Oeffentliche Anstalt 3
dum in Anspruch nehmen. Außerdem aber kommt
hier (insofern ohne einen entsprechenden Vorgang
bei der Anstaltsgewalt) das selbständige Eingreifen
der allgemeinen Pol Behörden durch eigene voll-
streckungsbedürftige Pol Befehle in Betracht. Bei-
spiele für diese drei Arten der Betätigung der
Anstaltspolizei ergeben sich, wenn wir ihre ein-
zelnen Formen ansehen.
Diese Formen können recht verschiedenartig
sein. — Die Anstaltspolizei kann sich beschränken
auf eine Selbstverteidigung: Anstaltspolizei durch
rein passives Verhalten. Unter diesem Gesichts-
punkt ist zu rechtfertigen der Beschl des OV#
v. 2. 1. 03 (Aktenzeichen II 2126), wonach die
Parteien und ihre Vertreter im Verwtreitver-
fahren kein Recht haben, Prozeßschriften, die dem
Gericht eingereicht sind, zurückzufordern, da sie
zu „integrierenden Bestandteilen der Akten“ ge-
worden seien. Unter den gleichen Gesichtspunkt
fällt OB#G v. 10. 6. 89 (bei Reger 19, 287), wo-
nach die Schulbehörde Aufsatzhefte auch der
bereits ausgetretenen Schüler zurückbehalten
kann, um dadurch eine Verwendung der in den
Heften enthaltenen Arbeiten durch andere Schüler
zu verhindern. Solche Selbstverteidigung bedarf
keiner besonderen gesetzlichen Grundlage. — Die
Anstaltspolizei kann über die bloß passive Ver-
teidigung hinausgehen, indem sie die Störung der
5. A. durch unmittelbaren Zwang verhindert oder
beseitigt. Soweit die Störung dadurch stattfindet,
daß Personen in „abgeschlossene Räume, welche
zum öffentlichen Dienst bestimmt sind“, wider-
rechtlich eindringen oder unbefugt trotz Auffor-
derung zum Verlassen darin verweilen, ist sie
bereits strafrechtlich durch St GB §& 123, 124 ver-
boten und gewährt das strafrechtliche Notwehr-
recht. Aber darüber hinaus gibt es eine verwal-
tungsrechtliche Notwehr kraft Anstaltspolizei, die
nicht an diese Voraussetzungen der strafrechtlichen
gebunden, sondern ohne besondere gesetzliche
Grundlage zulässig ist. Sie findet statt, wenn die
Militärbehörde durch Militärpersonen das Ge-
lände absperrt, in dem die Truppe übt, wenn
das Betreten ihrer Kasernen, Festungswerke,
Pulvermagazine usw. durch Wachtposten verhin-
dert wird, wenn bei Märschen oder Paraden der
Passantenverkehr unterbrochen und der durch die
Truppenabstände verbotswidrig hindurcheilende
Passant mit Gewalt wieder zurückgestoßen wird.
Sie findet ferner statt, wenn Verkehrshindernisse
auf der öffentlichen Straße beiseite geräumt, wenn
das gesunkene Schiff, das den öffentlichen Kanal
versperrt, gesprengt wird, wenn Personen, die
eine öffentliche Veranstaltung durch lautes Spre-
chen oder sonstwie stören, einfach weggeführt oder
festgenommen werden. Eine Grenze findet diese
Notwehr darin, daß sie, soweit nicht besondere
gesetzliche Vorschriften ein weiteres gestatten,
nicht über die Abwehr der Störung hinausgehen
darf und sich dabei mit den zu diesem Zweck er-
forderlichen Maßnahmen begnügen muß. — Die
Anstaltspolizei kann ferner die Form besonderer
polizeilicher Verfügungen, die ihrerseits voll-
streckungsbedürftig sind, annehmen. So, wenn die
Pol Verwaltung dem Inhaber einer privaten
Unterrichtsanstalt, um die Verwechslung mit
einem staatlichen Institut auszuschließen, die Füh-
rung des Titels „Akademie“ untersagt (Bayern
2l# bei Reger 28, 355) oder wenn sie einem
Privaten den Betrieb eines „Ausfsatzinstituts"
verbietet, in dem gegen Entgelt den Schülern
ihre Aufsätze angefertigt werden (S. OVG, 212),
oder wenn sie den Angestellten einer Wach= und
Schließgesellschaft das Tragen von solchen Uni-
formen verbietet, die denen des Militärs genau
nachgebildet sind (Bayern OL# bei Reger 28,
306), oder wenn sie im Interesse der staatlichen
Telephon= und Telegraphenanlagen gewissen Per-
sonen bestimmte Auflagen macht (O#V# 20, 403;
54, 271). Eine Grenze findet diese Form der
Anstaltspolizei außer in ihrem Notwehrcharakter
darin, daß sie nicht dazu verwendet werden darf,
um die Konkurrenz eines erlaubten privaten Ge-
werbebetriebes zu unterdrücken (vgl. OG 15,
427; 20, 406). — Gesetzlicher Grundlage bedarf
die Zuständigkeit der Anstaltsorgane, über Perso-
nen, die sich gegenüber der Anstalt einer Unge-
bühr [| schuldig machen, eine Ungebührstrafe zu
oerhängen. Denn dies geht über die Notwehr
hinaus, für die vielmehr die einfache, nötigenfalls
gewaltsame, Entfernung des Störers genügen
würde.
s 4. Die Immmunität gegenüber privatrechtli-
chen Rechten und die Exemtion von der Zustän-
digkeit der Zivilgerichte insbesondere stellen
lediglich die Kehrseiten des öffentlichrechtlichen
Charakters dar.
Beide beziehen sich nur auf solche Rechtsbe-
ziehungen, die die ö. A. „als solche“ betreffen,
d. h. ihren Betrieb oder den Inhalt des zwischen
der Anstalt und den Anstaltszugehörigen bestehen-
den Rechtsverhältnisses. Unberührt davon blei-
ben Rechtsbeziehungen, die sich aus der privat-
rechtlichen Stellung der Anstalt bezw. bei unselb-
ständigen Anstalten des Anstaltseigentümers, ins-
besondere als Ausflüsse des privatrechtlichen Eigen-
tums am Anstaltsgut ergeben.
Die Immunität gegenüber pri-
vatrechtlichen Rechten bedeutet, daß
gegenüber der 5. A. als solcher privatrechtliche
Rechte machtlos und keinesfalls in der Lage sind,
ihren Betrieb zu verhindern.
Privatrechtliche Konkurrenzverbote müßten ge-
genüber der ö. A. versagen, unbeschadet etwaiger
privatrechtlicher Schadensersatzansprüche wegen
Verletzung des Konkurrenzverbots.
Vor allem aber versagen gegenüber Immis-
sionen der ö. A. die privatrechtlichen Besitz-
oder Eigentumsstörungsklagen. Beispiele solcher
Immissionen bieten: Der Lärm einer Kaserne;
das Knattern der Gewehre bei militärischen
Schießübungen; das Herüberfliegen verirrter Ku-
geln vom Militärschießplatz aus; die Belästi-
ungen, die von einem Arrestlokal ausgehen; Lärm,
uß, Rauch der Eisenbahn; das Läuten der
Kirchenglocken. Statt des in solchen Fällen
ausgeschlossenen Unterlassungsanspruchs auf Grund
des &906 BGB wird man indes, soweit die
Immissionen das ortsübliche Maß übersteigen,
einen öffentlichrechtlichen Entschädigungsanspruch
L/# anzuerkennen haben.
Die Exemtion von der Zuständig-
keit der ordentlichen Gerichte gilt
für alle Streitigkeiten, die den Betrieb der
5. A. oder die zwischen der Anstalt und
ihren Anstaltszugehörigen bestehenden Rechts-
beziehungen betreffen. So kann die Zulassungs-
pflicht, die der ö. A. gegenüber dem Publikum ob-
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