden zu, die 
der Reichskanzler und mit seiner Zustimmung der 
Gouverneur dazu ermächtigt. Dabei kann der 
Umfang der Befugnis gegenüber dem Reichsrecht 
allgemein oder für einzelne Behörden beschränkt 
werden. Als Rechtsmittel ist nur der Antrag auf 
gerichtliche Entscheidung zugelassen. Die Frist für 
diesen beträgt 2 Wochen; der Gouverneur kann 
sie allgemein oder für einzelne Teile des Schutz- 
gebiets verlängern. Die Bestimmung in § 25 
über den Verbrauch der Strafklage schließt sich 
an die entsprechende des preußischen Rechts ver- 
allgemeinernd an, indem sie eine fernere Verfol- 
gung nur unter dem Gesichtspunkt einer Straftat 
  
  
  
 
	        
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