Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

  
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Post und Telegraphie (A. Organisation) 
  
Post und Telegraphie (Fernsprechwesen) 
A. Organisation (S. 136—1439. 
I. Post= und Telegraphenverwaltung. II. Post- und 
Telegraphenbehörden. III. Post= und Telegraphenbeamte. 
B. Besondere Rechteund Pflichten (S. 143—161). 
I. Ueberblick. II. Postregal und Postzwang. III. Tele- 
graphenmonopol. IV. Post= und Telegraphengebühren. 
V. Post= und Portodefraudation. VI. Post= und Tele- 
graphengeheimnis. 
C. Schuytzgebiete und Auslandsposten 
(S. 161—16e3). 
D. Internationaler Verkehr (S. 163—167). 
I. Postverträge. II. Telegraphenverträge. 
IP Post; Tel = Telegraphie; PuTel Berw — Post= und 
Telegraphenverwaltung; PuTel Beh — Post= und Tele- 
graphenbehörden; PuTelL — Post= und Telegraphenbe- 
amte; TelMon — Telegraphenmonopol; PuTel Geb — Post- 
und Telegraphengebühren; Pu Portodefr — Post= und Porto- 
defraudation; PGeh — Postgeheimnis; PBi — Poswer- 
träge; Tel Bt — Telegraphenverträge.) 
A. Organisation 
I. post- und Telegraphen-Verwaltung 
#5s#n 1. BVerfassungsrechtliche Grundlagen. 1 2. Reichsge- 
sepliche Durchführung. 
5 1. Verfassungsrechtliche Grundlagen. Die 
Verfassung des Norddeutschen Bundes unterwarf 
in a 4 Nr. 10 der Beausfsichtigung seitens des 
Bundes und seiner Gesetzgebung das PWesen 
und das Telegraphenwesen; sie bestimmte ferner 
in a 48, daß das P und Telegraphenwesen für 
das gesamte Bundesgebiet als ein- 
heitliche Staatsverkehrsanstalten 
eingerichtet und verwaltet werden. Danach war 
die Einheitlichkeit des P- und Telegraphenwesens 
in allen Sachen der Gesetzgebung, Verordnung 
oder Verwaltung für den Geltungsbereich der Ver- 
fassung gesichert. Dieselben Vorschriften enthält 
die Reichsverfassung, aber mit zwei wesentlichen 
Einschränkungen. Bayern und Württem- 
berg hatten in den Versailler Vt v. 23. 11. 70 
(a II & 19, a III # 4 und Nr. XI des Schluß- 
protokolls) und v. 25. 11. 70 (a 2 Nr. 4 und Nr. 3 
des Schlußprotokolls) Vorbehalte gegenüber der 
Einführung der das P. und Telegraphenwesen 
betreffenden Verf Bestimmungen gemacht. Dem- 
gemäß ist in a 4 Nr. 10 und a 52 RV. Bavern 
und Württemberg in Ansehung der Pu Tel Verw 
eine Sonderstellung eingeräumt. Aus 
den Bestimmungen der Verfassung ergeben sich 
folgende Grundsätze: 
1. Die Zuständigkeit des Reichs für 
das ganze Reichsgebiet erstreckt sich auf die 
Gesetzgebung über die Vorrechte der P und Tel, 
über die rechtlichen Verhältnisse beider Anstalten 
zum Publikum, über die Portofreiheiten und das 
PTaxwesen, jedoch ausschließlich der reglemen- 
tarischen und Tarifbestimmungen für den internen 
  
Verkehr innerhalb Bayerns bezw. Württembergs, 
sowie unter gleicher Beschränkung auf die Fest- 
stellung der Gebühren für die telegraphische Korre- 
spondenz. Ebenso steht dem Reiche mit gewissen 
Ausnahmen die Regelung des P- und Telegra- 
phenverkehrs mit dem Auslande ausschließlich zu. 
Unter der dem Reiche zustehenden „Gesetzgebung“ 
ist nicht bloß der Erlaß, von. Gesetzen im formellen 
Sinne zu verstehen; denn auch der Erlaß von regle- 
mentarischen Bestimmungen, die sich nicht ledig- 
lich auf den internen. Verkehr in Bayern oder in 
Württemberg beziehen, ist dem Reiche in a 52 
Abs 2 RV vorbehalten. „Gesetzgebung“ bedeutet 
in a 52 die Setzung allgemein verbindlicher 
Rechtsnormen. In welchen Fällen der Weg der 
sormellen Gesetzgebung und wann der Verord- 
nungsweg zu wählen ist, sagt a 52 nicht; mangels 
abweichender Bestimmung werden die in a 48 
Abs2 und in a 50 Abs 2 dem Verordnungsrechte 
des Reichs im P- und Telegraphenwesen gezoge- 
nen Grenzen (s. unten) auch im Falle der durch 
a 52 Abs 2 begründeten Reichszuständigkeit ent- 
sprechend anzuwenden sein, obwohl sie sich zu- 
nächst nur auf das Reichs-PGebiet beziehen: so 
ist auch bei Erlaß der V v. 21. 6. 72 (RGBl 213), 
v. 2. 6. 77 (RGl 624) und v. 13. 8. 80 (RZBl 
560) verfahren. 
Den Königreichen Bayern und Württem- 
berg vorbehalten ist also der Erlaß der regle- 
mentarischen und der — im Gesetzes= oder Verord- 
nungswege zu treffenden — Tarifbestimmungen, 
einschließlich der Bestimmungen über die Gebüh- 
renfreiheit für den inneren Verkehr eines jeden der 
beiden Staaten; für den Verkehr zwischen Bayern 
und Württemberg und jedem dieser Staaten mit 
dem Reichs PWGebiet (sog. deutscher Wechselverkehr) 
steht der Erlaß der reglementarischen und der Tarif- 
bestimmungen dem Reiche zu. Ferner ist den ge- 
nannten Staaten die freie und selbständige Ver- 
waltung ihres P= und Telegraphenwesens ver- 
blieben; sie nehmen an den zur Reichskasse fließen- 
den Einnahmen des P- und Telegraphenwesens 
keinen Teil. Doch hat Württemberg nach Ueber- 
einkommen mit dem Reich seit 1. 4. 02 dieselben 
VWertzeichen wie dieses; die Einnahmen aus dem 
Markenverkauf werden geteilt (ABl des Reichs- 
PAmts 1902, 55 f). Wegen des den beiden Re- 
servatstaaten für gewisse Fälle belassenen Rechts 
zum Vertragsschluß mit außerdeutschen Nachbar- 
staaten (J. Postverträge, Telegraphenverträgel. 
Diese besonderen Rechte Bayerns und Württem- 
bergs sind Reservatrechte im Sinne des a 78 
Abs 2 RV. 
Mit den bezeichneten Einschränkungen erstreckt 
sich die Befugnis des Reichs zum Erlaß von 
Rechtsnormen für das Reichsgebiet auf das 
„Post= und Telegraphenwesen“. Das „Postwesen“ 
ist begrifflich und nach seiner geschichtlichen Ent- 
wicklung die öffentliche Einrichtung, welche die 
Beförderung von Personen und Sachen, ein- 
schließlich der mit dem Transporte zusammen- 
hängenden Nebengeschäfte, zum Gegenstande hat, 
soweit diese Beförderung nicht ausschließlich durch 
die Eisenbahn und deren Organe geschieht. Die 
Tel umfaßt die Uebermittlung von Nachrichten, bei 
welcher die Ortsveränderung der zu dieser Ueber- 
mittlung mitwirkenden Personen oder Sachen 
ausgeschlossen ist, also auch das Fernsprechwesen 
und die optische und akustische Tel; dagegen gehört 
 
	        
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